IMDB

Plakatmotiv: Das Leben des Brian (1979)

Große Sketche.
Große Geschichte.

Titel Das Leben des Brian
(Life of Brian)
Drehbuch Graham Chapman & John Cleese & Terry Gilliam & Eric Idle & Terry Jones & Michael Palin
Regie Terry Jones, UK 1979
Darsteller
Graham Chapman, John Cleese, Terry Gilliam, Eric Idle, Terry Jones, Michael Palin, Terence Bayler, Carol Cleveland, Kenneth Colley, Neil Innes, Charles McKeown, John Young, Gwen Taylor, Sue Jones-Davies, Peter Brett u.a.
Genre Komödie, Abenteuer, Bibelfilm
Filmlänge 94 Minuten
Deutschlandstart
14. August 1980
Inhalt

Brian kommt im Stall zur Welt, in einer Krippe. Gleich neben dem Stall, in dem Jesus von Nazareth geboren ward. Prompt verlaufen sich die Drei Könige, die dem geweissagten künftigen Herrscher huldigen wollen, und huldigen beinah den Falschen. Brians Mutter heißt Mandy Cohen, ist Jüdin und die hatte was mit einem römischen Legionär, Nixus Minimax, und er, Brian, ist nun die sichtbare Folge davon. Von der herrischen Mutter dominiert, wächst er in Judäa zu einem farblosen Mann heran. Er verliebt sich in die idealistische Judith, die sich in der Volksfront von Judäa, einer jüdischen Widerstandsgruppe, gegen die römischen Besatzer engagiert.

Brian bemüht sich als stolzer Jude erfolgreich um die Aufnahme in diese Gruppe verbohrter Intellektueller und beteiligt sich an deren Einbruch in den Palast von Pontius Pilatus: Dort wollen die Freiheitskämpfer die Frau des Statthalters entführen und so das römische Imperium in wenigen Tagen zu Fall bringen. Die Entführung scheitert, weil eine weitere der zahlreichen untereinander verfeindeten Widerstands-Splittergruppen, die Kampagne für ein freies Galiläa, zur selben Zeit dasselbe Ziel mit dem gleichen Plan verfolgt.

Brian wird im Palast verhaftet und zur Anhörung vor den dekadenten Pontius Pilatus gezerrt. Dank eines Lachanfalls der Palastgarde und eines außerirdischen Raumschiffes, das zufällig vorbeikommt, entkommt Brian der drohenden Verurteilung durch die Flucht aus dem Palast. Um am belebten Marktplatz dem römischen Suchtrupp nicht aufzufallen, muss er in die Rolle eines der zahlreichen Propheten schlüpfen. Sein unbeholfenes Gestotter gibt den wenigen Zuhörern Rätsel auf, die das Interesse an ihm wachsen lassen, und so hat er bald eine große Gefolgschaft hinter sich, die sich von ihm Antworten auf alle Fragen des Lebens erhofft.

Die stetig wachsende Anhängerschar verfolgt den panisch flüchtenden Brian ins karge Umland, streitet um die Symbolkraft einer von Brian verlorenen Sandale und hält Banalitäten wie die Existenz eines Wacholderbusches für von Brian vollbrachte Wunder.

Am nächsten Morgen sind die Straßen der Stadt mit selbsternannten Jüngern Brians überfüllt, die unter seinem Fenster auf Heilsbotschaften warten …

Was zu sagen wäre

Im Kino gewesen, vom Sitz gefallen vor Lachen. „Wir hatten nicht vor, respektlos zu sein. Wir wollten den Herrn nur ein wenig verarschen.“ Dabei machen sich die britischen Monty-Python-Komiker weniger über Gott und seine Familie lustig, als mehr über die aus dieser Familie entstandenen Religionen im allgemeinen und deren unkritische Gefolgschaft im Besonderen. In der Nachbarscheune zu jener, in der der Heiland geboren ward, kam Brian zur Welt und fortan wird er andauernd für einen Messias gehalten.

Das findet seinen Höhepunkt in einer grotesken Szene, bei der der aufgeklärte Zuschauer nicht weiß, ob er, statt zu lachen nicht lieber weinen sollte. Auf der Flucht vor römischen Soldaten, nachdem Brian kurz in einem Raumschiff landet, das aber von einem anderen Raumschiff angeschossen wird und auf die Erde kracht – „Na, da haben wir aber Glück gehabt“, bemerkt ein zufällig vorbeikommender Bürger –  versteckt sich Brian auf einem Rednerpodest, auf dem sonst selbst ernannte Propheten das Ende der Welt herbeireden. Um nicht aufzufallen, redet auch Brian irgendwas dahin. Er bringt allerdings keinen Satz zu Ende, weil er von seinen Zuhörern dauernd unterbrochen wird. Schließlich bleiben nur Halbsatz übrig, Brian redet von Rätseln. Das finden die Zuhörer so spannend, dass sie ihm begeistert folgen. Als Brian auf der Flucht vor ihnen seine Sandale verliert, halten die einen seiner Verfolger dies für sein Zeichen, während die anderen seine Trinkflasche als Zeichen interpretieren. Mit dem Propheten werden gleich auch die verfeindeten Glaubensrichtungen geschaffen. Grotesk. Böse. Großartig geschrieben.

Brian würde der immer größer werdenden Gläubigerschar das gerne ausreden und erklärt ihnen, sie müssten niemandem folgen, sie sollten an sich selbst glauben, ruft „Ihr seid alle Individuen!“ und die Menge antwortet ihm „Ja, wir sind alle Individuen!“ und einer ruft „Ich nicht!“.

Die Pythons, die mit kurzen Comedy-Nummern berühmt geworden sind, haben nach Die Ritter der Kokosnuss erst ihren zweiten abendfüllenden Spielfilm gemacht. Noch weniger, als bei den Rittern, der noch mehr Sketchsammlung war, spröde durch eine Rahmenhandlung zusammengehalten, ist nun "Life of Brian" ursprünglich nur eine Sketchsammlung. Die Pythons haben sich ihre Ritter sicher mehrmals genau angeguckt und aus Dramaturgiefehlern gelernt. Und dann haben sie ordentlich recherchiert, wie das so war damals in Nazareth und lasen, „dass damals in Judäa das Messiasfieber grassierte“. Das machte es einfacher, einen Messias zu erfinden, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, den Messias begleiten zu wollen: Brian von Nazareth, der fälschlicherweise für einen Messias gehalten wird, etablierte sich als dramaturgischer Bogen über die Sketche; die Pythons stellten fest, dass ihr Script immer besser wurde und also bauten sie den Rahmen weiter aus.

Natürlich gerät jede einzelne Szene zum Klassiker des Auf-der-nächsten-Party-Zitieren, so komisch ist jede geschrieben. Dahinter aber erhebt sich – unterbrochen von einem Blick auf korrektes Feilschen auf dem Markt und einem Pontius Pilatus mit Sprachfehler („Firf in ssu Potn!“ – ein kluger Blick auf den Wahnsinn, den Religion auch in die Welt setzt, wo sie doch im Kern nur an das Gute im Menschen appelliert. Gleichzeitig demaskiert der Film den revolutionären Habitus lautstarker Revolutionäre als gremienverliebte Schwätzer wider den römischen Imperialismus, die schon ins Stottern geraten, wenn sie den Grund für ihren Römerhass formulieren sollen: „Was haben die Römer je für uns gemacht?“ „Den Aquädukt.“ „Ja … okay. Aber was noch?“ „Medizinische Versorgung. Befestigte Straßen.“ „Ja, ja, schon gut … aber außerdem? Was haben sie je Gutes für uns getan?“ „Seit die Römer da sind, können sich Frauen abends wieder alleine auf die Straße trauen.“ 

Und im Kinosaal lernen wir ganz nebenbei anhand anti-imperialistischer Graffiti die korrekte lateinische Schreibweise des Satzes „Römer, geht nach Hause!“ (Romani eunt domum).

Ein sehr großer Spaß!

Wertung: 9 von 9 D-Mark
IMDB