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Plakatmotiv: Red Corner – Labyrinth ohne Ausweg (1997)

Ein solider Verschwörungsthriller
mit arger politischer Färbung

Titel Red Corner – Labyrinth ohne Ausweg
(Red Corner)
Drehbuch Robert King
Regie Jon Avnet, USA 1997
Darsteller

Richard Gere, Bai Ling, Bradley Whitford, Byron Mann, Peter Donat, Robert Stanton, Tsai Chin, James Hong, Tzi Ma, Ulrich Matschoss, Richard Venture, Jessey Meng, Roger Yuan, Chi Yu Li, Henry O u.a.

Genre Drama
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
22. Januar 1998
Inhalt

Im Auftrag einer großen US-amerikanischen Firma befindet sich Entertainment-Anwalt Jack Moore in China. Er soll dort einen Satelliten-Deal zum erfolgreichen Abschluss bringen.

Alles läuft in den gewohnt routiniert-kühlen Bahnen. Bis der erfolgsverwöhnte Amerikaner die Nacht mit einer Fremden verbringt, welche am nächsten Morgen neben ihm im Bett gefunden wird, ermordet!

Moore wird sofort verhaftet. Weil er den Mord nicht gestehen will, droht ihm die Todesstrafe. Er versteht kein Wort der fremden Sprache und ist allein auf die Pflichtverteidigerin Shen Yuelin angewiesen …

Was zu sagen wäre

Der Höhepunkt der Dummheit ist erreicht, als den Produzenten des Films für Richard Gere zu wenig Handlungsspielraum im Film, dessen Hauptdarsteller und Zugpferd er ist, auffällt. Bisher sitzt der als smarter, charmanter Anwalt in einem chinesischen Betonverließ mit Kloschüssel im Boden und wird von Uniformträgern, deren Sprache er nicht spricht, zu Verhören und Gerichtsverhandlungen gezerrt. Die Hauptfigur des Films, die eine viertel Stunde charmant, verführerisch aus Kristallgläsern Scotch schlürfend schöne Chinesinnen verführen durfte, ist nie Herr der Lage. Die Handlungsopotionen in diesem Film haben andere, chinesische Menschen in diesem Film. Das ist natürlich wenig, wenn die Hauptfigur von Richard Gere gespielt wird (Zwielicht – 1996; Der 1. Ritter – 1995; "Begegnungen" – 1994; …und das Leben geht weiter – 1993; Sommersby – 1993; Eiskalte Leidenschaft – 1992; Pretty Woman – 1990; Internal Affairs – 1990; "Gnadenlos" – 1986; Cotton Club – 1984; Atemlos – 1983; "Ein Offizier und Gentleman" – 1982; Ein Mann für gewisse Stunden – 1980; "Auf der Suche nach Mr. Goodbar" – 1977).

Gere ist neben seiner erfolgreichen Schauspielerei im Privatleben auch Tibet-Aktivist. Das ist nicht ganz unwichtig zu wissen, wenn man in einem Film sitzt, der nicht gerade zimperlich mit dem chinesischen Rechtssystem umspringt. Aber zurück zum Höhepunkt der Dummheit: Der inhaftierte US-Anwalt ist von seiner chinesischen Anwältin für ein paar Stunden aus seinem Betonverließ geholt worden, um mit ihm eine Verteidigungsstrategie zu entwerfen. Bei einer Fahrt von A nach B – der Film wurde vor Ort in Peking gedreht, also nutzt Regisseur Jon Avnet (Aus nächster Nähe – 1996; "Das Baumhaus" –1994; Grüne Tomaten – 1991) jede Möglichkeit, die Faszination dieser Riesenstadt zwischen Wolkenkratzern und Hutongs einzufangen – vereiteln der Anwalt und seine Verteidigerin einen Mordanschlag. Daraufhin springt Anwalt Jack Moore aus dem Auto und flieht in Handschellen und mit einer Waffe in der Hand durch die engen Gassen und über die Dächer der Hutongs, verfolgt von einer zunehmenden Rotte der gänzlich humorlosen Polizei Pekings. Richard Gere geben die nun folgenden Szenen jede Menge Möglichkeiten sich im Sinne der Produzenten (zu denen als Executive Producer auch der deutsche Regisseur Wolfgang Petersen – Air Force One, 1997; Outbreak, 1995; In the Line of Fire, 1993; Das Boot, 1981 – gehört) viril in Szene zu setzen und seine Moral zu zeigen, deren Vorhandensein seine Rolle bisher nicht hergegeben hatte – bis dahin hatte er einen schwierigen Deal eingetütet und eine Chinesin in sein Hotelbett geholt; nichts, was einen echten Helden sonderlich sympathisch macht.

Nun aber verlässt er das durch die absurde Flucht über Pekings Dächer erreichte Asyl in der US-Botschaft wieder, um seiner chinesischen Anwältin das Leben nicht zu versauen. Darauf folgt erst mal wieder Betonverließ, verschärft in Dunkelhaft, aber dann ein großer Gerichtsauftritt, in dem sämtliche Generäle, Funktionäre und übrigen leitenden Figuren des chinesischen Staatsapparates desavouiert werden, sowie mehrere hämisch grinsende Zeugen der Gerechtigkeit zugeführt und der wahre Mörder entlarvt wird. Apropos US-Botschaft: Die in grauen Anzügen steckenden Apparatschiks im US-Botschaftsapparat benehmen sich kaum freiheitlicher als die chinesischen Gehorcher in ihren gelben Uniform. Auch die Vertreter von US-Behörden gehorchen anonymen politischen Einflüsterern.

Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin ist dabei, sein Riesenreich in langsamen Schritten der Welt gegenüber zu öffnen. Handel soll erfolgen, kultureller Austausch. Womöglich will er sogar alte, verkrustete Strukturen in seinem Staatsapparat aufbrechen, was erklären würde, dass dieses negative Bild der chinesischen Bürokratie alle bürokratischen Hemmnisse für Dreharbeiten überwunden hat. Als positive Chinesen bleiben in Erinnerung ein trauernder General, der sich entschuldigt und eine dem Apparat gehorchende Pflichtverteidigerin, die nach und nach den Wert eines Menschen über den Wert der Partei stellt.

Dramaturgisch, wenn man mal den politischen Überbau beiseite lässt und den Film als, sagen wir, Fantasygeschichte aus einem dunklen Land betrachtet, haben wir es hier mit einem soliden Verschwörungsthriller zu tun, einem spannenden Gerichtsdrama.

<Nachtrag2007>Kurz nach der Veröffentlichung wurde der Film in der Volksrepublik China verboten und Bai Ling, Darstellerin der tapferen Anwältin, der Zutritt in das Land verwehrt. "Red Corner" ist auch der letzte große Hollywoodfilm mit fundamentaler Kritik gegenüber der Volksrepublik China.</Nachtrag2007>

 

Wertung: 5 von 11 D-Mark
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