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Plakatmotiv: Jumanji: Willkommen im Dschungel (2017)

Ein Action-Abenteuer
in Pixel-Kunst halt

Titel Jumanji: Willkommen im Dschungel
(Jumanji: Welcome to the Jungle)
Drehbuch Chris McKenna & Erik Sommers & Scott Rosenberg & Jeff Pinkner
nach dem gleichnamigen Buch von Chris Van Allsburg
Regie Jake Kasdan, USA 2017
Darsteller

Dwayne Johnson, Kevin Hart, Jack Black, Karen Gillan, Rhys Darby, Bobby Cannavale, Nick Jonas, Alex Wolff, Ser'Darius Blain, Madison Iseman, Morgan Turner, Sean Buxton, Mason Guccione, Marin Hinkle, Tracey Bonner u.a.

Genre Abenteuer, Action
Filmlänge 119 Minuten
Deutschlandstart
21. Dezember 2017
Inhalt

Vier Teenager entdecken beim Nachsitzen ein altes Videospiel, doch statt einem ungefährlichen Spaß vorm Fernseher wird das Quartett in die Dschungelwelt von Jumanji gezogen! In dieser unwirtlichen Umgebung bekommen es die Schüler mit Nashörnern, schwarzen Mambas und einer unendlichen Vielfalt an Dschungel-Fallen und -Puzzeln zu tun – allerdings in den Körpern der Figuren des Games.

Der bescheidene Spencer wird zum Abenteurer Dr. Smolder Bravestone, Football-Spieler Anthony „Fridge“ Johnson zum Zoologen und Waffenspezialisten Moose Finbar, It-Girl Bethany  zum Kartografen/Kryptografen Shelly Oberon und die unsportliche Außenseiterin Martha zur Kämpferin Ruby Roundhouse.

Um das Spiel zu gewinnen, müssen sie in ihren neuen Körpern allerlei gefährliche Abenteuer überstehen …

Was zu sagen wäre

Filme, die mit der inneren Logik von Computerspielen spielen, mitsamt Mechanik und Grafiken, bilden im modernen Abenteuer-und-Action-Kino mittlerweile ein Sub-Genre. Losgelöst sowohl vom realen Alltag als auch vom abgefilmten Alltag konzentrieren sich diese Filme auf die Essenz des modernen Abenteuer-Kinos – auf das Veralbern der eigenen Erzähltechniken. Die Autoren dieses digitalen Konsolenkinos sind hervorragend, wenn sie Elemente aus der Bigger than Life Kino- oder aus der Gaming-Welt auf sogenannte echte Menschen projizieren können – also echt im Sinne des Bigger than Life-Echt. Dwayne Johnson hat da als Dr. Smolder Bravestone zum Beispiel auf seiner "Stärken"-Karte stehen „Beeindruckende Intensität“; also immer, wenn er intens guckt, sind die anderen ganz beeindruckt und überzeugt – hier lehnen die Autoren Johnsons Konsolen-Charakter der Einfachheit halber gleich an Stiefvater Hank aus Die Reise zur geheimnisvollen Insel (2012) an. Nicht so hervorragend sind diese Autoren in der Kunst des sophisticated Storytelling.

Plakatmotiv: Jumanji: Willkommen im Dschungel (2017)Das Original aus dem Jahr 1995, zu dem der neue Film eine Art Fortsetzung bildet, spiegelte die damalige Lust am visuellen Experimentieren mit digitalen Bildeffekten. Joe Johnston, der damalige Regisseur, ließ sich von den Effekten so mitreißen, dass er darüber weitgehend vergaß, auch eine Story zu erzählen. Sein Hauptdarsteller war Robin Williams, der große Klassenclown des zeitgenössischen Hollywoodkinos; da fiel das nicht so auf: Williams und SFX ergaben zusammen, was wir unter großem Abenteuer verstanden. Zwanzig Jahre später sind digitale Bildeffekte unter dem Kürzel CGI bekannt und kein Grund mehr, vor lauter Begeisterung über solche zu vergessen, eine Geschichte zu erzählen. Allerdings ist das Abenteuerkino im Jahr 2017 ohnehin längst dazu übergegangen, seine jugendliche Zielgruppe, die auch im dunklen Kinosaal noch auf dem Smartphone herumdaddelt, mit digital erzeugten Bombastbildern zu befeuern und eine Story gar nicht mehr erst zu entwickeln, die mehr zu bieten hätte, als die obige Zusammenfassung der Handlung.

Das kann man beklagen. Aber so sind die Zeiten. Und, ernsthaft? Welche neuen Ideen für Abenteuerfilme kann es denn geben, die 120 Jahre Kino nicht schon zig mal erzählt haben? Schon die Indiana-Jones-Filme aus den frühen 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden ja als „die Rückkehr des großen Abenteuerfilms“ angepriesen. Noch zu jammern darüber, dass das Abenteuerkino in einer Murmeltiertag-Zeitschleife gefangen ist, ist ungefähr so sinnvoll wie darüber Klage zu führen, dass die Autoindustrie immer neue Vehikel mit Benzinmotor baut. Wer Geld dafür ausgibt, weiß, was ihn erwartet: fluffige Vehikel mit giftigen Abgasen dort, bunte Bilder und lustige Typen hier.

Kaum zu glauben, dass man über einen Film wie "Jumanji: Welcome to the Jungle" drei Absätze schreiben kann. Andererseits steht Jumanji für eine Epoche, in der das Kino im Umbruch war, es sich wandelte von analogen Bildern aus analogen Geschichten hin zu dem Pixelbombast heutiger Zeit. Steven Spielbergs Jurassic Park, der den ersten Höhepunkt dieses Umbruchs markiert, war nur zwei Jahre vor Jumanji produziert worden. "Jumanji: Welcome to the Jungle" ist natürlich kein Meilenstein. Er steht heute für nichts als die Flut der schablonenhaft immer gleichen Bombastpixelproduktionen, deren künstliche Botschaft immer dasselbe sagt: Steh zu Dir! Akzeptier dich wie Du bist! Und das geht über das Vehikel des Adventure-Games natürlich besonders gut, wo ein Avatar das Abenteuer stellvertretend für den Gamer übernimmt, wo der Gamer also ein schüchterner Nerd sein kann, während dessen Avatar ein Dwayne-"The Rock"-Johnson-Typ ist, wo die Gamerin eine verhuschte Hermann-Hesse-Leserin ist, deren Avatar Lara-Croft-mäßig den Dschungel aufmischt. „Denkt darüber nach, wer Ihr seid. Und wer Ihr sein wollt!“, mahnt der Direktor, bevor er die vier Schüler in den Keller zum Aufräumen schickt.

Plakatmotiv: Jumanji: Willkommen im Dschungel (2017)Nach 120 action packed Minuten haben die Kids kapiert, dass sie nicht aussehen müssen wie Bigger-than-Life-Typen à la Dwayne Johnson, um gemocht zu werden, sondern dass sie trotz ihrer Pickel gemocht werden, weil sie doch so kluge Sachen sagen. Umgekehrt lernt das Real-Life-Football-As die Freuden der zoologischen Wissenschaften kennen und das It-Girl mit den massiv vielen Instagram-Followern, dass im Leben anderes zählt, als die Schokoladenseite nach dem Aufstehen.

Das ist alles furchtbar verlogen und zynisches Kalkül, um den Kids das Geld für die Kinokarte aus der Tasche zu ziehen. Aber so funktioniert Kommerz-Kino heute. Und weil auch die Kids diese Mechanismen kennen, herrscht in gewisser Weise Waffengleichheit – wenn die Zielgruppe sich mit einem speziellen Film nicht anschnulzen lassen will, haben die zynischen Filmproduzenten schnell mal 200 Millionen Dollar in den Sand gesetzt; wenn diese aber richtig liegen mit ihrem Stoff, haben alle ihren Spaß.

Mit "Jumanji: Welcome to the Jungle" kann man Spaß haben. Das liegt neben anderem an Dwayne Johnson (Baywatch – 2017; Fast & Furious 8 – 2017; Central Intelligence – 2016; San Andreas – 2015; Hercules – 2014; Pain & Gain – 2013; Empire State – 2013; G.I. Joe – Die Abrechnung – 2013; Snitch – Ein riskanter Deal – 2013; Die Reise zur geheimnisvollen Insel – 2012; Faster – 2010; Zahnfee auf Bewährung – 2010; Die Jagd zum magischen Berg – 2009; Doom – Der Film – 2005; Walking Tall – Auf eigene Faust – 2004; Welcome to the Jungle – 2003; The Scorpion King – 2002; Die Mumie kehrt zurück – 2001). Der einstmals steife Hüne hat die Karriere Arnold Schwarzeneggers sehr genau studiert. Im Jumanji-Dschungel spielt er – Achtung – überzeugend den schüchternen Nerd im Muskel-Avatar, der sein Äußeres kaum fassen kann und sich ein ums andere mal lustig darüber macht. Dann sind da die eingangs erwähnten Autoren, die dann besonders gut sind, wenn sie Gags auf der Meta-Ebene schreiben können, sich also nicht mit Real-Life-Problemen auseinandersetzen müssen. Wenn also das blonde It-Girl im Avatar landet, der aussieht, wie der moppelige Jack Black (Tropic Thunder – 2008; King Kong – 2005; "School of Rock" – 2003; Schwer verliebt – 2001; High Fidelity – 2000; Der Staatsfeind Nr. 1 – 1998; The Fan – 1996; Cable Guy – Die Nervensäge – 1996; Dead Man Walking – 1995; Waterworld – 1995; Demolition Man – 1993), ist das einerseits gut für manchen Erkenne-Deine-inneren-Werte-Botschaften. Aber es ist vor allem sehr lustig, wenn sie zum ersten mal im Körper eines Mannes pinkelt und feststellt, dass pinkeln als Mann viel einfacher ist, weil „ein Griff dran ist“ und „dass ich das nicht jetzt sofort bei Instagram posten kann, ist unterirdisch!

Und was gab's visuell so? Naja, die Rhinos, die im Original tricktechnisch mehr schlecht als echt durch die Straßen der Real-Life-Stadt donnerten, jagen jetzt im Urwald einen Helikopter, der nicht vom Boden wegkommt, bis Dwayne Johnson zum flatternden Getriebe unter den rotierenden Bättern klettert und in letzter Sekunde alles repariert, was den Heli in die Luft schnellen lässt, was Turbulenzen erzeugt, die einen wichtigen Edelstein aus einem Rucksack fallen lassen mitten hinein in die tobende Rhino-Horde, weswegen der Heli umdrehen und die Abenteurer nochmal gegen die Rhinos antreten müssen, was … naja, und so weiter und so weiter.

Wertung: 3 von 8 €uro
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