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Plakatmotiv: Der Profi (1981)

Ennio Morricone hebt Belmondo
aus der Action-Masse heraus

Titel Der Profi
(Le professionnel)
Drehbuch Jacques Audiard & Michel Audiard & Georges Lautner
nach dem Roman "Death of a Thin Skinned Animal" von Patrick Alexander
Regie Georges Lautner, Frankreich 1981
Darsteller

Jean-Paul Belmondo, Jean Desailly, Cyrielle Clair, Marie-Christine Descouard, Elisabeth Margoni, Jean-Louis Richard, Michel Beaune, Bernard-Pierre Donnadieu, Pierre Saintons, Gérard Darrieu, Sidiki Bakaba, Baaron, Robert Hossein, Dany Kogan, Marc Lamole u.a.

Genre Action, Thriller
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
8. Januar 1982
Inhalt

Der französische Geheimagent Joss Baumont wird in einen kleinen afrikanischen Staat geschickt, um dessen Präsident N'Jala zu exekutieren. Doch noch bevor Beaumont zuschlagen kann, ändert sich die politische Lage und seine Vorgesetzten liefern ihn den örtlichen Behörden aus.

Nach zwei Jahren gelingt ihm die Flucht. Nach Frankreich heimgekehrt, hält Beaumont noch immer an seinem Auftrag fest, den malagawischen Präsidenten zu töten – „War es gestern noch gut, ihn umzulegen, so ist es das heute noch“ – was er dem französischen Geheimdienst mittels eines verschlüsselten Telegramms mitteilt. Jener Präsident wird nämlich in den nächsten Tagen als Staatsgast in Frankreich verweilen.

Plakatmotiv: Der Profi (1981)Der französische Geheimdienst setzt nun alles daran, seinen früheren Agenten an der Ausführung seines Auftrages zu hindern. Insbesondere Rosen, ein so ehrgeiziger wie skrupelloser Kommissar und Chef einer rüden Sondereinheit, tut sich dabei hervor.

Doch sie haben wenig Chancen gegen den Profi

Was zu sagen wäre

Ein Mann kämpft allein gegen alle. Jean-Paul Belmondo wandelt hier in den großen Fußspuren französischer Vorbilder wie denen Alain Delons als Eiskalter Engel. Freilich ist die Stille, in der Delons Engel agiert, zeitgenössischem Lärm gewichen; mit Lust prügelt und schießt Belmondo seine Gegner aus dem Weg, nähert sich unter der Regie George Lautners US-amerikanischen Vorbildern wie Clint Eastwood, Charles Bronson oder Steve McQueen an. Belmondos Eiskalter Engel ist die französische Antwort auf den gebrochenen Helden den das US-Kino im Vietnamkrieg vermutet.

Der Vietnamkrieg der Amerikaner spielt in dieses kleine Drama hinein, das Versagen einer Regierung, die eigenen Soldaten in Sicherheit zu bringen, steht Pate für den politischen Hintergrund des Dramas. Die USA hatten ihr Vietnam, die Franzosen ihr Algerien und eine Kolonialpolitik, in der feindliche Potentaten zu freundlichen Potentaten werden, wenn die den Franzosen nur ein paar Kernkraftwerke abkaufen: „Unsere Leute haben N'Jalas Ministerium über die Gründe für Beaumonts Aufenthalt unterrichtet.“ „Sie haben ihn also verkauft!“ „Nein. Also nicht verkauft. Wir haben ihn … verschenkt! Aus Staatsraison sozusagen, sowas kommt ja hin und wieder mal vor.“ Zu dieser Art politischer Schmusigkeit gehören im Kino unbedingt arrogante Polizisten, die Wohnungen beschatten und wegen Langeweile alles falsch machen; die gibt es natürlich auch in Paris und Belmondo führt sie alle vor. Bis nur Rosen übrig bleibt, der Commissaire, der mit der Jagd auf Beaumont betraut ist, ein kalter, skrupelloser Bastard – gespielt von einem beeindruckend abscheulichen Robert Hossein (Der Coup – 1971; Ungezähmte Catherine – 1961).

Während Lautner und Belmondo also eine einigermaßen durchschnittliche Rachegeschichte mit Motiven aus Der eiskalte Engel verquicken, macht die Musik Ennio Morricones daraus die große Oper. Ähnlich wie in Morricones Durchbruch – Spiel mir das Lied vom Tod – wirkt auch "Der Profi" über seine Musik. Gilt Leones Western als Große Oper, dann, weil Morricone seine Musik abseits der spezifischen Szenen komponierte. Die Musik war fertig, als der Film noch gedreht wurde; Sergio Leone passte seine Montage der Musik an. So wirkt das auch bei Lautners Film. Erst Morricones Score macht den Film zur Ikone.

Belmondos katzengleiche Agilität bekommt unter Morricones Klang eine Eleganz, von der sein Ausbilder Picard schwärmt, Beaumont werde „uns immer einen Zug voraus sein, wird uns unmögliche Dinge vorsetzen, wird ununterbrochen improvisieren. Er wird uns nur im Kreis herumführen, er wird uns verrückt machen.Plakatmotiv: Der Profi (1981) Diese Schwärmerei ist die verbale Äquivalenz zu Morricones Musik, denn auch sie tut nichts anderes, als uns auf das Kommende emotional einzustimmen, ohne dafür großartig Drehbuchkniffe bemühen zu müssen – Picards Worte begleiten Beaumonts Rachefeldzug in unserem Kopf so verlässlich wie Morricones Musik – ohne dass wir im Zuschauersessel das Drehbuch hinterfragen würden; dass uns nebenher ein schwarzer Potentat vorgeführt wird, dem die pünktliche Zuführung seiner Nutte wichtiger scheint als sein Leben, ist der dramaturgischen Schwarz-Weiß-Zeichnung aller Charaktere geschuldet, unter denen N'Jala halt die Rolle des politischen Spielballs der französischen Kolonialpolitik zufällt, also keine eigene Agenda haben darf, im Film aber verantwortlich für zwei Jahre Folterhaft Beaumonts sein muss.

Mit den harten Haftbedingungen, den Drogen, unter deren Einfluss ihm öffentliche Geständnisse abgerungen werden, geht der Film los. Der Zuschauer bekommt also genug Empörungsmaterial, um im Folgenden jeden Racheakt, jede Selbstjustiz Beaumonts gegen den Staat gutzuheißen. „Die haben den Soldaten Kommandant Josselin Beaumont getötet, in einer miesen Falle abgeknallt. Sie hämmerten mir ein, dass N'Jala ein Stück Scheiße war, eine Ehre, ihn umzulegen. Damals hatte ich noch eigenartige Ansichten über die Ehre. Ich fand es riesig, so ehrlich und aufrichtig zu sein.“ Bei all der Schlechtigkeit, die der Staatsapparat da offenbart, erweist sich Joss Beaumont als einziger Vertrauter, der alle Agierenden und Zeuginnen sofort auf seine Seite holt. Der Film beruft sich auf ein Misstrauen gegen die staatlichen Organe, die wir aus Geschichten des US-Kinos begründet wissen, in Filmen wie "Zeuge einer Verschwörung" etwa, Die Unbestechlichen oder Drei Tage des Condor, in Europa am ehesten noch nach der SPIEGEL-Affaire Anfang der 60er Jahre oder im Deutschen Herbst in den 70ern kannten.

Unter der Regie von Philippe Labro hatte Jean-Paul Belmondo 1976 in Der Greifer schon einmal politische Einflüsse auf die Arbeit der Kriminalen thematisiert. Und ich darf voraussetzen, dass Jean-Paul Belmondo in einem Film, in dem sein Name auf dem Plakat größer erscheint, als der Filmtitel, ein gewisses Mitspracherecht bei der Erzählung hat. Insofern ist das zwar ein Georges-Lautner-Film, allerdings mit einem Hauptdarsteller, der sich … nun, sagen wir mal … einbringen will.

Picard sagt: „Wie ich Beaumont kenne, haben ihn die zwei Jahre erst richtig auf Touren gebracht. In Topform dürfte der jetzt sein. Wenn nicht wieder was dazwischen kommt, Herr Minister, wenn er nicht wieder von irgendeinem Politiker verkauft oder verschenkt wird, dann geht's rund! Und der Neger ist weg!!!!“ In dieser Szene verbeugt sich der Film rasch mal vor General Buck Turginson, der sich in Stanley Kubricks Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben in höchster atomarer Not über die präzise, zuverlässige Arbeit amerikanischer Atombomberstaffeln begeistert, die auch immer ins Ziel finden.

Wertung: 6 von 9 D-Mark
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