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Kinoplakat: Duell

Plymouth Valiant gegen Peterbild
Spielberg gegen das Establishment

Titel Duell
(Duel)
Drehbuch Richard Matheson
Regie Steven Spielberg, USA 1971
Darsteller

Dennis Weaver, Jacqueline Scott, Eddie Firestone, Lou Frizzell, Gene Dynarski, Lucille Benson, Tim Herbert, Charles Seel, Shirley O'Hara, Alexander Lockwood, Amy Douglass, Dick Whittington, Carey Loftin, Dale Van Sickel u.a.

Genre Thriller, Horror
Filmlänge 90 Minuten
Deutschlandstart
7. August 1973
Inhalt

Kinoplakat: DuellEin Mann fährt morgens im Auto los, um Geschäftliches zu erledigen. Er lässt daheim eine nörgelnde Ehefrau zurück. Ihn erwartet ein Gesprächspartner, der am nächsten Tag in Urlaub fährt und es eilig hat.
Alles scheint alltäglich. Bis auf den Lkw vielleicht..?

Auf seiner Tour wird der Geschäftsmann in seinem Auto von einem Lastwagen verfolgt, der ihn offensichtlich vernichten will: Er versperrt ihm die Fahrbahn und will ihn in den Abgrund drängen …

Was zu sagen wäre

Eben noch denkst Du an nichts Böses. Und im nächsten Moment steckst Du in der Scheiße. Diese Erkenntnis überfällt unseren Jedermann, der in Steven Spielbergs Filmdebut David Mann heißt, in einer Fernfahrerkneipe. Er ist unterwegs zu einem Kunden. Eigentlich. Scheint ein anstrengender Termin zu werden, das deutet sich einmal kurz an. Auch der Abend scheint anstrengend zu werden, die Mutter hat sich angesagt, die Ehefrau ist schlechter Laune. Und im Radio läuft der übliche Unsinn, Männer, die den Haushalt machen, während die Frau arbeiten geht und Geld verdient, die aber den Nachbarn den Haushaltsvorstand vorgaukeln müssen, gefangen in einer 25 Jahre andauernden Ehe, die schon nach einem halben Jahr die Hölle gewesen scheint; solche Probleme werden im Radio besprochen. Weltprobleme.

Und sie spielen alle von jetzt auf gleich keine Rolle mehr. Plötzlich bist Du mit Deinem Problem ganz alleine. Du hast doch nur einen Truck überholt. Der hat dann Dich wieder überholt. Und Dich ausgebremst? Und jetzt jagt Dich der Truck. Warum? Kein spezifischer Grund. Er jagt Dich. Spielberg zeigt exemplarisch, dass der Schrecken, der ohne Erklärung bleibt, der größere Schrecken ist. Es ist ein Horrorfilm. Im grellen Schein der kalifornischen Sonne. In dem ein schwarzer, rußender Truck das fauchende Monster ist. Und ein Handelsvertreter im roten Plymouth Valiant das zufällig Opfer. Hilfe ist nicht zu erwarten. Auch nicht bei den Menschen, die er unterwegs trifft. Wie soll man das erklären: Da ist ein Truck, der mich umbringen will? Spielberg greift hier gerne die Anregung des großen Alfred Hitchcock auf, der im Unsichtbaren Dritten gezeigt hat, dass es für Schrecken keine verwinkelten Treppenaufgänge, knarzende Türen und Dunkelheit braucht. Damals rannte Cary Grant in einem Maisfeld bei strahlendem Sonnenschein um sein Leben. Spielberg lässt einen Handelsvertreter um sein Leben fahren – damals gegen ein anonymes Flugzeug, heute ein anonymer Truck.

Kinoplakat: DuellAnfangs verfällt Spielbergs Protagonist immer noch mal wieder in gemächliches Tempo, bis der Truck plötzlich wieder auftaucht, der zwischenzeitlich zu einer Einbildung des Handelsvertreters geronnen schien. Spielberg bleibt da mit der hinter David Manns Plymouth Valiant angebrachten, nach hinten blickenden Kamera nah am Boden und lässt dann den schwarzen Peterbild-Truck auf die Kamera zufahren. Das verleiht dem Bild ohne irgendwelche teuren Sperenzchen große Dynamik. Häufige Schnitte erhöhen das Tempo, die Blickwinkel wechseln rasend. Exzessiver Einsatz des Teleobjektivs verengt das Blickfeld, lässt den Truck hinter dem Plymouth gigantisch erscheinen. Spielberg inszeniert sehr effizient. Gesprochen wird nicht viel.

Als es losgeht, sitzen wir mit der Kamera noch auf der Stoßstange des Plymouth, schauen dem Verkehr beim fließen zu, verlassen die Straßen der Vorstadt, rollen durch eine anonyme Stadt. Dann werden die Stra0ßen einsamer, leerer. Im Radio der erwähnte Mix aus Nachrichten, Wetter und Männern mit Ego-Problemen. Spielberg hat die Dialogzeilen auf knapp 40 reduziert, und auch die hat er nur auf Anraten der Produzenten stehen gelassen. Er selbst hätte am liebsten ganz ohne Dialog gedreht.

Zu reden gibt es in der Tat nicht viel. Mit einem Lkw lässt sich schwer argumentieren. Und vom Fahrer sehen wir mal den linken Arm, mal die rechte Hand oder seine Boots. Dass er böse Absichten hegt, ist klar, als er auf einer engen Serpentine den Handelsvertreter erstmals signalisiert, ihn zu überholen, just, als ein Auto entgegenkommt. Der Fahrer bleibt ohne Gesicht. Er personifiziert sozusagen die anonyme Arbeiterschaft, die an rußigen, stickigen Arbeitsplätzen die Bosse vorbei lassen soll und sich jetzt erhebt gegen das Kapital, das ein blaues Hemd trägt und ein schickes Auto fährt – und sich einmal wundert, wieso der Diesel getriebene Lkw „so schnell“ fahren kann. Wie kann das sein? Dass der Arbeiter schneller ist als der Boss?

"Duel" war die Eintrittskarte für Steven Spielberg an die großen Fleischtöpfe der Universal-Studios. Im Grunde ist Spielberg der Plymouth-Fahrer, der die Studio-Gewaltigen mit simplem Handwerk überrollt und von seinem Gespür für Timing überzeugt. Spätere Spielberg-Filme sind runder, handwerklich sauberer – aber hier dreht Spielberg um sein Lebe. Ein wildes Meisterwerk.

Nachdem er seine handwerklichen Grundkenntnisse durch Arbeiten an verschiedenen Serien, "Columbo" etwa, verfeinert hatte, wurde die Lkw-Jagd sein erster Feature-Film.

Wertung: 8 von 8 D-Mark
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