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Kinoplakat: Die unglaubliche Geschichte des Mr. C

Eine große Philosophie über
eine ungewöhnliche Reise

Titel Die unglaubliche Geschichte des Mr. C
(The Incredible Shrinking Man)
Drehbuch Richard Matheson
nach seinem gleichnamigen Roman
Regie Jack Arnold, USA 1957
Darsteller
Grant Williams, Randy Stuart, April Kent, Paul Langton, Raymond Bailey, William Schallert, Frank J. Scannell, Helene Marshall, Diana Darrin, Billy Curtis, Lock Martin u.a.
Genre Science Fiction
Filmlänge 81 Minuten
Deutschlandstart
31. Mai 1957
Inhalt

Scott Carey unternimmt mit seiner Frau Louise einen Bootsausflug. Während sie unter Deck weilt, durchfährt das Boot eine seltsame Wolke. Kurze Zeit später fällt Scott auf, dass Veränderungen an ihm vorgehen: Er beginnt langsam zu schrumpfen, seine Kleidung passt nicht mehr. Die konsultierten Ärzte sind ratlos, Scotts Perspektive hoffnungslos.

Kinoplakat (US): The incredible shrinking ManZu der Größe eines Kindes geschrumpft, wird er zu einer nationalen Kuriosität. Mit seiner Statur schrumpft sein Selbstbewusstsein und seine emotionale Ausgeglichenheit, welches sich in Spannungen in seiner Ehe verdeutlicht. Seines Berufs unfähig, schreibt Scott an seiner Autobiographie, während sein Haus von Reportern belagert wird. Nur kurz kann eine kleinwüchsige Frau ihm neuen Lebensmut einflößen.

Kaum größer als ein Spielzeug, baut er sich ein Puppenhaus. Mit seiner Frau kann er nur noch schreiend kommunizieren und verfällt zunehmend in Agonie. Als Louise eines Tages unachtsam das Haus verlässt, kommt es zu einer für Scott fast tödlichen Verfolgung durch die Hauskatze.

Auf der Flucht vor dem Tier stürzt er die Kellertreppe hinab und bleibt für seine Frau fortan verschollen, da sie vermutet, dass er von der Katze getötet worden ist …

Was zu sagen wäre

Und so lange wir unsere Ringe tragen, gehören wir zusammen!“, tröstet die Gattin ihren verzweifelten Mann. In dem Moment rutscht dem Gatten der Ehering vom kleiner gewordenen Finger. In der folgenden Szene hat Scott schon Schulden und sitzt in einem überdimensionalen Sessel. Es ist klar: Die geheimnisvollen Hintergründe des Schrumpfungsprozesses und deren Umkehrbarkeit sind nicht das Thema des Films.

Kinoplakat (US): The incredible shrinking ManDie zentrale Bedrohung in diesem Film ist eine gewöhnliche Hausspinne, die in ihrer Gigantomanie aussieht, wie eine Tarantel. Jack Arnold (Der Schrecken vom Amazonas – 1954) hat wahrscheinlich gerne auf Elemente zurückgegriffen, die er in Tarantula zwei Jahre vorher ausprobiert hatte (1955). Der Mann, der wie kein Zweiter den Schrecken der Wissenschaft bebildern konnte, traute dann offenbar seinem Script nicht ganz – die Spinne taucht enervierend plakativ auf und gerät zum Schluss noch zum Antagonisten des menschlichen Überlebenswillens. Um diesen geht es Jack Arnold eigentlich. Und dazu nutzt er alles, was die moderne Tricktechnik hergibt; das ist schon atemberaubend, wie Grant Williams hier gegen Wassertropfen, Spinnen, Mausefallen und klebrige Farbreste ankämpft.

Der Film feiert die menschliche Neugier, den Pioniergeist, das Selbstbewusstsein, zu Recht an der Spitze der Nahrungskette zu existieren. Alles, was dem schrumpfenden Scott widerfährt, bestärkt diesen nur, sich zur Wehr zu setzen und so kommt Jack Arnold auch mit einem Minimum an Dialog aus, dafür mit umso mehr Musik. Dieser shrinking Man ist nichts anderes, als die Cowboys 50 Jahre früher – er erschließt neues Land, das es zu besiedeln gilt und tut das, wie viele Generationen vor ihm – unerschrocken. So weit, so gut.

Auf einer Metaebene diskutiert Jack Arnold mit seinem Autor Richard Matheson das gewandelte Selbstverständnis des modernen Mannes. Der schrumpfende Held gelangt zu einem neuen Selbstverständnis, das nichts gemein hat mit dem langweiligen Leben des all american boy. Seine Familie ist nicht mehr Hort der Harmonie und Kontinuität: Seine zunehmende Impotenz gegenüber Louise, die ihn mehr als Sohn, denn als (Ehe-)Mann betrachtet, findet ihren Widerhall in der Bedrohung durch Katze und Spinne. Zu Beginn geriert sich Scott als Patriarch, den seine Frau allerdings schon in der Eröffnungsszene eher belächelt, nicht bereit, sich ohne Gegenleistung zu fügen.

Je kleiner Scott wird, desto größer wird das Matriarchat aus Louise-Katze-Spinne, desto größer wird die Bedrohung seiner Existenz, die für die ihm gewohnte Gesellschaft nur noch als Lachnummer oder Forschungsobjekt herhalten muss. Erst als Scott sich seiner Befähigung bewusst wird, verlässt er sein Haus und schreitet als Pionier in eine neue Zukunft, die nun mehr als je zuvor hoffnungsvoll und prophetisch vor ihm liegt.

Der Film macht überraschend bald deutlich, dass es ein Zurück zur blonden Frau am Herd und dem alten Leben nicht geben wird; statt dessen nimmt der schrumpfende Pionier den Kampf auf, geht mit zurecht gebogenen Nadeln gegen die Indianer, die hier als Spinne verkleidet sind, vor und stellt sich mutig der unknown frontier, die er nun überschreiten muss.

Darin findet der Film seine ganze Größe. Ein Meisterwerk!

Wertung: 7 von 7 D-Mark
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