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Plakatmotiv: Honkytonk Man (1982)
Ein berührendes Road-Movie, das man
Clint Eastwood gar nicht zugetraut hat
Titel Honkytonk Man
(Honkytonk Man)
Drehbuch Clancy Carlile
nach seinem gleichnamigen Roman
Regie Clint Eastwood, USA 1982
Darsteller Clint Eastwood, Kyle Eastwood, John McIntire, Alexa Kenin, Verna Bloom, Matt Clark, Barry Corbin, Jerry Hardin, Tim Thomerson, Macon McCalman, Joe Regalbuto, Gary Grubbs, Rebecca Clemons, Johnny Gimble, Linda Hopkins u.a.
Genre Drama, Komödie
Filmlänge 122 Minuten
Deutschlandstart
27. Februar 1986
Inhalt

Die USA während der Großen Depression. Red Stovall träumt von einer großen Karriere als Country-Sänger. Bisher trat er in kleinen Bars oder als Begleitmusiker für Bluesbands auf. Einen Erfolg konnte er als Komponist bereits für sich verbuchen, da der bekannte Musiker Bob Wills eins seiner Lieder aufnahm. Während Stovall seine Schwester und ihre Familie besucht, freundet er sich mit seinem kleinen Neffen Whit an. Schließlich reisen die beiden mit Whits Großvater nach Nashville, wo Red in der Grand Ole Opry zum Vorsingen eingeladen wurde. Das Geld für die Reise wird durch Auftritte in Bars finanziert, aber auch durch einen Hühnerdiebstahl bei dem Red von der Polizei erwischt und verhaftet wird. Whit befreit ihn aus dem Gefängnis indem er, inspiriert durch einen Westernfilm, die Gitter des Fensters mit dem Auto und einem Seil aus der Wand reißt.

Ebenfalls versucht Red bei dem zwielichtigen Arnspringer alte Schulden einzutreiben. Mit dem erhaltenen Geld können sie die Reise fortsetzen. Unbemerkt hat sich das bei Arnspringer lebende Mädchen Marlene mit ins Auto geschlichen um zu fliehen. Bei einer Polizeikontrolle wird das Mädchen durch den Polizisten im Kofferraum entdeckt. Red kann sich nur mit Mühe erklären, und Marlene reist nun ungewollt erst einmal mit. Bei einem Autodefekt und dem damit verbundenen mehrtägigen Werkstattaufenthalt trennen sich die Reisenden: Der Großvater reist auf eigene Faust weiter nach Kalifornien, Red fährt mit dem Bus nach Nashville, Whit folgt einige Tage später mit dem reparierten Auto. Das Mädchen Marlene wird von Whit auf Anweisung seines Onkels vergessen.

Während der Reise verschlechtert sich der Zustand des an Tuberkulose erkrankten Stovall. Aufgrund eines Hustenanfalls muss Stovall sogar das Vorsingen in der Grand Ole Opry, eigentliches Ziel seiner Reise abbrechen, sein großer Traum, berühmt zu werden, scheint zerplatzt …

Was zu sagen wäre

Der Titel ist ein Betrug zugunsten des Kinogängers: Diese vermeintliche Männergeschichte über Männer, die in Spelunken („Honkytonk“) um ihre Existenz singen, ist tatsächlich eine Coming-of-Age-Geschichte – der „Honkytonk Man“ erweist sich als Song, der Reds letzter sein wird. Dieser Film, in dem viel mehr Eastwoods Leidenschaft aufscheint, mag erklären, warum er gerade erst seiner vergangenen Leidenschaft, dem Kommunisten-Bashing, mit Firefox nachgegeben hat; womöglich hat ihn das Studio gedrängt, erst einen Film zu machen, den das Publikum von ihm erwartet, also kommerzielle Action und knurrige Männlichkeit, und dann würde man auch in diesen Film über einen Countrysänger investieren, den niemand erwartet, schon gar nicht von Clint Eastwood, obwohl ein mindestens ebenso leidenschaftlicher Musiker ist wie er Filmemacher ist. So könnte es gewesen sein. Eastwood erzählt großes Americana als Roadmovie mit Initiationsriten und komplexen Gesellschaftspanorama aus der Perspektive eines Jungen. Das macht den Film umso schöner, melancholischer als aus Eastwoods Generations-Perspektive („wie es damals war“).

Eastwood hängt sich weit aus dem Fenster für seine Leidenschaft. Und Bruce Surtees liefert alles, was er kann – großartige Bilder in satten Farben, landschaftliche Tiefe, Sänger, deren Furchen von den entbehrungen erzählen, denen sie ausgesetzt sind. Eatwoods Haus- und Hof-Kameramann malt die Bilder dieses Roadmovies romantisch und nostalgisch. Der erste in der Sonne glänzende Gegenstand, den Eastwood in diesen Bildern voller Staub und Dreck zulässt, ist eine Gitarre, die Waffe des hoffnungslos Begabten. Nach dem desolaten Firefox ist dies hier der größtmögliche Kontrast(film). sein Red Stovall unterscheidet sich diametral von seinen früheren Filmfiguren, aiußer in seiner Ablehnung, was feste Beziehungen angeht – Ehefrauen sind für ihn Synonym nörgelnder, das Trinken verbietender Wesen, die für mehr als eine gemeinsame Ncht nicnt taugen; bis auf die Eine, die es da einst gab.

Eastwood zeichnet ein mitreißendes Porträt der Menschen dieser Zeit. Damals konnten die Menschen keine Pläne machen. Damals lebten sie von der Hand in den Mund, von Gelegenheiten zu Gelegenheiten. Reds Schwester kann sich allerlei für ihren Sohn vorstellen, kann selbst aber keine Alternativen aufzeigen, also lässt sie ihren Sohn mit dem todkranken Red ziehen, hoffend, er werde vielleicht seinen Onkel ins Krankenhaus schaffen, wenn es schlimm wird. Und dazwischen singt Eastwood seine Songs. Aus dieser Melange wird ein berührender Film über Träume und zerplatzte Hoffnungen in einer Zeit, die rundherum Scheiße war. Am Ende geht es allein darum, einen guten Song abzuliefern. Da überlagert der Traum dann sehr die Realität des harten Brots, das sich gerade noch darin manifestiert, dass wir nicht wissen, was aus Whit und Marlene werden wird.

Wertung: 7 von 9 D-Mark
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