Captain Red ist Piratenkapitän wie aus dem Bilderbuch. Mit Holzbein, Goldschmuck und übertriebener Kleidung. Vier Jahre verbrachte er auf einer einsamen Insel gemeinsam mit dem jungen Franzosen Jean-Baptiste, den er „Frosch“ nennt. Der Insel konnten sie auf einem Floß entkommen, doch der Hunger nagt. Sie werden von einer spanischen Galeone gerettet. Auf der Galeone entdeckt Red die Ladung des Schiffes: ein goldener Thron eines Aztekenkönigs. Red bewirkt eine Meuterei der Besatzung und kann das Schiff als Kapitän übernehmen.
Auf einer Pirateninsel feiert die Mannschaft ihren Erfolg. Doch der Spanier Don Alfonso kann die Piraten überlisten und in der Nacht erneut das Schiff an sich reißen und fliehen. Zurück bleibt jedoch die Nichte des Gouverneurs von Maracaibo, Maria Dolores, die sich in Jean-Baptiste verliebt hat. Mit diesem Pfand macht sich Captain Red auf den Weg nach Maracaibo, wohin die spanische Galeone gefahren ist. Unerkannt kommen sie in die schwer befestigte Hafenstadt und erlangen Zugang zu den Schlafgemächer des Gouverneurs. Sie zwingen ihn, ein Papier aufzusetzen, das Red genehmigt, den goldenen Thron vom Schiff zu übernehmen.
Der Plan gelingt und Red kommt erneut in Besitz des Throns. Gemeinsam mit Jean-Baptiste und dem Thron rudert er in der Nacht aus dem Hafen heraus. Zum Verhängnis wird ihm jedoch die schwere eiserne Absperrkette des Hafens. Sie versuchen den Thron über die Kette zu heben. Dabei verlieren sie ihr Ruderboot und müssen die Nacht gemeinsam mit dem Thron auf der Kette sitzend verbringen …
Ein Piratenfilm? Ernsthaft? Na, aber wenn Roman Polanski Autor und Regisseur ist, dann muss uns etwas Gewaltiges erwarten ("Tess" – 1979; Der Mieter – 1976; Chinatown – 1974; "Was?" – 1972; Macbeth – 1971; Rosemaries Baby – 1968; Tanz der Vampire – 1967; "Wenn Katelbach kommt …" – 1966; Ekel – 1965).
Aber eine Stunde lang tut der Film sich schwer, uns außer gewaltigen Schauwerten – Segelschiffe auf hoher See – etwas zu zeigen, das uns mitnimmt. Ich meine, was Piratenfilme angeht, haben uns die Filme mit Errol Flynn und Burt Lancaster eigentlich ultimativ alles gezeigt, was das Genre zu bieten hat. Klar: Die Bildtechnik ist 30 Jahre weiter, aber das interessiert Polanski eher nicht. Visuell unterscheiden sich seine Segelschiffe, seine Piraten nicht von den 1930er, 40er Filmen.
Polanski interessiert sich für gesellschaftlich Umwälzungen. Wenn er eine Meuterei an Bord der spanischen Galeone zeigt, dann ist das inszeniert wie eine Gewerkschaftstagung, bei der sich die arbeitende Masse gegen die feudalen Herrscher auflehnt. Das hat insofern seine Konsequenz, als Polanski uns das Leben eines Piraten als das eines Heimatlosen zeigt. Wir lernen Kapitän Red als Schiffbrüchigen auf einem seeuntauglichen Floß kennen, wo er versucht, Jean-Baptiste zu verspeisen; als Identifikationsfigur taugt er nur bedingt. Jean-Baptiste verhindert später eine Vergewaltigung der reizenden Maria Dolores. Das ist ein im Piratenfilm immer von Neuem begehrtes Kapitel.
Bis Polanski einen eigenen Faden für sein üppig ausgestattetes und bebildertes Piratenspektakel offenlegt, ist sein Film eine Stunde alt und zur Hälfte vorbei, aber außer ein paar lustigen Szenen mit Walter Matthau als kauziger Chef-Pirat ist nicht viel passiert (Extrablatt – 1974; Erdbeben – 1974; Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3 – 1974; "Die Kaktusblüte" – 1969; Ein seltsames Paar – 1968; Der Glückspilz – 1966; "Angriffsziel Moskau" – 1964; Charade – 1963; Der Mann aus Kentucky – 1955). Polansiki verweigert seinen Zuschauern eine Identifikationsfigur, Kapitän Red ist wenig mehr sympathisch als die spanischen Offiziere. Für seinen Showdown stehen dann nur 08/15-Explosionen und nicht sehr originelle Schwert-Duelle zur Verfügung.
Zusammengefasst ist Polanskis Zuschauer im Kinosaal so verloren wie dessen Piraten in den Weltmeeren.
Das im Film gezeigte Schiff Neptune wurde nach Polanskis Angaben extra für den Film gebaut und sollte ein authentisches, spanisches Linienschiff aus der Zeit zwischen 1680 und 1710 darstellen. Insgesamt arbeiteten 2.000 Menschen zwei Jahre lang an diesem Schiff (Baukosten 8,2 Millionen Dollar). Der 70-Kanonen-Dreidecker hat eine Länge von 63 Metern und ist 16,4 Meter breit.
Die Verdrängung beträgt über 2.000 Tonnen bei einem Eigengewicht von 1.500 Tonnen. Das Schiff, im Film mit voller Besegelung zu sehen, ist seetüchtig und kann mit einer Geschwindigkeit bis zu fünf Knoten fahren. Nach den Dreharbeiten hat die Gesellschaft Carthago Films beschlossen, die Neptune zu einem Museum des Films "Die Piraten" zu machen, und hat sie für Besucher geöffnet.