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Plakatmotiv: Guardians of the Galaxy, Vol. 2 (2017)

Familienunterhaltung aus dem Hause Disney
hübsch aufgepeppt aus den Marvel-Studios

Titel Guardians of the Galaxy, Vol. 2
(Guardians of the Galaxy, Vol. 2)
Drehbuch James Gunn
nach den Comic-Charakteren von Dan Abnett & Andy Lanning & Steve Englehart & Steve Gan & Jim Starlin & Stan Lee & Larry Lieber & Jack Kirby & Bill Mantlo & Keith Gif-fin
Regie James Gunn, USA 2017
Darsteller

Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Vin Diesel (Stimme), Bradley Cooper (Stimme), Michael Rooker, Karen Gillan, Pom Klementieff, Sylvester Stallone, Kurt Russell, Elizabeth Debicki, Chris Sullivan, Sean Gunn, Tommy Flanagan, Laura Haddock u.a.

Genre Comicverfilmung, Science Fantasy, Abenteuer
Filmlänge 136 Minuten
Deutschlandstart
27. April 2017
Inhalt

Ein Jahr, nachdem sie erstmals in das Bewusstsein der Galaxis getreten sind, haben die Guardians eigentlich ihren Platz in der Galaxis gefunden. sich aber dann, weil Rocket ein paar wertvolle Batterien nicht lassen konnte, wo sie waren, Ärger mit den Sovereigns eingehandelt, einer selbst-perfektionierten Rasse, die sie gerade quer durchs Universum jagt.

Auf ihrer Flucht bekommen sie Gesellschaft von Ego, einem humanoiden Alien und dessen Schützling, der Empathin Mantis. Ego entpuppt sich zu Peters Überraschung als dessen Vater, und um ihn zu überzeugen, nimmt er Peter, Gamora und Drax mit zu seinem Planeten, während Rocket und Baby Groot zurückbleiben, um das havarierte Schiff zu reparieren.

Die Sovereigns haben zwischenzeitlich Yondu und seine Ravagers angeheuert, die Guardians zu jagen und zu ihnen zu bringen. Anders gesagt: Irgendwie ist mal wieder die halbe Galaxis hinter den Guardians her. Da erklärt, auf seinem Planeten angekommen, Ego dem zunächst skeptischen Peter, dass er ein höheres kosmisches Wesen sei, ein sogenannter Celestial, der als geistige Essenz durch den Weltraum driftete, bis seine Kraft es ihm ermöglichte, sich einen Planeten als Hülle und schließlich einen menschlichen Körper als Avatar zu erschaffen. Und auch er, Peter, sei zumindest ein halber Celestial, „ein Gott! Naja … mit kleinem 'g'“.

Während die Guardians nun einerseits versuchen, Peter aus seiner familiären Zwickmühle zu helfen und sowohl Drax als auch Gamora jeweils versuchen, nicht ihre wahren Gefühle, der eine für Mantis, die andere für Peter, zu offenbaren und Rocket auf der Suche nach seiner eigentlichen Identität ist, weil, ein Waschbär ist er ja nicht, hat sich die Gilde der Ravagers, die Yondu einst wegen dessen Kinderhandels verstieß, und die Sovereigns zusammengetan, um die Guardians endgültig zu erledigen.

Dieser Übermacht kann Peter nur sein Herz und seinen WALKMAN entgegenstellen …

Was zu sagen wäre

Ein großes Vergnügen. eine große Familie. Eine große Portion Schmalz. Die Galaxis ist im Jahr Eins der Guardians kein besserer Ort geworden. In der einen Ecke werden sie gebraucht, um ein Kaulquappenartiges Monster davon abzuhalten, schwer wertvolle Batterien zu klauen. In der anderen Ecke lauern Ravager, die auf jede Art Kopfgeld scharf sind. In der nächsten ein irrer Gerne-Gott, der sich das gesamte Universum einverleiben will. Bisschen viel für die Guardians, die zudem auch immer noch keinen ehrlichen Draht zueinander gefunden haben und eher nach dem Prinzip Was sich liebt, das neckt sich funktionieren.

Family Values im Weltraum

Ganz im Sinne der großen Disney-Mutter verkauft James Gunn diese über weite Strecken sehr unterhaltsame Comicverfilmung als Familienzusammenführung. Peter Quill trifft seinen leibhaftigen Vater (was in einer – seit 1981, seit Darth Vader das in Empire strikes back zu Luke Skywalker sagte – historischen Sentenz mündet: „I am Your Dad, Peter!“), sein Adoptivvater Yondu besinnt sich eines Besseren und stellt sich als verkannter Held heraus, Gamora und ihre giftige Schwester erkennen ihre Family Values und die Guardians bezeichnen sich untereinander, wenn schon nicht als Freunde, dann doch als – eben – „Familie“, in die alle Verstoßenen des Universums Aufnahme finden. Eine Familie, die immerhin im 21. Jahrhundert angekommen ist: Der treulose Vater, der eines Tages einfach verschwand und Mutter mit Kind sitzen ließ, gibt es in dieser Konstellation mittlerweile auch.

Im aktuellen Film stößt die zarte, vom wahren Leben noch unbeleckte Empathin Mantis zum Team, die ein paar schöne Szenen mit Muskelberg Drax hat – ob daraus eine Familie werden könnte? Peter und Gamora tanzen ihren Eiertanz des sich bloß nicht Verlieben weiter, Chris Pratt darf dabei wieder seinen imposanten Oberkörper entblößen und bleibt sonst der allseits beliebte, freundliche Glücksritter, den jeder gerne zum großen Bruder hätte. Zoe Saldana steckt in ihrer Rolle der stolzen Kriegerin Gamora fest, woran auch die Annäherung an ihre tödliche Schwester Nebula nicht so wirklich etwas ändert. Groot, den im Vorgängerfilm gestutzten Baum, haben alle als Bäumchen adoptiert, den man sich gegenseitig von der Schulter nimmt, wenn er nicht seiner Lieblingsbeschäftigung nachgeht, dem Tanzen. An dieser Stelle wuchert der Film mit seinen Pfunden: Baby Groot und der Soundtrack.

Baby Groot – Der Hingucker 

Am Ende des Films von 2014 tauchte ja eine zweite Musik-Cassette auf. Wie schön: Der vorliegende mit „Vol. 2“ untertitelte Film hat also weiter Stoff für Gänsehaut-Soundtrack. Der Film hat mich nach drei Minuten gewonnen. Da verteidigen die Guardians zu Beginn des Films auf dem Planeten der Sovereigns (eine interessante Rasse, die sich Marvel für weitere Filme sicher in der Hinterhand hält, schon, weil sie nur aus schönen, goldhäutigen Humanoiden besteht) irgendwie superwichtige Batterien gegen ein riesiges, Tentakel bewehrtes Monster mit mehreren Zahnreihen. Und James Gunn macht etwas, wofür man ihn vor wenigen Jahren noch sofort gefeuert hätte. Der Regisseur interessiert sich nicht für Einzelheiten des spektakulären Kampfes – seine Zuschauer ahnen ja ohnehin schon, dass er zugunsten der Helden endet – und folgt stattdessen mit der Kamera dem kleinen Groot, der zum Sound des Electric Light Orchestras tanzt.

Im – unscharf gehaltenen – Hintergrund scheppert es, die Guardians kämpfen heldenhaft, aber wir verlieben uns lieber in Baby Groot, der scheinbar realitätsverloren zu "Mr. Blue Sky" tanzt. Eine – man muss da heutzutage zurückhaltend sein mit so einem Begriff, aber hier passt er tatsächlich – einzigartige Sequenz, die den Weg weist, den die sündteuren Actionfilme der Disney-Marvel-Familie in den kommenden Jahren nehmen könnten: Die Action ist nicht immer entscheidend, sondern die Angehörigen dieser Action; hier übernimmt das Marvel-Kino das historische Erfolgsrezept der Vorlagen aus den Marvel-Comics. "Spider-Man" wurde ja nicht die beliebteste Figur des Verlags, weil er ein so guter Kämpfer ist, sondern weil er – im Zivilleben – dieselben Probleme hatte wie seine Leser. Vor allem die jüngeren Leser.

Apropos die Jüngeren.

Wenn Yondu sich später aus seiner Gefangenschaft befreit und dabei Dutzende Meuterer tötet, inszeniert James Gunn das wie ein flottes Musikvideo, ein Ballett aus Licht. Dass da Menschen … Wesen en Masse zu Tode kommen, geht im großen Spaß, den die Szene aufbietet, unter; sie haben es ja, irgendwie, verdient. Dazu spritzt auch kein Blut. Es sieht mehr aus wie in einem Computerspiel. Gefährlich? Gewalt verherrlichend? Vielleicht. Wahrscheinlich! Die Action braucht Jugendfreigabe. Die Schönheit solcher Sequenzen, ihr Ideenreichtum steht im Gegensatz zu längeren Sprechszenen. Als Ego seinen Werdegang erzählt, ist das zwar mit hübschen 3D-Modellen angreichert, die an Großmutters Porzelanfigürchen auf der Anrichte erinnern. Die Szene aber zieht sich, der Werdegang, Egos Leben auf der Erde, sein Grund zu verschwinden, sind kompliziert, bald wippe ich unruhig mit dem Fuß. Es ist die Crux solcher Filme, dass sie den Appetit auf ihre schönen Actionbilder steigern, neben denen die Gesprächsszenen wie der Spinat wirken – unangenehm, aber nötig.

Ein Film, der mit den Erinnerungen der Vätergeneration spielt

Der Soundtrack dieses Films ist der zauberhafte Kitt, der Vätern Gänsehaut auf den Rücken treibt, während neben ihnen ihre Töchter auf diesen süßen Teddybären Chris Pratt abfahren (Passengers – 2016; Die glorreichen Sieben – 2016; Jurassic World – 2015; Guardians of the Galaxy – 2014; Der Lieferheld – 2013; Her – 2013; Zero Dark Thirty – 2012; Die Kunst zu gewinnen – Moneyball – 2011; Jennifer's Body – Jungs nach ihrem Geschmack – 2009; "Bride Wars – Beste Feindinnen" – 2009; Wanted – 2008), der Müttern Erinnerungen an verflossene Abende am sommerlichen Seeufer serviert, während neben ihnen ihre Söhne auf Drax‘ undiplomatische Ehrlichkeit abfahren. Soll man ein durch und durch vom Marketing durchdrungenes Produkt verurteilen, wenn es doch allen Befriedigung verschafft? Unbedingt!

Aber ändert das etwas an dem Kino, das seit einigen Jahren da aus Hollywood kommt? Nein! Und wenn dann am Ende tatsächlich auch noch Cat Stevens‘ "Father & Son" diesen Familienfilm befeuert, da rollen Tränen im Kinosaal – obwohl es doch eine simple Comic-Action ist.

Ich bin im laufenden Jahr ungnädig mit dem kommerziellen Kino (also jenem Kino, das sich bemüht, die Produktionskosten auch wieder einzuspielen), weil es so viel Scheiße in die Lichtspielhäuser spült. Und weil ich mich nur mit großem Abscheu daran gewöhne, dass Kino heute halt mal so ist – und nicht mehr so, wie vor 40 Jahren, als ich auf Schulferien in New York von Star Wars (1977) verzaubert wurde, jenem Film, der am Anfang der Entwicklung zum heutigen Überwältigungskino steht. Längst war ich damals den Heftchen mit Spider-Man, den Fantastic Four und den Ruhmreichen Rächern verfallen, deren Verfilmungen heute am Ende dieser Entwicklung des Kinos hin zur reinen Bombastschleuder stehen. Die "Guardians of the Galaxy", die 1969 das Marvel-Universum betraten, habe ich am Rande gestreift und dort kaum wahr genommen (ein um sich ballernder Waschbär?). Aber ihre Filme machen Spaß. Sie überraschen. Sie sind albern (hochgradig albern). Sie sind absurd. Sie werfen jede Logik, jede Realität, fröhlich über Bord, während – wunderbar – von der Tonspur Fleetwood Mac trommeln.

Die Helden des 80er-Jahre-Kinos

Nebenbei spielt – sehr elder statesman-mäßig – der aus den 80er Jahren bekannte, beliebte und gefürchtete Haudegen Sylvester Stallone (Rocky, Rambo) eine charmante Nebenrolle, und Kurt Russell, der Mann, der für meine Generation immer Die Klapperschlange sein wird (Fast & Furious 8 – 2017; The Hateful 8 – 2015; Fast & Furious 7 – 2015; Death Proof – Todsicher – 2007; Poseidon – 2006; Vanilla Sky – 2001; Crime is King – 2001; Star Force Soldier – 1998; Breakdown – 1997; Flucht aus L.A. – 1996; Einsame Entscheidung – 1996; Stargate – 1994; Fatale Begierde – 1992; Backdraft – 1991; Tango und Cash – 1989; Tequila Sunrise – 1988; "Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser" – 1987; Big Trouble in Little China – 1986; Das Ding aus einer anderen Welt – 1982), die tragende Rolle des echten Vaters unseres Helden – und er sieht aus, als habe er wirklich Spaß daran, diesen filmhistorischen Satz zu sprechen: I am Your Dad! Für meine Kinder ist er ein großes Action-Abenteuer, für mich eine Erinnerung an andere Zeiten. Schön, dass wir beide unseren Spaß haben.

Wertung: 6 von 8 €uro
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