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Plakatmotiv: Sea of Love – Melodie des Todes (1989)

Pacino. Barkin. Goodman.
Der Rest ist Durchschnitt.

Titel Sea of Love – Melodie des Todes
(Sea of Love)
Drehbuch Richard Price
Regie Harold Becker, USA 1989
Darsteller

Al Pacino, Ellen Barkin, John Goodman, Michael Rooker, William Hickey, Richard Jenkins, Paul Calderon, Gene Canfield, Larry Joshua, John Spencer, Christine Estabrook, Barbara Baxley, Patricia Barry, Mark Phelan, Michael O'Neill u.a.

Genre Thriller
Filmlänge 113 Minuten
Deutschlandstart
1. Februar 1990
Inhalt

Frank Keller ein ausgebrannter Cop auf der Jagd nach einem verrückten Serienkiller. Drei Männer wurden nackt auf dem Bauch liegend in fremden Betten hingerichtet, und immer spielte der Mörder den Song "Sea of Love". Die Toten eint, dass alle drei eine Kontaktanzeige aufgegeben hatten, geschrieben in romantischen Versen.

Keller und sein Partner Sherman Touhey entwerfen ein Gedicht und geben ihrerseits eine Kontaktanzeige auf. Sie hoffen, dass die Täterin darauf anspringt. In den folgenden Tagen haben Keller und Touhey jede Menge Dates mit alleinstehenden, frustrierten, hoffnungsvollen, von Männern, der Liebe, dem Leben enttäuschten Frauen.

Nur Helen Cruger, attraktiv, lebenslustig mit Kind, gibt Frank nach drei Minuten einen Korb. „Es funkt nicht“, sagt sie. Aber ein paar Tage später treffen sie sich zufällig im Supermarkt wieder, kommen ins Gespräch und bald auch ins Bett – Auftakt für eine leidenschaftliche Beziehung … mit einer Verdächtigen; immerhin hatte auch sie sich ursprünglich auf die romantische Kontaktanzeige gemeldet. Obwohl Frank von Helens Unschuld überzeugt ist, ermittelt er insgeheim weiter.

Seine Cop-Paranoia steht ihm und der Romanze im Wege. Auf dem Höhepunkt ihrer ersten romantischen Tage macht er ihr – volltrunken – schwere Vorwürfe und schmeißt sie aus der Wohnung. Wenige Minuten später steht jemand mit der Single "Sea of Love" vor der Tür …

Was zu sagen wäre

Zerstörte Lebensentwürfe, hoffnungsfrohe Neuanfänge, Alltag im Police-Departement und mittendrin ein Killer. Der Film dreht sich um diese Pole, füllt ihn mit jeder Menge Inhalt. So facettenreich und komplex der Film ist, so dünn ist die eigentliche Handlung. Es geht um Mordfälle an Männern, die auf das Konto einer Psychopathin gehen sollen, Ellen Barkin könnte die Täterin sein.

Der Killerthriller erschöpft sich auf die Kontaktanzeigen-Dates, der Fokus liegt auf der sich entwickelnden Liebesgeschichte eines ausgebrannten Cops, dessen Frau mit seinem Ex-Partner durchgebrannt ist und einer Frau, die im Leben so viele "Creeps" kennengelernt hat, dass sie Männern gegenüber sehr vorsichtig ist.

Zwischendurch flattern aufgescheuchte Tauben am Fenster vorbei und schleichen Schatten tapsend durch dunkle Flure – das soll die Spannung hochhalten, die der Film am Ende nicht einlösen kann. Der Showdown mit einem Kai-aus-der-Kiste-Typen wirkt aufgesetzt wie ein Das-gehört-doch-zu-einem-Kinothriller-Pflichtteil. Aber die Beziehungsgeschichte allein hätte den Film wohl auch nicht getragen; die braucht als Schwungrad die Killerstory. Warum der Killer immer "Sea of Love" spielt, bleibt ungeklärt – gibt dem Film aber Titel und einen überflüssigen MacGuffin.

Plakatmotiv (US): Sea of Love – Melodie des Todes (1989)Und damit kommen wir dann mal zu den Punkten, die aus diesem Hybriden einen spannenden Thriller machen. Es sind die Hauptfiguren: Al Pacino, Ellen Barkin und John Goodman zünden ein Feuerwerk an Schauspiellust. Pacino gibt eine weitere Variation eines Großstadt-Hustlers, der sich die Nächte in Bars um die Ohren haut und kompromisslos in seinem Job ist und dieser Job ist professionelles Misstrauen alles und jedem gegenüber. Das hat seine großen, dunklen Augen wach gehalten über die Jahre, ihn aber zu einem Außenseiter gemacht. Harold Becker dreht eine Szene, in der zwei schnöselige Anzugträger einen Schuhladen aufmischen wollen, in dem Frank gerade als Kunde ist. Der Cop sagt kein Wort, schaut sie nur mit diesen Al-Pacino-Augen an und am Ende der Szene schleichen die Anzugträger wie geprügelte Hunde aus dem Laden.

Dieser Außenseiter trifft auf eine verstoßene Märchenprinzessin. Ellen Barkin mit blonder Wallemähne (Johnny Handsome – 1989; "Siesta" – 1987; The Big Easy – 1986; "Down by Law" – 1986; Buckaroo Banzai - Die 8. Dimension – 1984; American Diner – 1982) in knallroter Lederjacke oder im hautengen pastellgrünen Businesskleid ist der fleisch gewordene unanständige Traum. Ihr Schauspiel und verführerischer Appeal sind groß und Al Pacino zappelt nachvollziehbar wehrlos in ihrem Netz. Man nimmt ihr sofort ab, dass sie dauernd auf Scheißtypen reinfällt und von solchen die Schnauze nun voll hat. Bei ihrer Performance fällt es mir schwer, einzuschätzen wo bei dieser Helen die Ellen aufhört und die Rolle beginnt; in Interviews gibt sie sich betont taff, so als stecke viel Ellen in Helen.

Es gibt eine Szene in einem Drugstore, in dem sich Helen und Frank verabreden. Helen hat offensichtlich unter ihrem Mantel nichts weiter an und Frank weiß das. Harold Becker inszeniert diese Szene, in der die beiden zwischen den Regalen umeinander schleichen, sich schließlich berühren, ohne Worte bei leichter Musik (mit Saxofon natürlich). Da beherrscht Barkin die gesamten Szenerie mit dem Zucken eines Mundwinkels und einem lächelnden Funkeln im linken Auge. Al Pacino ("Revolution" – 1985; Scarface – 1983; Cruising – 1980; …und Gerechtigkeit für alle – 1979; Bobby Deerfield – 1977; Hundstage – 1975; Der Pate II – 1974; Serpico – 1973; Der Pate – 1972) hält sich vornehm und hier ohnehin chancenlos zurück.

Und schließlich ist da der gemütliche John Goodman ("Ein Leben voller Leidenschaft" – 1988; "Punchline" – 1988; Arizona Junior – 1987; The Big Easy – 1986; "True Stories" – 1986) – „Meine Haut ist so glatt, weil ich so dick bin; das spannt sie, wie bei einem Luftballon.“ Goodman ist Frank Kellers neuer Partner Sherman, natürlich dessen Gegenteil, verheiratet in sonnigem Vorstadthaus mit Kind, bewandert in Vorschriften und sorgfältig im Kleinkram, den Mancher schnell übersieht. Goodman ist ein wunderbarer, sympathischer, freundlicher, hilfsbereiter Sidekick, dem ein paar charakterliche Schrammen ins Drehbuch geschrieben wurden, die ihm Tiefe verleihen.

Auch in den Nebenrollen präsentieren sich Könner ihres Metiers und so ist dieser konturenlose Thriller ein Film der Schauspieler, schwitziges Achtzigerjahre-Kino, inszeniert von einem soliden Handwerker.

Wertung: 7 von 10 D-Mark
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