Im New York der 1980er Jahre werden einige junge Kätzchen verkauft. Alle finden einen neuen Besitzer, nur Oliver bleibt allein und verlassen im mittlerweile verrotteten Karton übrig.
Oliver bleibt nichts anderes übrig, als sich mit seinem Schicksal abzugeben, und er wagt sich allein in die Stadt, wo er erfolglos auf Futtersuche geht. Das ist schwer: Ein appetitlicher Hot-Dog-Wagen wird von seinem Besitzer scharf bewacht und der duldet keine bettelnden Tiere um sich herum. Da trifft Oliver auf den Hund Dodger. Der heckt einen Plan aus, wie man in Teamarbeit die Hot Dogs aus dem Wagen holt; und das klappt auch. allerdings lässt Dodger Oliver daraufhin stehen und erklärt, er, Oliver, müsse über Leben und Fallstricke in der Großstadt noch allerlei lernen. Oliver indes ist zwar klein, aber nicht auf den Kopf gefallen und Dodger schafft es in der Folge nicht, ihn abzuschütteln. Im Versteck seiner Hundebande erzählt er dann stolz, wie er seine Beute, die Hot Dogs, tapfer gegen eine wilde Katze verteidigt habe. Da fällt Oliver durchs morsche Dach und überführt Dodger der Albernheit.
Die kleine Katze wird von der Hundebandebande – und Dodger – freudig aufgenommen. Der menschliche Anführer der Bande trifft ebenfalls ein: Fagin, ein liebenswerter Kleinganove, der dem schurkischen Sykes Geld schuldet. Dieses Geld sollen eigentlich die Hunde – der große Däne Einstein, Afgahnendame Rita, Bulldogge Francis und Chihuahua Tito – auf Raubzügen durch Manhattan besorgen. Aber sie sind etwas glücklos und schaffen stets nur wertlosen Plunder ran. Sykes, der dämonische Geldverleiher gibt Fagin drei Tage, das Geld endgültig zu beschaffen, andernfalls …
Beim nächsten Versuch eines Raubzuges, an dem nun auch Oliver teilnimmt, landet der in einer großen Limousine und dort in den Armen der kleinen Jenny, die in einem großen Haus an der Park Avenue mit dem Chauffeur und der eitlen Hundedame Georgette lebt – ihre Eltern tingeln dauernd irgendwo in der Weltgeschichte herum. Jenny möchte Oliver sofort adoptieren; sehr zur Freude Olivers – sehr zur Trauer der Hundebande …
Ein bisschen fühlt man sich wie in einem Bernard-und-Bianca-Ableger. Das ist kein Zufall, die erste Idee zum Film war als solcher gedacht. Aber die Disney-Bosse überzeugte dann die Handlung nicht – da ging es noch im Zentrum um Penny, das Mädchen aus Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei. Geblieben sind nur Ähnlichkeiten im Charakter von Penny/Jenny sowie Grundpfeiler im Hintergrunddesign. Und eben gewisse Parallelen zwischen den Filmen.
Der Film punktet in der B-Note bei den technischen Komponenten: „Oliver & Co.“ ist aufwändig gestaltet und lebendig vertont, nimmt im Soundtrack den Swing der Aristocats auf. Dazu hat an den Mikrofonen hat ein Wandel stattgefunden. Dort verrichteten bislang Voice Talents ihren Dienst, großartige Künstler, die den gezeichneten Wesen Charakter einhauchten. Diese Talents waren als Schauspieler vor der Kamera maximal mäßig bekannt. Peter Ustinov machte dann als Prinz John in Robin Hood die erste Ausnahme.
Aber seit – und durch – Cap und Capper war das jugendliche Publikum verschreckt von der Fahne gegangen. Das sollte zurückgeholt werden. Der Film wurde also etwas tougher gestaltet, die Sprache ist gequält auf jugendlich getrimmt (der erste Disneyfilm, in dem in der deutschen Synchro das Wort „Geil“ ausgesprochen wird), aber vor allem stehen an den Mikrofonen Zielgruppen-angepasste Namen/Sänger: Billy Joel als Dodger, Bette Midler als Georgette und Huey Lewis singt den Titelsong „Once Upon a Time in New York City“. „Alles ist Rhythmus“, sagt Straßenköter Dodger, man müsse sich in New York dem Rhythmus dieser Stadt anpassen.
In der A-Note, der Schilderung der eigentlichen Geschichte und der Charaktere, bleibt dieser Disneyfilm unteres Mittelmaß. Denn was ist wohl dieser Rhythmus der Großstadt, den Dodger da eingangs mit „Was soll ich mich ärgern?“ so eitel besingt?
Ich bin Streetstar,
Ist doch sonnenklar!
Sing whoo whoo whoo whooo
Ich bin Streetkid ich lieb
Die Stadt die ich besitz'
Soll ich mich ärgern?
Ich pfeife drauf!
Ich hab nur wenig Geld
Doch dafür geb ich nie auf!
Dieses coole Leben, das der Film in der Folge aufdröselt, ist ein erbärmliches: Die Hunde leben vom Diebstahl, dessen Beute sie einem heruntergekommenen, herzensguten zwar, aber lebensuntauglichen Herrchen abliefern müssen, unter dessen Dach sie dafür schlafen dürfen – irgendwie Family Values, schon klar, aber von wegen „ich lieb die Stadt, die ich besitz“: Der Stadt sind diese Köter offenbar herzlich egal. Was an diesem Leben cool sein soll, lässt der Film aus; hauptsache, es klingt … cool. Dem Script geht hier früh die Puste aus, weil die Disneyleute lieber auf den groovy wirken sollenden rhythm geachtet haben statt auf die Story.
Dann taucht, wie Kai aus der Kiste plötzlich ein zweiter Plot auf – (das offenbar übrig gebliebene – s.o. – Mädchen) Jenny – und ein anderer Film beginnt, der sich mit Elementen aus Susi & Strolch (1955) über die Zeit rettet; waren es dort die Siamkatzen, die Susi aus dem Nobel-Haus treiben, ist es hier die Show-Hündin Georgette, die den neuen Mitbewohner Oliver weg intrigieren möchte. Die Straßenköter-Gang könnten Nachkommen der Straßenköter 101 Dalmatians (1961) oder den Straßenkatzen aus Aristocats (1970) sein.
Es stellt sich für die Disney-Studios als nicht zielführend heraus, Charles Dickens‘ Drama „Oliver Twist“ mit den Stilmitteln des Zeichentricks und denen des Musicals zu kreuzen – denn nichts anderes ist „Oliver & Co.“. Es fehlt an dem, was Disneyfilme lange Zeit ausgemacht hat und eine Erwartungshaltung generiert, die man nicht leichtfertig enttäuschen sollte: Herz.
Keine Geschichte erzählt haben schon frühere Disneyfilme – Alice in Wonderland, Jungle Book etwa – aber dieser hier behauptet frech, eine zu erzählen, reiht dabei aber nur Episoden aus alten Filmen aneinander und wirft sie in den Mixer. Ein Reinfall, gut animiert.
„Oliver und Co.“ spielte bei seinem ersten Einsatz in den USA etwa 53 Millionen US-Dollar ein, mehr als seine Vorgänger Basil, der große Mäusedetektiv und Taran und der Zauberkessel zusammen. Das sowie der Erfolg des Mischfilms Falsches Spiel mit Roger Rabbit löste in der Branche eine große Euphorie über die Trickfilmzukunft aus. Die Disney-Bosse fassten den Entschluss, künftig jedes Jahr einen Zeichentrickfilm in die Kinos zu bringen.
Kinoproduktionen aus der Reihe "Disneys Meisterwerke" ("Disney‘s Classics")
- Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937)
- Pinocchio (1940)
- Fantasia (1940)
- Dumbo (1941)
- Bambi (1942)
- Saludos Amigos (1943)
- Drei Caballeros (1944)
- Make Mine Music (1946)
- Fröhlich, Frei, Spaß dabei (1947)
- Musik, Tanz und Rhythmus (1948)
- Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte (1949)
- Cinderella (1950)
- Alice im Wunderland (1951)
- Peter Pan (1953)
- Susi und Strolch (1955)
- Dornröschen (1959)
- 101 Dalmatiner (1961)
- Die Hexe und der Zauberer (1963)
- Das Dschungelbuch (1967)
- Aristocats (1970)
- Robin Hood (1973)
- Die vielen Abenteuer von Winnie Puuh (1977)
- Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei (1977)
- Cap und Capper (1981)
- Taran und der Zauberkessel (1985)
- Basil, der große Mäusedetektiv (1986)
- Oliver & Co. (1988)
- Arielle, die Meerjungfrau (1989)
- Bernard und Bianca im Känguruland (1990)
- Die Schöne und das Biest (1991)
- Aladdin (1992)
- Der König der Löwen (1994)
- Pocahontas (1995)
- Der Glöckner von Notre Dame (1996)
- Hercules (1997)
- Mulan (1998)
- Tarzan (1999)
- Fantasia 2000 (1999)
- Dinosaurier (2000)
- Ein Königreich für ein Lama (2000)
- Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt (2001)
- Lilo & Stitch (2002)
- Der Schatzplanet (2002)
- Bärenbrüder (2003)
- Die Kühe sind los (2004)
- Himmel und Huhn (2005)
- Triff die Robinsons (2007)
- Bolt – Ein Hund für alle Fälle (2008)
- Küss den Frosch (2009)
- Rapunzel – Neu verföhnt (2010)
- Winnie Puuh (2011)
- Ralph reichts (2012)
- Die Eiskönigin – Völlig unverfroren (2013)
- Baymax – Riesiges Robowabohu (2014)
- Zoomania (2016)
- Vaiana – Das Paradies hat einen Haken (2016)
- Chaos im Netz (2018)
- Die Eiskönigin II (2019)
- Raya und der letzte Drache (2021)
- Encanto (2021)
- Strange World (2022)