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Plakatmotiv: Moonlight Mile – Eine Familiengeschichte (2002)

Abschied nehmen
in Dur statt Moll

Titel Moonlight Mile – Eine Familiengeschichte
(Moonlight Mile)
Drehbuch Brad Silberling
Regie Brad Silberling, USA 2002
Darsteller

Jake Gyllenhaal, Dustin Hoffman, Susan Sarandon, Aleksia Landeau, Richard Messing, Lev Friedman, Bob Clendenin, Jim Fyfe, Mary Ellen Trainor, Richard Fancy, Marcia Mitzman Gaven, Allan Corduner, Holly Hunter, Careena Melia, Ellen Pompeo u.a.

Genre Drama
Filmlänge 146 Minuten
Deutschlandstart
3. April 2003
Inhalt

Cape Anne, ein kleines Städtchen in Massachusetts, 1973. Diana wird ermordet – zufällig: Sie stand in der Flugbahn einer Kugel, die einer anderen galt. Diana starb wenige Tage vor ihrer Hochzeit mit Joe. Joe lebt im Haus seiner Schwiegereltern Ben und Jojo, die ihn längst als zweites Kind betrachten und ihn jetzt, nach dem Tod der einzigen Tochter, vollends vereinnahmen. Joe seinerseits fühlt sich– aus einem diffusen Treuegefühl heraus – verpflichtet, in Cape Anne zu bleiben. Er steigt sogar in Bens Immobiliengeschäft ein.

Im Grunde genommen weiß Joe einfach nur nicht, was er tun soll, jetzt wo Diana tot ist und alle Perspektiven dahin. Er wusste es auch vor Dianas Tod schon nicht, denn die beiden hatten sich trotz Hochzeitsplänen längst getrennt – Diana hatte sich mit ihrem Vater verabredet, um ihm diese Neuigkeit mitzuteilen, als sie eben an diesem Treffpunkt erschossen wurde.

Plakatmotiv: Moonlight Mile – Eine Familiengeschichte (2002)Während die Eltern das tragische Ereignis verdrängen und sich in Sarkasmus oder blinden Aktivismus flüchten, will Joe es in seiner Unsicherheit allen recht machen und niemanden enttäuschen. Deshalb verschweigt er die Trennung, verschweigt auch, dass er sich neu verliebt hat – in die sinnliche Barfrau Bertie.

Aber auch Bertie muss einen Verlust verkraften. Ihr Freund gilt seit drei Jahren in Vietnam als vermisst. Durch einen ehrlichen Befreiungsschlag löst Joe den Knoten. Für vier Menschen gibt es wieder Hoffnung auf einen Neuanfang. Das Leben geht weiter …

Was zu sagen wäre

Ein Film über Abschied – Abschied von geliebten Menschen, Abschied vom Leben, Abschied von Träumen. Brad Silberling (Stadt der Engel – 1998; "Casper" – 1995) nutzt ruhige Bilder und nur sehr verhalten Musik, um seine Geschichte zu erzählen. Dennoch mag keine Moll-Stimmung aufkommen. Silberling will kein lahmes Trauerkino, sondern zeigen, wie unterschiedlich Menschen mit dem Verlust eines geliebten Menschen umgehen.

Susan Sarandons Jojo ("Groupies Forever" – 2002; Überall, nur nicht hier – 1999; Seite an Seite – 1998; Im Zwielicht – 1998; Dead Man Walking – 1995; Der Klient – 1994; The Player – 1992; Thelma & Louise – 1991; Die Hexen von Eastwick – 1987; Begierde – 1983; "Rocky Horror Picture Show" – 1975; Tollkühne Flieger – 1975; Extrablatt – 1974) findet beißenden Sarkasmus, Dustin Hoffmans Ben (Sphere – Die Macht aus dem All – 1998; Wag the Dog – 1997; Mad City – 1997; American Buffalo – 1996; Sleepers – 1996; Outbreak – Lautlose Killer – 1995; Hook – 1991; Dick Tracy – 1990; Family Business – 1989; Rain Man – 1988; Tootsie – 1982; Kramer gegen Kramer – 1979; Der Marathon-Mann – 1976; Die Unbestechlichen – 1976; Papillon – 1973; Wer Gewalt sät – 1971; Little Big Man – 1970; Die Reifeprüfung – 1967) stummen Aktivismus – „Immer weiter machen. Stillstand ist der Tod!“, Jake Gyllenhaals Joe ("Highway" – 2002; "Donnie Darko – Fürchte die Dunkelheit" – 2001) bleibt ratlos. Nach zehn Minuten mag man die Hauptfiguren für ihren Pragmatismus im Umgang mit dem Tod.

Gleichzeitig frage ich mich allerdings, wo der Schockzustand ist. Vor wenigen Tagen starb die Tochter, aber die Eltern verzweifeln – wenn überhaupt – im Verborgenen. Der Zuschauer wird Zeuge eines kurzen Streits über Erziehung, der die Rollen in der schwiegerelterlichen Ehe verdeutlicht, die Trauerarbeit hingegen beginnt wohl erst nach Ende des Films. Mich hat das verwirrt und etwas ratlos zurück gelassen, denn ich halte Schock und Verzweiflung für den ersten Zustand nach dem Verlust.

Zu den Beispielen Jojo, Ben und Joe gesellt sich im Film Barfrau Bertie, die am ehesten in banger Erwartung und Verdrängung des Unaussprechlichen in sich versinkt, um eben jenen Schock zu vermeiden. Die aufkeimende Liebesgeschichte ist ein cleverer Kniff im Drehbuch, weil er Bewegung nach vorne ankündigt, nicht nur Rückschau auf das Leben von Diana und Joe, Jojo und Ben.

Mit "Moonlight Mile" verarbeitet Brad Silberling seine eigene Lebensgeschichte. In den 80er Jahren verlor auch er seine damalige Verlobte durch ein Gewaltverbrechen. Der im Film dargestellte Plot ist allerdings nur vage an das Selbsterlebte angelehnt. Silberling wollte nicht seine Seelenpein verfilmen, nutzt tragikomische Momente und Wortwitz, um zu sagen, was es zur Verabeitung zu sagen gibt. Ein persönlicher und emotionaler Film über eine schwierige Thematik.

Wertung: 5 von 6 €uro
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