Lisey ist seit zwei Jahren Witwe. Bereits lange vor seinem Tod hat ihr Mann Scott Landon – ein hochangesehener Romanautor – für sie eine Spur mit Hinweisen ausgelegt, die sie nun immer tiefer in seine von Dämonen bevölkerte Vergangenheit führt.
Stück für Stück werden sorgsam verdrängte Erinnerungen in ihr wach: an eine andere Welt, die sie einst mit Scott besucht hat, tagsüber ein märchenhaftes Paradies, während nachts überall das Böse lauert. Ob Scott dort auf sie wartet, damit sie ihn ins Leben zurückholt?
Plötzlich tritt ein Verrückter auf den Plan, der sich Zack McCool nennt und es auf Scotts schriftstellerischen Nachlass abgesehen hat. Und um seine Forderungen zu bekräftigen, verletzt er Lisey auf bestialische Weise …
Mein erster King-Roman nach der abgebrochenen Leküre von Wolfsmond. Ich war neugierig, ob mich King noch packt. Der Klappentext mutete an, wie der bekannte, „späte King“: Frauenschicksale, Schriftsteller-Thriller. Und von alldem hat es auch was. Darüber hinaus das bei King kaum wegzudenkende Gruselland in der Imagination oder einer Nebendimension sowie einen brutalen Mann.
Aber so richtig zusammenpassen tut das alles nicht.
King erzählt parallel auf drei Zeitebenen. Dem kann man folgen, weil er mit den Zeiten die grammatikalischen Zeiten wechselt: Die Gegenwart im Imperfekt, mittlere Vergangenheit im Präsens, darin eingebettet die frühe Geschichte wieder im Imperfekt. Nach dem ersten Drittel schält sich beim Lesen so etwas wie ein roter Faden heraus. Davor weiß der Leser nicht, wohin die Reise geht. Ein bisschen Schwestern-Ding, ein bisschen Fan-Horror (im Mittelpiunkt steht die Witwe eines berühmten Schriftstellers), ein bisschen Ehe-Alltags-Drama – und der bei King unerlässliche Prügelvater (in anderen King-Romanen auch: der Prügel-Gatte).
Hätten auf dem Klappentext nicht die Lobeshymnen von Spiegel („Ein großer Wurf!“) und FAZ („Auf der Höhe seines Könnens.“) gestanden, ich wäre versucht gewesen, abzubrechen. aber so war ich neugierig auf den ”großen Wurf“. Dieser Wurf ist es am Ende nicht.
Aber, „Love“ ist ein bisweilen bewegender – also: treibender – und bisweilen spannender Roman, der Pageturner-Qualitäten aufblitzen lässt. Aber als Ganzes lässt mich die Story kalt. 730 Seiten einer Frau dabei zuzusehen, wie sie zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes damit beginnt, diesen Tod zu verarbeiten, ist zu viel. Zumal King selbst diesem Sujet nicht traut und es also in seine übliche Grusel-Diktion einwebt.
Insgesamt: Nicht schlecht. Aber auch nicht besonders empfehlenswert.
Ich habe „Love“ gelesen vom 2. Februar bis 11. Juni 2010.
Meine absoluten King-Favorites
Der Autor:
Stephen King wurde 1947 in Portland, Maine, geboren und wuchs zusammen mit seinem Bruder David bei seiner Mutter auf. Während seines Studiums lernte er seine zukünftige Frau kennen: Tabitha Spruce.
Nach der Heirat verdiente sich King den Lebensunterhalt für die Familie zunächst als Englischlehrer und besserte sein karges Gehalt mit Gelegenheitsjobs in einer Wäscherei oder in einer Sägemühle auf. 1973 gelang ihm mit seinem ersten Roman, Carrie, der Durchbruch.
Insgesamt hat King bisher über 40 Romane, mehr als 100 Kurzgeschichten, etliche Novellen und einige Drehbücher veröffentlicht. Hinzu kommen noch Gedichte, Essays, Kolumnen und Sachbücher. Zudem betreibt der Schriftsteller einen eigenen Verlag mit Namen Philtrum Press.
Die meisten auf deutsch übersetzten Kurzgeschichten sind gesammelt in „Nachtschicht“, „Im Morgengrauen“, „Der Gesang der Toten“, „Der Fornit“, „Albträume“ und „Im Kabinett des Todes“. Die Novellen finden sich in „Frühling, Sommer, Herbst und Tod“, „Langoliers“ und „Nachts“ wieder. Verschiedene wurden neu verlegt in der Sonderausgabe „The Secretary of Dreams“. („Die Sammlung People“, „Places“, and „Things“ blieb unveröffentlicht).