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Kinoplakat: Contagion

Ein Viren-Thriller als Dokumentation
Sehr spannend, sehr ruhig, sehr tödlich

Titel Contagion
(Contagion)
Drehbuch Scott Z. Burns
Regie Steven Soderbergh, USA, Vereinigte Arabische Emirate 2011
Darsteller

Marion Cotillard, Matt Damon, Laurence Fishburne, Jude Law, Gwyneth Paltrow, Kate Winslet, Bryan Cranston, Jennifer Ehle, Elliott Gould, Chin Han, John Hawkes, Anna Jacoby-Heron, Josie Ho, Sanaa Lathan u.a.

Genre Drama
Filmlänge 106 Minuten
Deutschlandstart
20. Oktober 2011
Inhalt

Plötzlich gibt es Anzeichen. Erkrankungen in Minnesota, Todesfälle in Kowloon, Vorfälle in Hongkong. Ein Virus – neu, tödlich, unbekannt. Thomas Emhoffs zweite Ehefrau Beth fällt ihm zum Opfer, sie ist gerade zurück von einer Dienstreise nach Asien. Wenige Stunden später ist auch Sohn Clark tot. Thomas wird in Quarantäne genommen, erweist sich aber als immun. Seine Tochter aus erster Ehe war nicht im Haus, als ihre Stiefmutter ankam und erkrankt deshalb nicht. Es ist nicht klar, ob Thomas' Immunität an seine Tochter vererbt wurde.

Als die Epidemie ausbricht, begibt sich die weltweite medizinische Gemeinde auf die Suche nach einem Heilmittel. In Atlanta treffen sich Mitarbeiter des Department of Homeland Security mit Dr. Ellis Cheever vom CDC (Centers for Disease Control and Prevention), weil sie einen Biowaffenanschlag über das Thanksgiving-Wochenende befürchten. Cheever beauftragt Dr. Erin Mears damit, die Ausbreitungshistorie des Erregers zu ermitteln und die Kontaktpersonen festzustellen. Nebenbei haben die Mediziner die Kontrolle der zunehmenden Panik zur Aufgabe, die sich schneller als das Virus selbst verbreitet. Alan Krumwiede versucht die Besucherzahlen seines Blogs zu steigern, indem er das unwirksame homöopathische Präparat „Forsythia” als Heilmittel benennt.

Als das Virus schließlich weltweit ausbricht, versuchen gewöhnliche Menschen den Kampf ums Überleben aufzunehmen. Währenddessen rückt der Zerfall des Gemeinwesens immer näher. Geschäfte und Häuser werden geplündert. Dr. Mears infiziert sich und stirbt. Inzwischen gelingt es, das Virus zu isolieren, zu analysieren und sogar nachzuzüchten. Dabei zeigt sich, dass das Virus Sequenzen des Erbguts von Schweine- und von Fledermausviren beinhaltet.

Kinoplakat: ContagionDamit ist der Weg beschritten, um einen Impfstoff herzustellen. Die Mengen reichen jedoch nicht aus, um schnell eine große Anzahl von Menschen zu impfen. So kommt es überall auf der Welt zu Entführungen und Erpressungen, um eher an Impfstoff zu gelangen. In den USA werden die Impftermine mit einer Tombola verlost …

Was zu sagen wäre

Ein schicker Thriller, der die Spannung aus der Ungewissheit zieht. Keine Thrill-Moments à la Katze-springt-hinter-Schrank-hervor. Der Film verzichtet auf die klassische Dramastruktur – keine Helden, keine Schurken. Scheinbar wahllos montiert Steven Soderbergh Szenen aneinander, die erst langsam ihren Sinn enthüllen – das ist die filmische Umsetzung der Prämisse, wonach das Virus immer schneller ist als die Forschung dagegen.

Spannende Durcheinander-Struktur

Steven Soderberghs Thriller steht in Gegensatz zu einem der großen Viren-Thriller der 1990er Jahre: Outbreak (1995) – hier hatte Wolfgang Petersen die Struktur eines Actionthrillers gewählt und spannendes, kritisches, ja: informatives Nägelbeißer-Kino inszeniert. Soderbergh ("Der Informant!" – 2009; "Che" – 2008; "The Good German" – 2006; Solaris – 2002; "Voll frontal" – 2002; Ocean's Eleven – 2001; Traffic – Die Macht des Kartells – 2000; Erin Brockovich – 2000; Out of Sight – 1998) geht den Robert-Wise-Weg, der 1971 mit The Andromeda Strain mit einer Art inszenierte Dokumentation die Mutter aller Infektionsfilme vorlegte: Der Zuschauer erfährt so dies und das, aber nicht chronologisch und damit kann er sein Wissen auch nicht einordnen – ist also auch nicht schlauer als im Ernstfall, wenn ein Virus über die Menschheit hereinbräche; die Schweinegrippe etwa, oder H2N1, welche die Welt wochenlang in Atem hielten.

Beispielhaft für die Ratlosigkeit aller an unterschiedlichen Plätzen Beteiligten steht die Szene, in der Matt Damons Figur Thomas Emhoff erfährt, dass seine Frau gestorben ist: Der Arzt erklärt umständlich, dass man manchmal einfach vor einem Rätsel stehe und Dinge manchmal einfach geschehen und man manchmal einen Menschen einfach nicht retten könne und dass es ihm sehr leid tue und Damon nickt die ganze Zeit verständnisvoll und fragt dann ungeduldig, ob er jetzt mit seiner Frau sprechen könne. Er ist nicht vorbereitet. Niemand ist vorbereitet auf das, was geschieht.

Soundtrack hält die Puzzleteile zusammen

Cliff Martinez' ruhiger, elektronischer Soundtrack hält die Einzelteile des Films zusammen, verbindet Storyelemente und verstummt zwischenzeitlich wieder, unterstreicht in seiner lediglich unterschwelligen Bedrohung die ratlose Krise, die über Mensch und Gesellschaft hereinbricht. Zum klirrenden Realismus gehört neben den Plünderungen und den amoralischen Seiten, die der Mensch unter möglicher Lebensgefahr sofort hervorbringt, dass sehr schnell die Krankenschwestern streiken, aus Angst, sich anzustecken und weil keiner wirklich etwas weiß.

Ebenso schnell wie das Virus verbreitet sich dann das Gerücht, dass da was im Argen liegt … der Zusammenbruch der Gesellschaft, der öffentlichen Ordnung steht bevor. Irgendwann steht die Frage im Raum, was das für eine Gesellschaft sein wird, in der wir leben wollen, aber nicht küssen, nicht lieben dürfen, aus Angst, uns anzustecken. Und der Erzählton ist weiterhin ruhig, dokumentarisch, ohne jedes Gewese, ohne Effekthascherei. Sehr spannend, sehr beunruhigend.

Und den Soundtrack habe ich mir sofort gekauft.

Wertung: 7 von 7 €uro
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