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Plakatmotiv: Star Wars, Episode I: Die dunkle Bedrohung (1999)

20 Jahre später erhält
die Saga ihren Anfang

Titel Star Wars – Episode I: Die dunkle Bedrohung
(Star Wars - Episode I: The Phantom Menace)
Drehbuch George Lucas
Regie George Lucas, USA 1999
Darsteller

Liam Neeson, Ewan McGregor, Natalie Portman, Jake Lloyd, Ian McDiarmid, Pernilla August, Oliver Ford Davies, Hugh Quarshie, Ahmed Best, Anthony Daniels, Ray Park, Kenny Baker, Frank Oz, Terence Stamp, Brian Blessed u.a.

Genre Fantasy
Filmlänge 136 Minuten
Deutschlandstart
19. August 1999
Website starwars.com
Inhalt
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …
Die Republik wird von Unruhen erschüttert. Die ungeklärte Besteuerung jener Handelsrouten, die zu fernen Sternensystemen führen, hat einen Streit entfacht. Die gierige Handelsföderation hat eine Flotte von Schlachtschiffen nach Naboo verlegt und eine Blockade verhängt.
Während der republikanische Kongress endlos über die Zuspitzung der Lage debattiert, schickt der Supreme Chancellor heimlich zwei Jedi-Ritter an den Ort des Geschehens, um als Hüter des Friedens den Konflikt zu bereinigen.

 

Zwischen der von den Sith-Lords beeinflussten Handelsföderation und dem republikanischen Rat der Jedi ist heftiger Streit über Handelsrechte ausgebrochen. Aktueller Krisenherd ist der kleine Planet Naboo, der von Kriegsschiffen der mächtigen Handelsföderation belagert wird. Sie protestiert damit gegen die erhöhten Handelszölle. Insgeheim steht die Führung der Handelsföderation in einem Bündnis mit einem gewissen Darth Sidious, der auf galaktischer Regierungsebene im Verborgenen seine schützende Hand über diese Rechtsbrüche zu halten scheint.

Daraufhin entsendet Finis Valorum, der Kanzler des Galaktischen Senats, den Jedi-Meister Qui-Gon Jinn und dessen Padawan-Schüler Obi-Wan Kenobi, um in dem Konflikt zu vermitteln. Nachdem sie knapp einem Mordanschlag entkommen, treffen sie auf Jar Jar Binks, den sie vor einem Trupp angreifender Kampfdroiden retten und dem sie in seine Heimat, dem Unterwasserkönigreich Otoh Gunga folgen. Dessen Herrscher gewährt den Jedi eine Audienz, verweigert ihnen aber jede Hilfe, da zwischen dem Volk der Naboo und den Gunganern eine hisdtorische Abneigung besteht.

Wieder zurück auf der Oberfläche, retten die Jedi-Ritter die junge Königin Amidala aus den Fängen der Föderation und fliehen mit ihr auf den entlegenen Wüstenplaneten Tatooine. Der teufelsgesichtige Sith-Lord Darth Maul nimmt sofort ihre Verfolgung auf. Auf Tatooine lernen die Jedi den neunjährigen Anakin Skywalker kennen, der mit den Fremden Freundschaft schließt und ihnen verspricht, bei der Beschaffung der benötigten Ersatzteile für ihr beschädigtes Raumschiff behilflich zu sein.

Plakatmotiv: Star Wars, Episode I: Die dunkle Bedrohung (1999)Während des Aufenthalts auf Tatooine sieht sich Qui-Gon in seiner Ahnung über den Jungen Anakin bestätigt. Anakin hat außergewöhnliche Fähigkeiten, trägt die Veranlagung zur Macht in sich. Er beschließt, den Jungen mitzunehmen und zum Jedi auszubilden. Der Rat der Jedi auf Coruscant jedoch spricht sich gegen Anakins Ausbildung aus. „Zu alt er ist!”, sagt der weise Ratsvorsitzende Yoda, „Zu viel Angst er hat!” Qui-Gon beschließt, die Geschicke des Jungen selbst in die Hand zu nehmen.

Gemeinsam mit Königin Amidala und Anakin kehren die Jedi nach Naboo zurück, wo der Schlüssel zum Sieg über die Invasoren in der Vereinigung der zerstrittenen Über- und Unterwasservölker des Planeten liegt …

Was zu sagen wäre

Fans in aller Welt warteten seit 1984 darauf, dass George Lucas seine Saga fortsetzt. Nun, er erzählt sie nicht unbedingt weiter. Wir erfahren die Vorgeschichte dessen, was in den Episoden IV, V und VI (Krieg der Sterne, Das Imperium schlägt zurück, Die Rückkehr der Jedi-Ritter) geschieht.

Von wegen „First Step” - Wir erleben irgendeinen Step

Every Generation has a Legend!“, wummern die PR-Strategen. „Every Saga has a beginning. Every Journey has a first Step.“ In der galaktischen Ewigkeit des Universums ist das natürlich ein gewagter Satz. Denn würde man tausend Jahre zurückgehen in der Geschichte, hätte die Galaxis bestimmt auch irgendeinen Krieg, irgend eine Auseinandersetzung, die epochal war, zu erzählen. In diesem speziellen Drama geht es offenbar um die Skywalker-Saga. Und die beginnt mit Darth Vader. In "The Phantom Menace" erleben wir seine Entdeckung. Und es deutet sich an, dass Darth Vader zum großen Übel der Galaxis werden konnte, weil die Gesellschaft, die interplanetarische, reich und träge geworden ist.

Die Jedi-Ritter stellen sich heraus als bessere Ausputzer. Kommandotrupps, wie sie in unseren Regionen die CIA los schickt. Der Rat der Jedi? Ein Haufen alter Das-haben-wir-immer-schon-so-gehandhabt-Männer, die nicht merken, dass sie die Weisheit längst im Stich gelassen hat. Die selbst ernannten Kämpfer für den Frieden sind zu Söldnern im Auftrag des Senats geworden. Bei dem jungen Anakin haben sie ein diffuses Gefühl und ziehen sich in den Schmollwinkel zurück. Qui-Gon Jinn, Jedi-Meister, Ausbilder des noch jungen Obi-Wan Kenobi und selbständig denkender Kopf, wird ein Sitz im Jedi-Rat verwehrt. Er gilt den sich im Status Quo eingerichteten Jedi als unbequemer Dickkopf.

It's the CGI, Stupid!

Das Kino hat sich – nicht zuletzt wegen der Star-Wars-Arbeit George Lucas’ – weiter entwickelt. Lucas ist ein Tüftler, der sich mehr um die Technik als die Erzählung seiner Filme kümmert. Sein Original von 1977 hatte in den ersten 15 Minuten zwei Maschinen als Hauptfiguren – C-3PO und R2-D2; die Humanoiden – Menschen – griffen erst später in die Handlung ein. Lucas experimentierte mit der Musik: John Williams' Score war Ende der 70er ungewöhnlich, sein großes Orchester klang ein bisschen nach Retro, gar nicht nach hippem Rock'n'Roll der ausgehenden 70er.

20 Jahre später setzt Lucas seine Experimente in "Phantom Menace" fort. Dauernd tauchen Charaktere auf, die die Computerabteilung entworfen hat, die nicht von realen Schauspielern performt werden, sondern von Programmierern. Der Höhepunkt ist die digital neu entworfene Version des Wagenrennens aus William Wylers Ben Hur (1959). Lucas schickt den puschigen Anakin, der keinen Vater hat, also einer jungfräulichen Empfängnis entsprang, in ein lebensbedrohliches, die Geschichte entscheidendes Podrace – die futuristische Form eines Wagenrennens – und zieht dabei alle Register der CGI-Technik, das dieses Rennen visuell so spektakulär erscheinen lässt, wie den legendären Vorgänger, egal, wie viel weniger physisch real (als damals das Pferderennen) dieses Podrace vor der Kamera gewesen ist – im Moment der Action ist dieses Race eine Szene zum im Kinosessel anschnallen. Später im Film kämpft noch der Darth-Vader-Ersatz Darth Maul mit einem beeindruckenden Doppelschwert. Aber das rasant inszenierte, designte, programmierte Podrace ist letztlich alles, was von diesem Film nachhaltig in Erinnerung bleibt.

Der Film sieht aus, als wolle Lucas einmal mehr probieren, was mit dem Medium Film wohl möglich ist. Ein bisschen so, wie damals, als ihm kein Studio Geld für seine augenscheinlich wirren Ideen über Jawas, Jedis, Wombats, die Macht und einen Typen namens Skywalker geben wollte, und er damit dann einen Welterfolg landete. Damals reichte die profane Ritter- oder Cowboy-Story, die durch die Filmtechnik zum Event mutierte. Heute ist das Event im Kinosaal der Standart. Heute muss eine dazu passende Story auf Augenhöhe her.

Der Krieg der Sterne wird gewöhnlich

Hat "Star Wars", als es erstmals 1977 auf unbeackerten, aber fruchtbaren Boden einer hungrigen Kinogemeinde fiel, noch für Furore und eine eingeschworene Gemeinde von Gläubigen gesorgt, trifft es 1999 auf eine … entwickelte Kinogesellschaft, die sich nicht mehr so leicht ein X für ein U vormachen ließ. Mit einem Mal spielen jetzt Midichlorianer eine gewichtige Rolle, die sich meist wenig, ganz selten aber vielfach im Körper eines Humanoiden tummeln. Je mehr davon, desto mehr Machtpotenzial hat deren Gastgeber. Anakin, der Corn-Flakes-Junge, hat eine ungemein hohe Anzahl davon.

Anders gesagt: George Lucas tauscht das Märchenhafte seiner 1977 veröffentlichten Legende aus gegen eine zusammenfantasierte physikalisch angehauchte Realität – weil das Kino des ausgelaufenen 20. Jahrhunderts glaubt, immer alles erklären zu müssen, hier: Die Macht wird durch Midichlorianer beherrscht. Da soll es dann auch nachvollziehbar sein, dass der Junge alleine –„Qui-Gonn hat gesagt, ich soll in diesem Cockpit bleiben, also tu ich das auch!“ – die übergewichtige Armee der Schurken im Weltraum auslöscht.

Großäugige Naivität ist politischem Zynismus gewichen

Wie zynisch der Zugang in diese zweite Trilogie ist, geschrieben und gedreht nach fast 20 Jahren, in denen Lucas vom gefeierten Gottvater eines neuen Universums durch seine eigenen Fans zum Paria erklärt wurde, weil er es gewagt hatte, in seinem eigenen Fantasy-Universum Korrekturen und/oder Erweiterungen vorzunehmen. Mitspracherecht, mag Lucas die erste Zeit gedacht haben, ist gut, weil wir eine Community bilden, die Fans, ich … eine große Familie – ähnlich, wie auch seine Rebellen von einst eine große Familie bildeten. Das Mitspracherecht von pi mal Daumen dreieinhalb Milliarden Erdenbewohnern, die Zugang zur Star-Wars-Fantasy haben, lief aber aus dem Ruder – Fanprojekte, Boykottaufrufe, Drohungen – und Lucas war um die Erkenntnis reicher, dass es ohne Druck wohl doch keinen Frieden geben kann, ohne eigene Entscheidungen keine Weiterentwicklung der Galaxis. Im Geiste dieser Erfahrung entwickelt er seine zweite Trilogie, die Entstehungsgeschichte der Todesplaneten-Trilogie: Der einst im Geiste des Friedens und der Freiheit berufene Senat der Vereinten Planeten ist in Handlungsunfähigkeit erstarrt, Partikularinteressen behindern die Arbeit am übergeordneten Ziel: „Auftritt der Beamten und Bedenkenträger“, raunt Senator Palpatine, als der Kanzler wieder eine dringende Entscheidung finden soll und sie dann doch auf die lange Bank der Ausschüsse schiebt. Was ist schon ein bedrohtes System, wenn es doch um den Frieden aller Systeme miteinander gehen muss? Conclusio: Das demokratische Mitspracherecht aller ist Mist. Reden tötet Menschen!

Die zentrale Storyline ist einfach: Zwei Jedi beschützen einen Jungen, der später ein mächtiger Jedi und noch später Darth Vader werden wird. Und dann kommt, was die Story auf Augenhöhe mit dem Bombast ihrer Inszenierung bringen soll: Das gesellschaftliche Umfeld der beiden Ritter wird beschrieben, das kompliziert ist. Eine Handelsföderation blockiert einen Planeten Naboo, der sich unter dem Schutz der Republik oder des Senats wähnt und von Jedi-Rittern beschützt wird. Dieses Naboo-System wird bevölkert von zwei Parteien, die sich spinnefeind sind, für das Große Ganze aber zusammenfinden müssen. Gleichzeitig raunen sich die Jedi-Ritter in ihrem Thronsaal ähnlichen Konferenzraum Kalenderweisheiten spüren ein Beben in der Macht, während im Hintergrund eine unsichtbare Macht die Fäden einer Intrige spinnt, deren Sinn und Zweck erst die Episode II enthüllen wird. Damals stand die Republik, die die Rebellen erstreiten wollten, als diffuses Ziel in der Zukunft nach einem Krieg. Sie war so etwas, wie ein MacGuffin, der die Helden antreibt, ohne näher erklärt werden zu müssen. Die charmante Naivität, mit der Luke Skywalker und auch George Lucas Mitte der 70er Jahre in dieses Abenteuer aufgebrochen waren, ist Zynismus gewichen. Die Jedi-Ritter, „über tausend Jahre Hüter für Frieden und Freiheit in der Galaxis“ agieren hinter den politischen Kulissen als agents provocateures, ziehen vor Ort – immer im Geiste von Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit – in den Kampf gegen Handelsföderation und korrupte Politiker. Von der unbedingten Gewaltfreiheit ihres Nachkommen Luke Skywalker, der von Obi-Wan das Prinzip des die-andere-Wange-hinhalten verinnerlicht hat, sind sie weit entfernt. George Lucas hat eben gelernt: Manchmal ist das Schwert mächtiger als das Wort, kümmere Dich nicht um eine weltweite, volatile Fangemeinde. Mach lieber Dein eigenes Ding. Es wird kompliziert.

Der machtvolle Rat der Weisen entpuppt sich als bornierter Zirkel alter Männer

Es geht um die hohe Politik. Um Planeten, die unabhängig sein wollen. Um Handelsföderationen, die gegen höhere Zölle streiten. Um Planeten, die Hilfe von der Republik erbitten und damit in einem Senat landen, der in seiner korruptionsanfälligen Übergröße keine Entscheidungen mehr treffen kann. Und zwischen all dem stehen die beiden Jedi-Ritter, die in einem kleinen Jungen den Auserwählten zu erkennen glauben, der das Gleichgewicht der Macht wieder herstellen will. Die Macht erscheint in diesem Film zwar gar nicht aus der Balance. Aber womöglich ist der bornierte Zirkel alter Männer, die sich selbst als den Rat der Jedi sehen, Zeichen dieser Macht außer Balance und vielleicht wehren sich die alten Jedi deshalb gegen den weisgesagten Auserwählten.

Wertung: 5 von 11 D-Mark
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