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Plakatmotiv: Indiana Jones und der Letzte Kreuzzug (1989)

Spielberg & Lucas kehren zu den
Wurzeln ihres Helden zurück

Titel Indiana Jones und der Letzte Kreuzzug
(Indiana Jones and the Last Crusade)
Drehbuch George Lucas & Menno Meyjes & Jeffrey Boam
mit Charakteren von George Lucas und Philip Kaufman
Regie Steven Spielberg, USA 1989
Darsteller

Harrison Ford, Sean Connery, Denholm Elliott, Alison Doody, John Rhys-Davies, Julian Glover, River Phoenix, Michael Byrne, Kevork Malikyan, Robert Eddison, Richard Young, Alexei Sayle, Paul Maxwell, Isla Blair, Pat Roach, Vernon Dobtcheff, J.J. Hardy, Bradley Gregg, Jeff O'Haco, Vince Deadrick Jr., Marc Miles u.a.

Genre Abenteuer, Action
Filmlänge 127 Minuten
Deutschlandstart
14. September 1989
Inhalt

Wir schreiben das Jahr 1938: Doktor Jones wird vom Mäzen eines Museums beauftragt, den Heiligen Gral und somit die wichtigste Reliquie der Christenheit zu finden. Jones' Einwand, es würde der falsche Jones gefragt werden, denn der eigentliche Experte sei sein Vater Henry, fördert nur die Erkenntnis zu Tage, dass Jones senior bereits die Spur aufgenommen hatte, mittlerweile aber verschwunden ist.

Nun ist des Doktors Jagdinstinkt geweckt. Besorgt um das Wohlergehen des Vaters und mit dem Museumskurator Marcus Brody im Gepäck tritt Jones eine Reise in die alte Welt an, um das zustande zu bringen, was die mittelalterlichen Kreuzzüge nicht geschafft hatten: den Kelch zu finden, der beim letzten Abendmahl gereicht worden war und das Blut Jesu am Kreuz aufgefangen hatte.

Erwartungsgemäß ist aber nicht nur der Doktor auf der Suche – auch die Schergen Hitlers wollen sich die sagenumwobenen Kräfte des Kelches sichern, verheißt er doch das ewige Leben …

Was zu sagen wäre

Wie hast Du herausgefunden, dass sie eine Nazi ist?“, fragt der Sohn den Vater, nachdem er erkannt hat, dass seine Geliebte ihn verraten hat. Der Vater antwortet: „Sie spricht im Schlaf.“ Und für die Jungs im Kinosaal, die etwas langsamer sind, gibt es noch ein Close Up vom verblüfften Gesichtsausdruck des Juniors. Der zweite Aufguss des Indiana-Jones-Franchise zieht die Familienkarte. Das hilft beim Spannungsaufbau. Schon Temple of Doom war ja ein ordentlicher Thrillride, aber, bis auf die erste Viertelstunde, ohne inhaltliche Überraschungen bei maximalem Ekelfaktor.

"The Last Crusade" ist visuell eher ein Remake des Originals: „Nazis … I hate these Guys“ stöhnt Indiana an einer Stelle. Und die wilde Jagd durch die Wüste, diesmal mit Panzern statt Lkw, gibt es auch wieder. Auch der ägyptische Freund Salah taucht wieder auf. Zwar ohne eigenen Zweck, aber Nice to meet You again. Dasselbe gilt für Marcus Brody, den freundlichen Museums-Kurator, der sich schon im ersten Film über Indiana Jones' Erfolge freute. Jetzt bewegt sich der Archäologie-Abenteurer also in familiär geprägten Kreisen – anders als in Temple of Doom, wo er von Karikaturen und Abziehbildern umringt war. Das menschliche Umfeld lässt mich mitfiebern, nervt mich auch mal. Es baut eine Welt um den Helden.

Der Opener ist sogar ein echter Blick in die Vergangenheit: Der junge Indiana Jones überrumpelt als Pfadfinder ein paar Grabplünderer und weil er überzeugt ist, dass das goldene Kreuz, dass die gerade klauen „in ein Museum gehört“, geht er dazwischen. Dabei entwickelt er nicht nur seine Angst vor Schlangen. Er findet auch seine zuverlässige Peitsche, mit der er sich die Narbe am Kinn holt; sein Hut ist sowas wie eine Auszeichnung durch den Plünderer, der den Ehrgeiz des Jungen respektiert, ihn am Plündern zu hindern. Auch erleben wir, dass sein Vater, selbst Archäologe, kein Ohr für seinen Sohn hat, der gerade – nach väterlichem Prinzip – alles richtig gemacht haben müsste. Da entdecke ich die Figur nachmal ganz neu.

Die Action ist die gleiche wie in dem geschmähten Temple of Doom. Also schon anders, neue Schauplätze, aber im selben Rhythmus. Auch "The Last Crusade" ist ein Film der Stuntleute und SFX-Künstler. Plakatmotiv: Indiana Jones und der Letzte Kreuzzug (1989) Nach dem an Eisenbahnüberfälle in alten Western erinnernden Opener „1912“ geht es nahtlos auf ein sturmumtostes Schiff, auf dem Indiana seine verlorene Jagd aus der Kindheit schmerzvoll, aber erfolgreich abschließt. Und in Nullkommanichts sind wir in uralten Grabstätten unterhalb Venedigs, wo wir uns Ratten und Feuersbrünsten erwehren müssen, worauf wir dann in einer wilden Boat Chase auf dem Canale Grande einem Killertrupp entkommen, nur um dann zu erkennen, dass die aktuelle Gespielin des Archäologen eine Nazi-Frau ist; mit Frauen hatte Indiana Jones in der Welt von George Lucas und Steven Spielberg noch nie nachhaltigen Erfolg.

Was den Wahnsinn all dieser Wahnsinns-Action erst schön macht, sind die menschelnden Eckpunkte. Indianas Vater taucht auf, zu dem der „Junior“ ein sehr gespanntes Verhältnis hat. Und dieser Vater, der Henry heißt, wie sein Sohn, nur ohne „jr.“ dahinter wird gespielt von jenem Mann, der im Kino einst die Romanfigur verkörperte, über deren Verfilmung Lucas und Spielberg Ende der 70er Jahre schwärmten, als sie auf der Suche nach etwas Vergleichbarem waren und Indiana Jones entwickelten: Sean Connery, the Number One James Bond (Presidio – 1988; Die Unbestechlichen – 1987; "Der Name der Rose" – 1986; Highlander – 1986; Camelot – Der Fluch des Goldenen Schwertes – 1984; James Bond 007 – Sag niemals nie – 1983; Flammen am Horizont – 1982; Outland – 1981; Robin und Marian – 1976; Der Mann, der König sein wollte – 1975; Die Uhr läuft ab – 1975; Mord im Orient-Express – 1974; James Bond 007 – Diamantenfieber – 1971; Marnie – 1964; Die Strohpuppe – 1964; James Bond 007 jagt Dr. No – 1962).

Der Mann, der James Bond war, gibt diesem Kino-Überflieger herrliche Erdung. In die Vaterrolle passt Connery heute auch besser, als in die Actionheldenrolle. Er, der als 007 in den 60er Jahren selbst keine haarsträubende Action an sich vorbei ließ, hat sich mit dem Alter Ironie angesammelt, um dieses Action-Image aus der Perspektive des gebildeten Alten Mannes zu kommentieren. Und natürlich verleiht der Vater-Sohn-Konflikt dem oberflächlichen Comic-Helden emotionale Tiefe.

In Temple of Doom herrschte schnell Leerlauf, wenn der Archäologe gerade nicht von Priestern, Frauen oder Zombies gejagt wurde. In "The Last crusade" wird immer dann, wenn der Archäologe gerade mal nicht von Nazis verfolgt, Grabräubern bekämpft oder von Kreuzrittern ausgebremst wird, eine Geschichte erzählt, menschelnde Anekdoten verbreitet, etwa, dass der Sohn mit derselben Frau ein Verhältnis hat, wie sein Vater. Und schon erhält auch die Action ein ganz anderes Gewicht.

Lucas und Spielberg haben den Abenteuer-Archäologen Ende der 70er Jahre ersonnen, weil sie einen Film machen wollten, wie jene, die sie in ihrer Jugend im Kino fesselten. In den 30er Jahren gab es diese Filme im Wochenrhythmus, schnell herunter gedreht mit Cliffhanger und dem Bangen um den Helden bis zur nächsten Vorstellung. Aber damals waren Lucas (*1944) und Spielberg (*1946) noch nicht geboren. Anfang der 60er waren sie aber alt genug fürs Kino. Es ist eine sehr gewagte These und ich kenne auch bei weitem nicht alle amerikanischen Abenteuerfilme aus den späten 50ern und frühen 60ern, aber ich kann nicht ausschließen, dass zumindest einem der beiden die deutsche Karl-May-Verfilmung Der Schatz im Silbersee (1962) aufgefallen ist. Hier wie dort ist der Schatz nur durch einen engen Canyon zu erreichen. Hier wie dort wird der Schatz von einem alten Mann – hier Ritter, dort Indianer – bewacht. Hier wie dort scheitern die Räuber an ihrer Gier. Vor diesem Hintergrund sieht auch der grandiose Ritt der Abenteurer in den finalen Sonnenuntergang aus wie eine Kopie aus dem ersten Winnetou-Film. Ist aber natürlich nur eine Vermutung.

Wertung: 8 von 10 D-Mark
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