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Plakatmotiv: Werner - Beinhart! (1990)

Der Nasen-Chopper kesselt
jetzt unoriginell durchs Kino 

Titel Werner – Beinhart
Drehbuch Ernst Kahl & Rötger "Brösel" Feldmann
nach den Comics von Rötger Feldmann
Regie Niki List (Realszenen) + Gerhard Hahn + Michael Schaack (Animation), Deutschland 1990
Darsteller

Rötger Feldmann, Meret Becker, Ludger Pistor, Otto Sander, Johannes Silberschneider, Karl-Ernst Stangl
und den Stimmen von Klaus Büchner, Benno Hoffmann, Jan Fedder, Andi Feldmann, Kulle Westphal u.a.

Genre Zeichentrick, Komödie
Filmlänge 93 Minuten
Deutschlandstart
29. November 1990
Website Werners Heimseite
Inhalt

Der glücklose Comiczeichner Brösel wittert die Chance seines Lebens, als die Abenteuer seines Helden "Werner" verfilmt werden sollen.

Doch der Produzent des Projekts entpuppt sich als skrupelloser Ausbeuter.

Von Albträumen geplagt, kriegt Brösel nichts auf die Reihe, bis er sich in einer melancholischen Stunde an Werners Jugendstreiche erinnert. Plötzlich läuft's wie geschmiert - Brösel zaubert beinharte Comicstrips aufs Papier ...

Was zu sagen wäre

Bölkstoff-Freak Werner auf der Leinwand … das war nur eine Frage der Zeit. Immerhin ist Brösels langnasiger Chaot mit 15 Millionen Lesern Deutschlands erfolgreichste Comicfigur. Da liegt es nahe, dass man, ähnlich einer Romanverfilmung eine Comicverfilmung angeht und die ein paar der Strips in Bewegtbild auf die Leinwand bringt. Oder nicht?

Der vorliegende Film erzählt die Geschichte einer chaotischen Trickfilmproduktion. Ein giftiger Filmproduzent, der Gerd Geldhai heißt, hat den erfolgreichen Zeichner Brösel vertraglich gebunden, einen Zeichentrickfilm über seine erfolgreiche Comicfigur zu erstellen. Aber Brösel will so gar nichts einfallen. Es hilft ihm das Rumpelstilzchen mit einem Zauberstift und plötzlich zeichnet Brösel eine lustige Werner-Geschichte nach der anderen. Am Ende feiert der Film im Kino Premiere und Brösel heiratet das Rumpelstilzchen – das sich nach dem ersten Kuss in einen Frosch verwandelt. In dieser Rahmenhandlung agieren echte Menschen vor echten Kulissen. Man kann nicht von Schauspielern reden, die Figuren verkörpern würden, denn das trifft nicht zu. Es sind Knallchargen, die vor der Kamera Knallchargen spielen. Bis auf Rötger Feldmann vielleicht, der sich selbst, den Comiczeichner Brösel, spielt.

Am Anfang ist da aber erst einmal keine Filmproduktion, sondern ein (Realfilm-)Märchenland. Hier regiert im Debakel-Gebirge König Griesgram der Grobe, der wegen eines chronischen Lachmuskelkrampfes nicht lachen kann. Den Bemühungen, das zu ändern sind laut Griesgram schon Komiker wie Laurel und Hardy, Heinz Erhardt, Karl Valentin, Buster Keaton, Otto Waalkes oder Woody Allen zum Opfer gefallen, geköpft von des schlecht gelaunten Königs Henker.

Der König heißt wirklich Griesgram. Der Produzent wirklich Geldhai. Die Namen bewegen sich auf dem Niveau, auf welchem sich der Humor dieser filmischen Peinlichkeit dauerhaft bewegt. Die Produktionsqualität liegt auf Höhe des Kinderfernsehens aus den frühen 70er Jahren, der Humor auf der der Pennälerfilme aus derselben Zeit. Zugespitzt für ein Publikum, das Werner, die Comicfigur, liebt. Werner, hier noch ein Lehrling im Sanitär- und Heizungsbau, sieht seinen Lebenszweck darin, mit seinem Moped durch die Gegend zu knattern, schon von seinen späteren Zeiten als Chopper-Rocker zu träumen und dabei möglichst viel Bier abzupumpen. Die Filmproduzenten haben diesen gezeichneten Humor in eine große Welle aus Fäkal-, Kotz und Anal-Witzen gegossen. Und Brösel Feldmann macht ausgiebig Werbung für seine eigene Biermarke, die der alerte Selbstvermarkter natürlich längst auf dem Markt hat.

Aufgelockert wird diese cinephile Katastrophe von vielen gezeichneten Werner-Episoden, über die wir in den Comics teils herzhaft gelacht haben: Das Fußballspiel stammt aus "Werner – Alles klar?" (1982), der Rohrbruch aus "Werner – Normal ja!" (1987), die Baustelle aus "Werner – Wer sonst?" (1983), Beim TÜV aus "Werner – Eiskalt!" (1985), Im Krankenhaus aus "Werner – Wer sonst?" und Das Lokal setzt sich aus verschiedenen Geschichten der Bände "Werner – Oder was?" (1981) bis "Werner – Normal ja!" zusammen. Ist sowas im Kino lustiger, nur weil sich die Figuren nun bewegen? Nein. Manchmal aber auch ja. Die Synchronstimmen sind fein ausgewählt. Der vollschlanke Meister Röhrig bekommt von Andi Feldmann eine hohe Fistelstimme geschenkt, während Kulle Westphal dem Gesellen Eckat eine ganz coole, abgeklärte Stimme verpasst. Alle reden natürlich leichtes bis verschärftes norddeutsches Platt – „Da veertaielt sich maine Bremse!“ In der Vertonung bekommen die Werner-Stories doch noch eine Ebene, der ich im Kinosessel gerne eine Weile folge. Aber dann geht es wieder im Realfilm weiter, der mich daran erinnert, dass "Werner" ursprünglich ein Comicstrip war, aus vielen kurzen Geschichtchen bestand und seinen Witz aus der in solcher Umgebung neuartigen Anarchie der Comicfigur mit den vier Haaren bezog; und natürlich trugen Begriffe wie „Flaschbier“, „Bölkstoff“ oder „abpumpen“ zu Steigerung der Legende bei. Die Werner-Witze selbst aber werden nicht besser, wenn aus 20 Comiczeichnungen zehn Filmminuten werden.

Einen Spielfilm, noch dazu einen, der einzelne der fröhlich-anarchischen Strip-Stories mit einem lieblos zusammengebauten Realfilm zu etwas abendfüllendem aufbläst, erwarten nur die ganz Hartgesottenen, die schon ihr fünftes Flaschbier intus haben. Na denn: „Hau wech', die Scheiße!

Wertung: 5 von 11 D-Mark
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