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Kinoplakat (US): Good Kill
Beklemmendes Drama aus
der modernen Kriegsführung
Titel Good Kill
(Good Kill)
Drehbuch Andrew Niccol
Regie Andrew Niccol, USA 2014
Darsteller Ethan Hawke, Bruce Greenwood, January Jones, Zoë Kravitz, Jake Abel, Ryan Montano, Dylan Kenin, Stafford Douglas, Zion Rain Leyba, Sachie Capitani, Michael Sheets, Ross Shaw, Chakir Faiz u.a.
Genre Drama, Thriller
Filmlänge 102 Minuten
Deutschlandstart
9. Juni 2015 (DVD- & BluRay-Premiere)
Inhalt

US-Air-Force-Offizier Thomas Egan war einst Pilot mit großen Ambitionen. Heute verbringt er seinen beruflichen Alltag vor einem Computerbildschirm und entfacht per bequemen Knopfdruck Tod und Verderben tausende von Kilometern entfernt.

Das ist die Realität des modernen Krieges gegen den Terror, denn Thomas steuert Kampfdrohnen im Nahen Osten. Ein Job, der ihn nicht glücklich macht, schließlich will er lieber selbst in der Luft sein und einen Jet fliegen. Seine Frustration mündet immer öfter im Alkoholrausch und seine Frau Molly und seine Kinder sind in der ganzen Situation die wahren Leidtragenden.

Als Thomas im Auftrag des CIA ein fragwürdiges Ziel ausschalten soll, gerät er in einen schweren moralischen Konflikt, der ihn an seiner Mission zweifeln lässt …

Was zu sagen wäre

„Good Kill“ nennen es die Soldaten, wenn sie getötet haben, weit weg in einem anderen Land, per Joystick. Andrew Niccol kommt diesen Distanzkriegern ganz nah, wenn sie ihr Fadenkreuz auf dem Monitor justieren, Turbanträger identifizieren und abdrücken – „Einschlag in acht Sekunden“.

Niccol spielt mit Distanzen, sein Film wechselt von ganz nah auf ganz fern. CloseUps von lauernden Gesichtern und über Keyboards fliegenden Hände wechseln mit stillen Luftaufnahmen kleiner Wohnsiedlungen vor Las Vegas, wo ein Haus wie das andere aussieht, aber nur der Garten unseres Helden einen grünen Rasen hat. Nachbarn hat er wohl keine; der grüne Rasen, fein von Randsteinen eingefasst unterstreicht eine Künstlichkeit dieser Welt. Der Joystick-Killer pendelt zwischen der Einsamkeit am Monitor, der Einsamkeit mit Frau und zwei Kindern und der Einsamkeit im Cabrio mit Wodkaflasche. Um ihn herum Las Vegas, das künstliche Stadtgebilde für die einsamen Spieler an den Joysticks der Einarmigen Banditen.

„Das ist Realität“, sagt Bruce Greenwood in Großaufnahme (Flight – 2012; The Place Beyond the Pines – 2012; Super 8 – 2011; Barney's Version – 2010; Star Trek – 2009), während im Hintergrund stolz die US-Flagge leuchtet. Er spielt Lt. Colonel Jack Johns, Thommys Vorgesetzten, der gerade einer Rotte Neulinge den Unterschied zwischen den Joysticks drüben in der künstlichen Stadt Vegas und den Joysticks hier in dem Krieg ohne Schützengraben erläutert. „Wenn Sie hier feuern, geht jemand drauf. Das sind keine Pixel.“ Andrew Niccols Spiel mit der Nähe bringt uns nah an diesen Aspekt moderner Kriegsführung, von dem wir sonst eher mal in der Zeitung lesen, wenn sie wieder einen hochrangigen Talibanführer drüben in irgendeinem Land, das auf -stan endet, per Dohne weggebombt haben.

Ethan Hawke („Boyhood“ – 2014; Total Recall – 2012; Gesetz der Strasse - Brooklyn's Finest – 2009; „Das Ende – Assault on Precinct 13“ – 2005), soll, stellvertretend für den Zuschauer, die Zweifel in diesem Fadenkreuzkrieg durchspielen – und ist, neben manch plakativen Make-Love-Not-War-Pamphlet-Dialog, die Schwachstelle des Films. Sein Thommy ist mit der blonden January Jones verheiratet (Pakt der Rache – 2011; X-Men: Erste Entscheidung – 2011; Unknown Identity – 2011; „Mad Men“ – TV-Serie ab 2007; Tatsächlich … Liebe – 2003; The Glass House – 2001), die auf den klassischen Filmnamen Molly hört und andauernd in engen, knapp geschnittenen Kleidern um ihn her lächelt und die er trotzdem links liegen lässt. Klare Botschaft an das juvenile Playstation-Publikum: Wer so eine January Jones nicht anpacken will, muss ein Problem haben – manchmal liefert das Bildermedium Kino komplexe Botschaften ganz leicht: Dieser Major Thomas Egan ist die kastrierte Version von Tom Cruises Maverick aus Top Gun (1986).

Kinoplakat (US): Good Kill

Dieser Thomas Egan ist frustriert, das machen viele Gesten deutlich; es sind die groben Gesten aus dem TV-Serien-Katalog: einsame Fahrten im Cabrio, Frau-nicht-anfassen-wollen, Wodkaflasche. Was ihn indes frustriert, bleibt unscharf. Er beklagt sich, dass er nicht mehr fliegen darf, er beklagt sich nicht, dass er einen halben Erdball entfernt mutmaßliche Terroristen plus Kollateralschäden tot bombt. Erst, als er per Teleobjektiv an der fernen Drohne wiederholt Zeuge wird, wie ein Turbanträger eine Muslima in deren Vorgarten vergewaltigt, bekommt er Skrupel – denn gegen diesen Buh-Mann bekommt er keinen Abschussbefehl.

Um Egans Dilemma deutlich zu machen, wo es Ethan Hawke mit seinem einen, eher gelangweilten als desillusionierten Gesichtsausdruck sowie seiner geschriebenen Rolle nicht gelingt, wird Airman Vera Suarez eingeführt – eine Latina mit vollen Lippen und sinnlichen Augen, in denen Bewunderung für diesen verwelkten Top Gun glüht. Zoë Kravitz (Die Bestimmung – Divergent – 2014; „After Earth“ – 2013; X-Men: Erste Entscheidung – 2011) spielt sie als den moralischen Kompass des Stücks, der Trost im rechten Augenblick und eindeutige Angebote ins Blaue hinein spendet.

Auch das andere unabdingbare Funktionspersonal ist anwesend: der verständnisvoll zweifelnde Vorgesetzte, um zu zeigen, dass die Air Force kein Haufen kriegslüsterner Haudraufs ist; die zugewandte Ehefrau, um des Protagonisten Dilemma deutlich zu machen; die grob getuschten, röhrenden Dienstgrad-Soldaten, um die Gutherzigkeit des Protagonisten zu unterstreichen; die Wüste um die künstliche Stadt Las Vegas, die die Leere dieser Welt symbolisiert. Solche Funktions-Scharniere gehören in jedes Drama, aber in diesem fallen sie auf, weil lange nicht klar ist, welches Drama eigentlich erzählt wird – es ist ja kein Dokumentarfilm über das Drohnen-Bombing. Und als dann in der letzten halben Stunde Thommys Ehe Risse bekommt und Thommy noch den Turn zu einem Happy End hinbekommt und auch der böse Vergewaltiger im fernen -stan noch seine Hellfire abbekommt, da ist es an Plakativitäten fast zu viel.

Aber ich habe rund 80 Minuten gebannt zugesehen, was es bedeutet, wenn ein für die eigenen Leute sicherer Krieg geführt wird und, was so ein Krieg ohne Feindeinwirkung mit Menschen anrichtet. 

Wertung: 5 von 8 €uro
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