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Plakatmotiv: The 13th Floor (1999)

Virtuelles Verwirrspiel in
Form eines Noir-Thrillers

Titel The 13th Floor
(The Thirteenth Floor)
Drehbuch Josef Rusnak & Ravel Centeno-Rodriguez
Regie Joseph Rusnak, USA, Deutschland 1999
Darsteller

Craig Bierk, Armin Mueller-Stahl, Gretchen Mol, Vincent D'Onofrio, Dennis Haysbert, Steven Schub, Jeremy Roberts, Rif Hutton, Leon Rippy, Janet MacLachlan, Brad William Henke, Burt Bulos, Venessia Valentino, Howard S. Miller, Tia Texada u.a.

Genre Science Ficrion
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
25. November 1999
Inhalt

Los Angeles 1937: Sichtlich erregt schreibt ein Mann einen Brief an einen gewissen Douglas Hall. Der Barkeeper Ashton soll den Brief ausdrücklich nur an Hall übergeben. 60 Jahre später, 1999, versucht derselbe Mann, heute Computer-Spezialist Hannon Fuller, von einer schäbigen Bar aus vergeblich seinen Mitarbeiter Douglas Hall telefonisch zu erreichen. Kurz darauf wird er ermordet.

Detective McBain nimmt die Ermittlungen auf, hält Hall schnell für den Mörder. Als eine Jane auftaucht und behauptet, Fullers Tochter zu sein, sieht McBain in Hall erst recht den Täter. Für diesen Verdacht gibt es einen plausiblen Grund: „Warum hat Fuller seine High-Tech-Firma dem Angestellten Hall vererbt und nicht seiner Tochter, der er angeblich so nahe stand?” Nicht nur diese Frage quält Hall, er kann sich nämlich nicht daran erinnern, wo er die Nacht vor Fullers Tod verbracht hat, außerdem war sein Hemd am Morgen danach blutverschmiert. Für ihn wird es überlebenswichtig, den Mordfall zu klären, selbst auf die Gefahr hin, sich selbst als den Täter zu entlarven.

Er vermutet, dass das Geheimnis mit Fullers neuester Entwicklung zusammenhängt: Der "Site", ein Computerprogramm, ein virtuelles Los Angeles der 30er Jahre, welches sich in der 13. Etage des Konzerngebäudes befindet. Aber zu dem Zeitpunkt ist sich Hall schon nicht mehr sicher, ob er selber eigentlich real ist …

Was zu sagen wäre

Wer sind wir? Und warum? Das sind Fragen, die dem Kino immer schon gut gefallen haben. Das Spiel mit Masken, Identitäten, Realitätsebenen findet im Kino seit Erfindung des Bewegtbildes statt. Schon die Einfahrt eines Zuges in einen Bahnhof, von einer Kamera frontal gefilmt, soll die allerersten Zuschauer in einem Kino zu Tode erschreckt haben, weil sie glaubten, gleich von diesem Zug überrollt zu werden. Film ist Illusion. Kino ist die Manege für diese Illusion. Und Computerspiele bieten dann die Möglichkeit, der Illusion beizutreten.

Eine solche Illusion steht im Zentrum dieses Films. Ein genialer Programmierer hat eine Simulation erschaffen, in die der Spieler dreidimensional eintreten kann, er taucht – buchstäblich – in die Welt dieser Illusion ein. Ab hier hat die Illusionsmaschine Kino freie Hand und Josef Rusnak, der von Roland Emmerich sowie Michael Ballhaus als Produzenten gefördert wird – der eine Regisseur großer Weltzerstörungsfilme (Godzilla – 1998; Independence Day – 1996; Stargate – 1994), der andere langjähriger Kameramann von Martin Scorsese – tobt sich aus, erzählt tatsächlich eine Story mit doppeltem Boden, bei der man sich lange nicht sicher sein kann, was uns die Leinwand da gerade als real verkauft.

Aufgehängt an einer Mordermittlung im Stil der Schwarzen Serie – mit der Technologie von übermorgen, quasi L.A. Confidential im Cyberspace – entwickelt der Film ein fantastisches Szenario, in dem der Zuschauer irgendwann überprüft, ob seine Beine noch seine Beine sind. Oder nicht plötzlich seine Arme. Ganz neu ist das nicht. Der Stoff wurde schon einmal verfilmt, 1973 von Rainer Werner Fassbinder als "Welt am Draht", auch Ridley Scotts Blade Runner grüßt im Vorbeigehen – Douglas Hall wohnt in Deckards Appartement, jedenfalls in den Kulissen dieses Appartements aus Scotts Sci-Fi-Thriller – und aktuell setzt sich auch Matrix von den Wachowski-Brüdern mit dem Thema der irrealen Realität auseinander.

Vor gut zehn Jahren fiel die Mauer, Historiker riefen überschwänglich das „Ende der Geschichte“ aus. Aber ein Ende der Geschichte bedeutet ein Ende der Menschheit, denn eine Menschheit ohne Geschichte gibt es nicht. Das Kino, das immer ein paar Jahre Vorlauf braucht, reagiert mit Verspätung auf diese Haltung und schickt seine Identitätssuche jetzt auf die Leinwand. Auf der ist "The 13th Floor" nicht sonderlich innovativ. Die Bildsprache ist klar – die 30er Jahre sind farblich entsättigt, die 90er Jahre kühl. Und als dann noch die 20er Jahre des 21. Jahrhunderts auftreten, sind diese von gleißendem Sonnenschein erfüllt. Je zukünftiger, desto schöner. Aber die Story ist zu simpel. Im Kinosessel haben wir schnell durchschaut, dass wir vorsorglich besser gar niemandem trauen und der Handlung lieber als neutraler Beobachter folgen, der sich nicht einlullen lässt. Und in dem Moment verliert der Film enorm an Spannung. Das Drehbuch versucht uns abzulenken, indem es uns das Schicksal von Charakteren, die herausfinden, dass sie in Wirklichkeit nur erdachte, programmierte Figuren sind, ans Herz legt. Aber das spielt dramaturgisch weiter keine Rolle. Und viel zu früh hat man im Kinosessel gelernt, dass irgendwie auch Charaktere aus der programmierten Welt in die wirklich reale Welt wechseln können, und ab da ist es keine gute Kriminalstory über die Suche nach einem Mörder mehr, sondern ein Film, der versucht, clever seine Fäden zusammenzuhalten; was gelingt, visuell aber nicht überrascht.

Wertung: 6 von 11 D-Mark
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