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Plakatmotiv: Die letzte Vorstellung (1971)
Große Geschichten hinter
einer großartigen Leere
Titel Die letzte Vorstellung
(The Last Picture Show)
Drehbuch Larry McMurtry + Peter Bogdanovich
nach dem gleichnamigen, semi-autobiographischen Buch von Larry McMurtry
Regie Peter Bogdanovich, USA 1971
Darsteller Timothy Bottoms, Jeff Bridges, Cybill Shepherd, Ben Johnson, Cloris Leachman, Ellen Burstyn, Eileen Brennan, Clu Gulager, Sam Bottoms, Sharon Ullrick, Randy Quaid, Joe Heathcock, Bill Thurman, Barc Doyle, Jessie Lee Fulton u.a.
Genre Drama
Filmlänge 118 Minuten
Deutschlandstart
25. Mai 1973
Inhalt

Die Kleinstadt Anarene in Nord-Texas, November 1951: Seit Jahren steht hier die Zeit still. Der Billard-Raum, das Café und das Kino gehören dem alternden Sam, genannt „der Löwe“, der für die Jugendlichen des eintönigen Ortes eine Art Vaterfigur abgibt. Der ehemalige Cowboy scheint eine der wenigen zufriedenen Person des Dorfes zu sein. Zu den Jugendlichen zählen die Schüler Duane und Sunny, die sich regelmäßig Kritik von den alten Männern anhören müssen, weil ihre Schulmannschaft im Fottball wieder nichts geholt hat.

Die beiden Jungs haben nur ihre Flirts und die damit verbundenen Kinobesuche im Kopf. Duane mehr noch als der zurückhaltende Sonny – er geht mit Klassen-Schönheit Jacy Farrow, die obendrein einer der wenigen wohlhabenden Familien von Anarene stammt, da ihr Vater eine Ölfirma betreibt. Duane ist fest überzeugt, sie später zu heiraten. Jacys Mutter Lois will das naturgemäß verhindern, zumal Duane trotz seines feschen Auftretens aus recht ärmlichen Verhältnissen kommt. Lois selbst leistet sich ein außereheliche Affäre mit dem Ölarbeiter Abilene, einem Angestellten ihres Mannes.

Auf einem Weihnachts-Tanz kommt es auch zur ersten Annäherung Sonnys mit Ruth Popper, der spröde wirkenden Gattin seines Highschool-Sportlehrers. Sunny und sie beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Bei diesem Weihnachts-Tanz taucht auch der aus wohlhabenden Verhältnissen stammende Lester Marlow, der Jacy aus einem Country Club kennt und sie zu einer Pool-Party im Hause des reichen Bobby Sheen aus dem benachbarten Wichita Falls lockt. Jacy lässt sich – zum großen Unmut Duanes – von Lester zu Bobbys Anwesen kutschieren, wo sie im Kreis der um ein Schwimmbecken versammelten Nackten nur aufgenommen wird, wenn sie sich vor den Augen aller selber entblößt.

Der verbitterte Duane ertrinkt seinen Kummer derweil im Alkohol. Im Kreis der ihn bemitleidenden Kumpels wird beschlossen, dem schwachsinnigen Billy ein Sexerlebnis zu bieten – Billy ist ein geistig zurückgebliebener, darüber hinaus stummer Jugendlicher, dessen Lieblingsbeschäftigung das Fegen der durch die vielen Sandstürme verdreckten Hauptstraße ist. Sie fahren zu einer gelegentlich als Hure herhaltenden Imbiss-Betreiberin, die Billy wegen seiner Ungeschicklichkeit beim Akt schlägt.

Einige Zeit später beschließen Sonny und Duane, der Langeweile in Anarene durch ein Wochenende in Mexiko zu entrinnen. Bei der Abfahrt steckt ihnen Sam neben wohlgemeinten Ratschlägen noch ein paar Dollar zu. Als die völlig verkaterten Heimkehrer am Montag nach Anarene zurückkehren, müssen sie erfahren, dass Sam, die Seele der Stadt, tags zuvor überraschend an einem Herzschlag verstorben ist …

 

Was zu sagen wäre

Die große Freiheit des amerikanischen Traums weht als Steppenhexe durch die leeren Straßen der kleinen Stadt. Eine Tankstelle, bei der Buchstaben bröckeln, ein Kino, das Spencer Tracy als „Vater der Braut“ zeigt und ein paar verrammelte Fenster. Ein Pickup-Truck hustet einsam durch die Straße, hält vor einem Laden. Als der junge Sunny den laden betritt, sitzen da Menschen. Die Stadt ist keine Geisterstadt. Sie stirbt nur.

Peter Bogdanovich entfaltet das große Americana als Coming of Age für ein paar Jugendliche, denen das Leben nicht viel zu bieten hat – außer Bier, schlechten Sex und Krieg in Übersee. Robert Surtees fängt die Trostlosigkeit in weiten Totalen und Gesichtern, die wie Landschaften wirken, ein; seine Schwarz-Weiß-Fotografie findet in der Tristesse sowas wie Schönheit. Auf klassische Filmmusik, die den Zuschauer sonst stimmungsfördernd geleitet, hat Bogdanovich verzcihtet, statt dessen klingen zeitgenössische Countrysongs aus Radiolautsprechern und Jukeboxen.

Mitten hinein in das Erwachsenwerden junger Leute, die als Vorbild nur alte Leinwand-Abenteuer haben, während die Eltern entweder auf Ölfeldern arbeiten oder aus dem Krieg nicht heimgekommen, oder schon in den nächsten Krieg unterwegs sind, erzählt der Film eine Dreiecks-Geschichte – zwei Kumpels und die Highschool-Schönheit, die sich mächtig was einbildet und den Jungs zielgerichtet den Kopf verdreht. Aber irgendwann auch nach Dallas in die große Stadt geht. Das 20-jährige Model Cybil Shepherd hat hier erste Rolle und schlägt sich wacker.

Überhaupt die große Stadt. In Anarene reden die Alten vom großen Krieg, der sechs jahre zurückliegt, über Football, Frauen und dann sterben sie. Und die Jungen bleiben im Ölfeld oder ziehen in einen Krieg, den hier keiner versteht und keiner haben will – Korea, „dann wirst Du wohl jetzt erst mal gelbe Pussys bumsen“. Und als das Kino schließlich zumacht, die Leinwand-Träume nicht mehr leuchten, gehen auch die letzten, um woanders zu sterben, wo es vielleicht ein wenig besser ist.

Wertung: 8 von 8 D-Mark
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