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Plakatmotiv: Star Wars – Episode VIII: Die letzten Jedi (2017)

Die Macht erwacht!
Und emanzipiert sich.

Titel Star Wars – Episode VIII: Die letzten Jedi
(Star Wars: Episode VIII – The Last Jedi)
Drehbuch Rian Johnson
nach Charakteren von George Lucas
Regie Rian Johnson, USA 2017
Darsteller

Daisy Ridley, Oscar Isaac, John Boyega, Carrie Fisher, Mark Hamill, Adam Driver, Gwendoline Christie, Domhnall Gleeson, Benicio Del Toro, Andy Serkis (Stimme), Joseph Gordon-Levitt (Stimme), Lupita Nyong'o, Warwick Davis, Peter Mayhew, Maisie Richardson-Sellers, Kenny Baker, Iko Uwais, Tom Hardy, Billie Lourd, Justin Theroux, Laura Dern u.a.

Genre Fantasy
Filmlänge 172 Minuten
Deutschlandstart
14. Dezember 2017
Website starwars.com
Inhalt

Nachdem der Widerstand die Starkillerbasis zerstört hatte, hatte er sich auf seiner entlegenen Basis zurückgezogen und Kräfte gesammelt. Das misslingt: Meldungen, wonach die Erste Ordnung im Hyperraum Kurs auf die Basis genommen hat, machen die Runde, hastig werden Ausrüstung und Menschen auf den letzten großen Kreuzer des Widerstands evakuiert. Doch bevor es gelingt, alles zu evakuieren, stehen die Sternenzerstörer der Ersten Ordnung unter Führung von General Hux im Orbit. Unter den Schiffen befindet sich auch ein gewaltiger Zerstörer, der die Basis unter Beschuss nimmt.

Die Evakierung gelingt in letzter Minute. Poe Dameron zerstört im Rahmen einer gewagten Einzelaktion die Abwehrgeschütze des großen Schiffes. Er macht so den Weg frei für die Bomberflotte. Diese greift, gegen den Befehl von General Leia Organa, an und wird vollkommen vernichtet, aber – immerhin – gelingt es einem Bomber noch, den Zerstörer zu vernichten. Die verbliebenen, schon stark dezimierten Rebellen flüchten in den Hyperraum.

Dieser Sprung nützt aber nichts, rasch werden die Rebellen von der Flotte der Ersten Ordnung unter Führung des Flagschiffs von Snoke wieder gestellt. Offenbar also ist es der Ersten Ordnung möglich, die Rebellen auch im Hyperraum zu orten, wodurch diese nicht mehr flüchten können. Auch sind die verbliebenen Treibstoffreserven gering, wodurch lediglich ein letzter Hyperraumsprung möglich wäre.

Finn und die junge Mechanikerin Rose Tico vermuten, dass nur das amtierende Kommandoschiff der Ersten Ordnung die Ortung im Hyperraum organisiert; würde man die Technologie zerstören, wäre der Feind im Hyperraum wieder blind – es ergäbe sich ein Zeitfenster von ein paar Minuten, die der Widerstand zur unsichtbaren Flucht nutzen könnte. Dafür allerdings müssen Finn und Rose an Bord des kommandierenden Sternenzerstörers, und um durch dessen Sicherheits- und Schutzschilde zu kommen, bedarf es eines brillanten Codeknackers. Ein solcher, weiß die alte Maz Kanata, halte sich in Canto Bight auf, einer Stadt für Glücksspieler und Gambler – verkommenere Typen finde man in der Galaxis nicht.

Die Brücke des Widerstandskreuzers erleidet während eines durch Kylo Ren geführten Angriffes einen schweren Treffer, bei dem alle hohen Führungsmitglieder, unter ihnen Admiral Akbar, getötet werden. Leia wird in den Weltraum hinausgeschleudert und überlebt nur aufgrund ihrer Fähigkeit, die Macht zu nutzen und sich schwer verletzt ins Schiff zurückzuziehen. Vizeadmiralin Amilyn Holdo übernimmt daraufhin das Kommando und ordnet einen stetigen Kurs, weg von der ersten Ordnung an. Der damit erzielte Abstand reicht, um dem gefährlichen Feuer der Schiffe zu entgehen, eine Flucht erscheint aber nicht möglich, sehr zum Ärger des ungeduldigen Poe.

Poe verhilft Finn und Rose zu einem kleinen Schiff, mit dem sie unentdeckt das Basisschiff verlassen können. Sie nehmen Kurs auf Cantonica und die Stadt Canto Bight, wo sie den Codeknacker zu finden hoffen, haben aber am Fuß der Spielerstadt ein Parkplatzproblem und landen deshalb im Gefängnis, wo sie auf den undurchsichtigen Spieler DJ stoßen, der Hilfe anbietet – gegen Bezahlung natürlich.

Irgendwo in der Galaxis, auf einer kleinen gebirgigen Insel inmitten eines wasserreichen Planeten hat die junge Rey Schwierigkeiten, den alten Jedi-Meister Luke Skywalker zu überzeugen, sich dem Widerstand anzuschließen und diesem damit neue Hoffnung zu geben. Skywalker denkt gar nicht daran: Er hatte die Unterweisung Ben Solos zum Jedi übernommen und zeigte sich den Kräften, die das entfachte, augenscheinlich nicht gewachsen; er weigert sich, jemals wieder als Jedi aufzutreten, ja sogar, überhaupt nur diese Insel zu verlassen.

Während die ebenso störrische Rey vor Skywalkers Tür wartet, ihm tagsüber durch die gebirgige Wildnis folgt, ihm beim Fischen Gesellschaft leistet, hat sie Visionen, in denen sie mit Kylo Ren verbunden ist; beide haben offenbar eine Fähigkeit, die eine Beherrschung der Macht voraussetzt, die sehr selten ist, beide scheinen wenig beeindruckt zu sein von der Gefahr, nur einer Seite der Macht zu folgen – Rey jedenfalls scheint sich mühelos die Verlockungen der Dunklen Seite ansehen zu können, dann aber bei sich zu bleiben. Luke ängstigt diese Befähigung so sehr, dass er dann doch bereit ist, der jungen Kämpferin drei Lektionen zu offenbaren.

Währenddessen geht dem Widerstand auf seinem Basisschiff langsam der Treibstoff aus. Das endgültige Ende des Widerstands ist absehbar …

Was zu sagen wäre

Es ist die Bestimmung der Jungen, über uns Alte hinauszuwachsen“, sagt der eine alte Weise zum anderen alten Weisen. „Das ist unser Schicksal als Weise!“ Und so wachsen denn die Jungen in und mit "Episode VIII" über die Alten hinaus. "Die letzten Jedi" muss man als neue Benchmark der Serie sehen. Das hat sie mit "Episode V" gemein: Sechs Episoden lang galt The Empire strikes back, auch der das Mittelstück einer Trilogie, als der ultimative Star-Wars-Film. "Episode VIII" legt die Latte sehr hoch. Endlich wieder.

Oh, so ein guter Film ist das? Nein, ein guter Film ist das nicht, legen wir die Maßstäbe zugrunde, die an ein klassisches Filmdrama angelegt werden. Kein Anfang, kein Ende, keine Katharsis und dazwischen allerlei Twists, die eher an die Atemlosigkeit moderner TV-Serien erinnern als an die klassische Filmkunst. Vor allem in der ersten Hälfte dieses Zweieinhalb-Stunden-Epos' ertappt man sich dauernd dabei, den Film, der da noch wirkt, wie die alten Star-Wars-Filme, mit Fragen über die Meta-Ebene zu bekämpfen: Was wollen die ewigen Rebellen eigentlich? Sie hatten das Imperium doch besiegt, aber kaum haben sie mit den Siegesfeiern aufgehört, steht da, schwupps, eine Erste Ordnung mit – schon wieder – einem noch viel größeren Todesstern. Diese Rebellen wirken ja mittlerweile wie die Protagonisten des Arabischen Frühlings, der 2011 zwar tunesische und ägyptische Herrscher hinweggefegt hat, dann aber an der Ziellosigkeit der eigenen Rebellion gescheitert ist; die Erste Ordnung hingegen hat immer einen Plan: Unterwerfung mit kalter militärischer Macht und eine Diktatur mit Unterstützung der Dunklen Seite der Macht; die sogenannten Guten sind philosophische Zauberer, die an der Realität scheitern, die Bösen stramme Macher mit klarem Corporate Design.

Als die Rebellen dann in der ersten großen Raumschlacht einen Super-Sternenzerstörer vernichten und dabei aber etwa dreiviertel ihrer Schiffe und Leute einbüßt, ist das zwar ein visuelles Großereignis, ein Raumschiffporno, aber die herben Verluste und die rasant wachsende Übermacht der Bösen lassen doch am Sinn des ganzen Widerstands zweifeln: Wieso gucken eigentlich alle auf eine alternde Generalin Leia Organa und auf einen abwesenden Alten, der mal als Legende Luke Skywalker galt – aber halt verschwunden ist? Helfen im aktuellen Untergangsszenario jedenfalls tun die Alten nicht so richtig, außer dass sie klug dahersalbadern und den jungen Kerlen ihre Schießwut vorhalten: „Ich kenne schießwütige Flieger-Jungs wie Dich – und Du bist das Letzte, was wir jetzt gerade gebrauchen können“, zetert etwa Leia. Der schießwütige Flieger-Junge heißt Poe Dameron, der in Episode VII als so etwas eingeführt wurde wie Han Solo Light. Dameron ist verantwortlich für den eben erwähnten Angriff auf den Super-Sternenzerstörer mit den großen Verlusten. Da wird man im Kino des dauernden Schwanengesangs auf den aufrechten, aber halt leider zu schwachen Helden mit der Zeit ein wenig müde, noch dazu, wenn die Dramaturgie auf PlayStation-Niveau stagniert, in dem der Player verschiedene Level überwinden muss, um dem Endgegner gegenübertreten zu dürfen.

Aber moment: Hat da nicht Luke Skywalker vorhin einen die betuliche Star-Wars-Gewohnheit würgenden Satz gesagt? Die Jedi haben es immer nur geschafft, sich und alle Anderen mit Überheblichkeit und Arroganz zugrunde zu richten. Stimmt ja, im Kinosessel war das lange offensichtlich, in Fankreisen eher sakrosankt: Dämlich sind die Jedi ja schon, siehe Episoden I bis III, in denen sie die Dunkle Seite im eigenen Wohnzimmer nicht bemerken, und Episode VII, in denen sie den errungenen Sieg nicht haben festhalten können. Und jetzt sagt das auch Luke Skywalker. Der Luke Skywalker?

Ja schon, aber es ist eben auch der Luke Skywalker, der gerade schon wieder eine Chance versemmelt, den Ruf der Jedi zu kitten, indem er sich weigert, Rey zu unterweisen. Und wozu eigentlich braucht es diese Ich-opfere-mich-und-bleibe-an-Bord-während-alle-anderen-in-sichere-Fluchtschiffe-umsteigen-Figur, wenn es objektiv keinen Grund gibt, an Bord dieses verdammten Schiffes zu bleiben? Weil es, kurz gesagt, einen filmischen Grund gibt, der dem Raumschiffporno einen visuellen Höhepunkt bescheren wird, der im Kopf des Fans noch lange nachhallt.

Es ist ja völlig egal, ob Star Wars ein gutes Filmdrama ist. Tatsächlich kann man den allerersten Star Wars-Film noch in die Bausteine des klassischen Fünfakters – Expositon, Steigende Handlung, Klimax mit Peripetie, Fallende Handlung/retardierendes Element, Lösung des Konflikts – zerlegen. Dieser erste Teil ist aber 40 Jahre alt; da hat sich seither im kommerziellen Film doch viel getan. Star-Wars-Filme folgen längst ihrem eigenen Filmuniversum – besser als kann immer nur heißen besser als ein anderer Teil aus der Reihe. Und da hat Rian Johnson, neues Mastermind des Franchises, geschickt geknüpft. Während der langen Exposition dieser "Episode VIII", als wir uns im Kinosessel noch der Besserwisserei des Star-Wars-Connaisseurs hingeben, hat Johnson die Zeit genutzt, seine Storyfäden zu knüpfen, plötzlich einen ganz anderen, ganz neuen Star-Wars-Teppich zu weben, in dem Zynismus und kaltes Gewinnstreben eine dominante Rolle spielen.

Gegen den kühl rechnenden Codeknacker DJ, dem Benicio Del Toro (Sicario – 2015; Inherent Vice – 2014; Savages – 2012; Sin City – 2005; 21 Gramm – 2003; Das Versprechen – 2001; Traffic – Die Macht des Kartells – 2000; Snatch – Schweine und Diamanten – 2000; Fear and Loathing in Las Vegas – 1998; Die üblichen Verdächtigen – 1995; James Bond 007 – Lizenz zum Töten – 1989) die kalte, vernarbte Präsenz eines Glücksritters im 21. Jahrhundert  schenkt, wirkt der charmante Schmuggler Han Solo, der im entscheidenden Moment auf die Bezahlung pfeift, sowas von Siebziger Jahre. Gegen die vergleichsweise gepamperte Kindheit eines Luke Skywalker (entwickelt in den 1970er Jahren und dann nie aktualisiert) wirkt die offenbarte Familiengeschichte der jungen Rey brutal, kalt, sehr 2017 – so denn stimmt, dass Reys Eltern glücksspielende Trunkenbolde waren, wie Kylo Ren behauptet und was dann für "Episode IX" die Frage offen lässt, woher Rey ihr Talent, die Macht zu beherrschen, hat.

Haben wir in den Episoden III und III  noch darauf gewartet, dass der Vater von Anakin enthüllt wird, der so demonstrativ als nicht existent beschrieben wurde in Die Dunkle Bedrohung, nehmen wir aber die Erklärung, die uns in "Episode VIII" nun Reys Familiengeschichte offenbart, einfach hin, weil manche Menschen halt verantwortungslose Arschlöcher sind, über die es nichts weiter zu sagen gibt. Es geht nicht mehr um hehre Jedi und finster verqualmte Sith, es geht nicht um jahrhundertealte Bestimmung und finster knurrende Monster mit Machtkomplex – die werden in diesem Film zur freudigen Überraschung des ganzen Kinosaals sehr effektvoll auf den Müllhaufen der 80er Jahre geworfen, während sie sich noch in dem Glauben suhlen, dieses und jenes vorausgesehen, anderes weitläufig geplant zu haben. Oder, wie DJ es ausdrückt: „Gut. Böse. Die Hellen. Die Dunklen. Das ist immer eine Frage der Perspektive. Heute tötest Du für die einen, morgen stirbst Du für die anderen.“ Willkommen im 21. Jahrhundert, Jedi.

"Die letzten Jedi" bricht radikal mit einer der vertrautesten Figuren der Filmgeschichte: dem männlichen Springinsfeld-Helden. Personifiziert in Poe Dameron – mutig, impulsiv, einer, der zupackt, wenn er Konflikte sieht, nicht diskutiert. Ein Macher! Poe Dameron ist ein liebenswerter Draufgänger, wie wir ihn über die Jahrzehnte im Kino liebgewonnen und deshalb weitergetragen, -geschrieben, -erzählt haben. "Episode VIII" dekonstruiert diese Art Held – lässt ihn gleich zweimal scheitern – was jedesmal viele Menschenleben kostet.

Mit einem lässigen Dreh übererfüllt Johnson die Erwartungen der Fans/Kenner der Serie und lässt sie mit ihrem arrogant auftretenden Alles-schon-im-Voraus-Wissen auf die Schnauze fallen. Was gerade noch aussieht wie ein Remake des Vader-Skywalker-Palpatine-Kampfes aus Rückkehr der Jedi-Ritter, haben wir es im nächsten Moment mit einer neuen Grundkonstellation zu tun, die Erwartungen auf den Kopf stellt, ganz neue, unverbrauchte Möglichkeiten der Story ermöglicht – aber dann dauert dieser Film noch etwa 45 Minuten. 45 Minuten, die er nutzt, um weitere Star-Wars-Gewohnheiten zu zertrümmern und neue Visionen zu definieren. Die Star-Wars-Geschichte verabschiedet sich von den Skywalkers. "Die letzten Jedi" erzählt eine Geschichte über den Widerstand, über die Macht des Kollektivs. Männliche Egoshooter wie Poe Dameron haben da, so wie's aussieht, keinen Platz mehr.

In den letzten 30 Minuten seines Films malt Rian Johnson Bilder, die sind so grandios, dass die Schnösel-Frage nach Realbild oder (doch nur) Pixelkomposition billig wirken würde; ein oder zwei Ikonen fügt er der Star-Wars-Galaxy mal eben bei – und während des grandiosen Finales wird auch klar, warum die Disney-Studios den Mann mit dem Entwurf einer weiteren Trilogie beauftragt haben.

Dass die Star-Wars-Saga bei Johnson, der mit dem Zeitreise-Flummi Looper (2012) ein interessantes Genrestück geboten hat, in guten Händen liegt, zeigen auch jene Szenen, die seinen großen Respekt vor der 1977er Vision zeigen: Als Rey auf jener Insel erst mit ihrem Kampfstab trainiert, dann zum Laserschwert greift und ein blau brummendes Trainings-Ballett aufführt, während im Hintergrund Luke Skywalker im Jedi-Hoodie zuschaut, generiert das zuverlässig Gänsehaut – wie auch die Szene, in der zwei sehr alte Jedi-Meister beim Anblick ihrer brennenden Vergangenheit ins Philosophieren geraten.

Als dann nach etwa zwei Stunden zwanzig Minuten "Episode VIII" der Abspann beginnt, ist mein erster Kommentar: „Noch mal!!!“

Wertung: 8 von 8 €uro
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