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Plakatmotiv: Mann unter Feuer (2004)

Kalte Rache im
heißen Mexiko

Titel Mann unter Feuer
(Man on Fire)
Drehbuch Brian Helgeland
nach dem Roman "Der Söldner – Man on Fire" von A.J. Quinnell
Regie Tony Scott, USA, UK 2004
Darsteller

Denzel Washington, Dakota Fanning, Radha Mitchell, Christopher Walken, Marc Anthony, Giancarlo Giannini, Mickey Rourke, Rachel Ticotin, Gustavo Sánchez Parra, Jesús Ochoa, Gero Camilo, Mario Zaragoza, Charles Paraventi, Carmen Salinas, Esteban De La Trinidad u.a.

Genre Drama, Action
Filmlänge 146 Minuten
Deutschlandstart
30. September 2004
Inhalt

In Mexiko-Stadt sind Entführungen an der Tagesordnung. Wer es sich leisten kann, beschäftigt Leibwächter und schließt Versicherungen gegen Entführungen ab.

Der Geschäftsmann Samuel Ramos heuert John W. Creasy als Leibwächter an. Creasy kann er sich leisten; der Mann ist billig zu haben; er trinkt zuviel, ist suizidgefährdet, hat aber eine legendäre Vergangenheit als Antiterrorexperte. Creasy soll Ramos' Tochter Lupita beschützen. Creasy kann nicht gut mit Menschen, aber das zehnjährige Mädchen verwickelt ihn immer wieder in Gespräche und schließlich entwickelt sich eine freundschaftliche Beziehung zwischen ihm und Lupita. Das hilft ihm über seine Albträume weg. Creasy übernimmt gegenüber Pita mehr und mehr die Rolle der oft abwesenden Eltern.

Nach einer Klavierstunde wird das Mädchen entführt. Bei dem Schusswechsel mit den Entführern und daran beteiligten korrupten Polizisten wird Creasy schwer verletzt und fällt ins Koma. Die Entführer fordern von den Eltern zehn Millionen US-Dollar Lösegeld. Die Übergabe des Geldes wird durch eine andere Gruppe korrupter Polizisten sabotiert, die der Bruderschaft "La Hermandad" angehören. Beim Schusswechsel zwischen den Polizisten und den Geiselnehmern stirbt der Neffe des Chefs der Entführer. Daraufhin bricht dieser den Kontakt zur Familie ab und lässt den Anschein erwecken, dass Pita getötet wurde.

Creasy wacht aus dem Koma auf und macht sich, obwohl noch lange nicht genesen, auf den Weg, jeden zu finden und zu töten, der an der Entführung beteiligt war. Schritt für Schritt arbeitet er sich die Hierarchie der professionell organisierten Entführungsbande hoch und hinterlässt eine Spur von Blut und Zerstörung …

Was zu sagen wäre

„Man on Fire“ ist die Neuverfilmung des gleichnamigen Thrillers aus dem Jahr 1987. Schon damals war Tony Scott für die Regie im Gespräch, das Studio fürchtete aber, ihm fehle es an Erfahrung für so eine Geschichte. Damals konnte Scott lediglich zwei Arbeiten vorweisen – den flott-bunten Top Gun (1986) und und das schwerblütige Vampirdrama Begierde (2013) mit David Bowie. Statt „Man on Fire“ machte Scott dann die Fortsetzung von Beverly Hills Cop mit Eddie Murphy.

Dakota Fanning macht den Film gut

17 Jahre später kommt Tony Scott nun doch noch zum Zuge und er nutzt die Gelegenheit für einen fulminanten Rache-Thriller mit einem erstaunlich präsenten Denzel Washington (Der Manchurian Kandidat – 2004; Training Day – 2001; Hurricane – 1999; Der Knochenjäger – 1999; Ausnahmezustand – 1998; Dämon – Trau keiner Seele – 1998; Mut zur Wahrheit – 1996; Crimson Tide – 1995; Teufel in Blau – 1995; Die Akte – 1993; Philadelphia – 1993; Viel Lärm um nichts – 1993; "Malcolm X" – 1992; Ricochet – Der Aufprall – 1991) – und einer noch besseren 10-jährigen Dakota Fanning. Es ist vor allem ihrem unverstellten Klein-Mädchencharme zu verdanken, dass der Film auch in seinen schwschen Momenten funktioniert. Fanning ist auch spürbar, wenn sie nicht da ist, erst recht, nachdem sie für tot erklärt ist.

Dakota Fanning ist Lupita RamosScott lässt sich zunächst Zeit in der Inszenierung seines zweieinhalb Stunden langen Films. Über eine Stunde lang führt er seinen Helden ein, gibt ihm Ecken, Kanten und einen misslungenen Suizid, ohne dass wir je erfahren, was genau ihn beutelt (das lässt die Figur komplexer erscheinen, als sie tatsächlich ist. Ausführlich erzählt der Film mit dem martialischen Titel und dem explodierenden Kinoplakat (s.o.) von der Ersatzvaterwerdung des Alkoholikers – wie sich der Leibwächter und das Mädchen näher kommen. Dann explodiert die Story in einem irren Selbstjustizplot, in dem Finger abgeschnitten, blutende Wunden ausgebrannt und scharfe Sprengsätze in rektalen Körperöffnungen platziert werden.

Coole Dialoge, eindimensionale Funktionsträger

Das Drehbuch stammt von einem der fleißigsten Autoren Hollywoods, Brian Helgeland (Mystic River – 2003; Ritter aus Leidenschaft – 2001; Payback - Zahltag – 1999; Postman – 1997; Fletchers Visionen – 1997; L.A. Confidential – 1997). Helgeland hat seinem abgewirtschafteten, am Leben verzweifelten Antihelden schöne Sätze auf den Leib geschrieben. „Vergeben“, sagt er etwa, „kann ihm nur Gott. Ich sorge dafür, dass sie sich auch treffen“ (Forgiveness is between them and God...My job is to arrange the meeting). Das wirkt cool, abgeklärt und lässt vergessen, dass die Figuren wenig Tiefe haben und zumeist reine Funktionsträger sind, die die Story zu ihrem nächsten Wendepunkt treiben. „Creasys Kunst ist der Tod“, sagt Christopher Walken einmal (Welcome to the Jungle – 2003; Catch me if You can – 2002; America's Sweethearts – 2001; Joe Dreck – 2001; Sleepy Hollow – 1999; Eve und der letzte Gentleman – 1999; Mäusejagd – 1997; Last Man standing – 1996; Pulp Fiction – 1994; True Romance – 1993; Batmans Rückkehr – 1992; James Bond 007 – Im Angesicht des Todes – 1985; Dead Zone – 1983; Projekt Brainstorm – 1983; Heaven's Gate – 1980; Die durch die Hölle gehen – 1978; Der Stadtneurotiker – 1977), „er ist dabei, sein Meisterwerk zu schaffen.“ Helgelands Kunst besteht in schönen Kleinigkeiten, die seine Geschichten rund machen; wie er das Training für einen Schwimmwettkampf des Mädchens in der Entführungsszene Lupitas spiegelt, zeigt ein feines Gespür für Filmszenen.

Der Film gewinnt (oder verliert, je nachdem) durch Tony Scotts Inszenierungsstil, der am ehesten mit „MTV-Style“ beschrieben ist. Reißschwenks und Bildschnitt im Sekundentakt überlagen das Drama, lassen die eigentliche Geschichte, die ein sehr unangenehmes Portrait der mexikanischen Gegenwart zeichnet, in einem gewöhnungsbedürftigen Gewitter aus Primärfarben verblassen. Diese Art der Montage macht den Film zwar schnell, aber die gute alte Action und die kunstvolle Choreografie kaputt – die Kunst der Stuntleute wird endgültig unsichtbar. Diese Entwicklung, die spätestens seit Die Hard III zum Actionkino gehört, ist offenbar nicht umzukehren.

Andersherum betrachtet macht dieses Bildergewitter den Film ab dem zweiten leicht konsumierbar – einlegen, starten, 146 Minuten Bilderrausch mit Dakota Fanning und mit einer Arschbombe gucken. Das geht auch spät abends noch nach dem fünften Bier auf der Couch.

Wertung: 3 von 6 €uro
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