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Plakatmotiv: Blade II (2002)

Nur, weil Comics in Bildern erzählen,
sind sie noch keine gute Kinovorlage

Titel Blade II
(Blade II)
Drehbuch David S. Goyer
nach Figuren aus den MARVEL-Comics von Marv Wolfman und Gene Colan
Regie Guillermo del Toro, USA, Deutschland 2002
Darsteller

Wesley Snipes, Kris Kristofferson, Norman Reedus, Leonor Varela, Ron Perlman, Luke Goss, Daz Crawford, Matt Schulze, Donnie Yen, Karel Roden, Danny John-Jules, Rey-Phillip Santos, Pete Lee-Wilson, Tony Curran, Marit Velle Kile, Thomas Kretschmann, Bridge Markland, Santiago Segura, Marek Vasut u.a.

Genre Comic-Verfilmung
Filmlänge 117 Minuten
Deutschlandstart
2. Mai 2002
Inhalt

Blade sucht seinen Mentor Whistler, den Vampire vor zwei Jahren entführt und für immer zerstört haben. Er findet ihn, halbtot und als Vampir zu ewigem Leben verdammt, in den unterirdischen Gemäuern seiner Feinde – die freilich mittlerweile zu Asche zerfallen sind, nachdem Blade kurz reinen Tisch gemacht hat.

Es gelingt Blade, Whistler mittels eines Serums sein menschliches Leben wiederzugeben und das ist gut, denn kaum sieht sein Mentor wieder ungefährdet in die Sonne, als zwei ausgesprochen kampferprobte Vampire das geheime Labor stürmen, in dem Blade und Whistler ihre Vampirjagden planen und vorbereiten. Aber die Vampire brechen den Kampf ab und bitten Blade um Hilfe, denn ein neuer Feind ist aufgetaucht, der in seiner Boshaftigkeit alles Dagewesene in den Schatten stellt; ein neuer Super-Vampir, der sich vorgenommen hat, Menschen und Vampire vom Erdboden zu vertilgen: Der Reaper.

Blade geht auf den Deal ein und wird in das Allerheiligste der Vampire geführt, um dort das Kommando über eine Elitetruppe zu übernehmen, die einst ausgebildet wurde, den „Daywalker” – Blade – zu vernichten. Mit ihnen soll Blade den Reaper und seine Nachkommen jagen und vernichten. Dass der Oberste Vampir eigene Pläne verfolgt, von denen nicht mal sein Elitetrupp, geschweige denn Blade und Whistler etwas ahnen, führt zu manch blutiger Überraschung …

Was zu sagen wäre

Ein Film der Marke "Kino, das der Mensch nicht braucht". Das Drehbuch scheint mehr aus Anweisungen zu bestehen, auf welche Weise ein jeder Vampir zu zerschnippeln ist, denn aus einem Handlungsfaden. Alle Körperflächen, die keine natürliche Öffnung aufweisen, werden in diesem Film einem scharfen Gegenstand ausgeliefert – es glibbert, es schmatzt, es spritzt, dass man nach 20 Minuten nur noch da sitzt und sich dem leeren Geschehen ergibt.

An diesem Film kann man schön sehen, warum es gar nicht so einfach ist, einen Comic für die Leinwand zu adaptieren. Was sich auf den knapp 20 Seiten eines Heftchens okay anfühlt, schrumpft im Bigger-than-Life-Medium leicht zu einem blutenden Furz. Das geht schon damit los, dass Whistler wieder aufsteht. Der ja eigentlich tot ist. Whistler hatte sich ja, nachdem die Vampire ihn gebissen hatten, im Vorgänger fachgerecht erschossen – jedenfalls konnte man von fachgerecht erschossen ausgehen, nachdem der Mann quasi sein Leben lang Vampire gejagt hat; eine Art neuzeitlicher Dr. van Helsing mit schlohweißem Wallehaar. Aber dann hat er doch überdauert, ist doch zum Vampir geworden und kann aber, oh Glückes Geschick, mit einem Serum wieder zum Menschen gemacht werden. Toll! Im Vorgängerfilm hatte dieses Serum die toughe und clevere Labormedizinerin erfunden, die damit bei sich selbst verhindern konnte, zum Vampir zu werden; aber die war auch eben erst gebissen worden. Whistler wurde jetzt zwei Jahre – sagt der Film – gefoltert, malträtiert und von den Vampiren als Haustier-Vampir gehalten. Und es reicht ein Spritzer des Serums, und Whistler ist zurück. Das heißt, eigentlich könnten Blade und Whistler nun drangehen und zumindest die gewandelte Vampirpopulation wieder zu Menschen zu machen; mit den reinblütigen Vampiren hätten sie dann ja noch genug zu tun. Aber das passiert natürlich nicht, Vampire mit Injektionsnadeln zu bekämpfen ist im Action-Horror-Genre nicht sexy. Statt dessen fliegen die Fäuste, sirren die Klingen, zischen die Silberkugeln.

Die toughe und clevere Labormedizinerin aus Teil 1 ist übrigens aus dem Leben des Daywalkers verschwunden. Dafür ist der Whistler ja wieder da, den Kris Kristofferson als knurrigen, Sprüche machenden Nicht-tot-zu-Kriegenden mit links spielt. Kristofferson legt schon länger keinen Wert mehr darauf, in einem Film mit differenziertem Schauspiel zu überzeugen und die Filmproduzenten freuen sich über die einfache, aber effektive Typenbesetzung. Knurrige Schläger kann Kristofferson gut (D-Tox – Im Auge der Angst – 2002; Planet der Affen – 2001; Payback – Zahltag – 1999; Blade – 1998; Heaven's Gate – 1980; Convoy – 1978; A Star is born – 1976; Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia – 1974; Pat Garrett jagt Billy the Kid – 1973).

Für die toughe Labormedizinerin springt jetzt Nyssa in die Bresche, Vampirin, Tochter eines oberen Vampirfürsten und eigentlich mit ihrem Team, dem Bloodpack, darauf trainiert, Blade, den gefürchteten Daywalker, zu töten. Dieses Bloodpack ist ein angemessen wild aussehender Haufen, dessen Wortführer Blade mit ein paar Sprüchen und Kampfakrobatik so schnell außer Gefecht setzt, dass wir uns einerseits an Genitalvergleiche im Sandkasten erinnert fühlen und andererseits fragen, was Vampire eigentlich lernen, wenn sie zwei Jahre nur darauf trainiert werden, einen bestimmten Mann zu töten – wenn der sie dann so leicht ausschalten kann. Ausgerechnet der Daywalker soll nun helfen, noch finsterere Vampire auszuschalten, die "Reaper" genannt werden. Die ernähren sich auch von Vampirblut. Und die Vampire verwandeln sich dann in Reaper. Aber dann stellt sich alles als großer Fake heraus, alles ist ganz anders, und der Daywalker und die Vampirin können sowas, wie ein aufkeimendes Liebespaar spielen, das im Finale verliebt einen letzten gemeinsamen Gang in den Sonnenaufgang antritt.

Das ist eine klassische Heftchengeschichte, die dort gut funktioniert. Gene Colan, der Zeichner, der Blade, den Daywalker, entworfen hat, hat ein Händchen für Comicbilder, in denen Schwarz und Rot die dominanten Farbtöne sind. Im Kinosessel vor der großen Leinwand fallen einem all die Löcher in der Handlung auf, wie albern manche überraschende Wendung ist, wie wenig interessant eigentlich jede einzelne der Figuren ist, denen wir da zuschauen, wie sie in der Kanalisation Prags Reader jagen. Wesley Snipes immerhin kann sich austoben (The Art of War – 2000; Blade – 1998; Auf der Jagd – 1998; Mord im Weißen Haus – 1997; The Fan – 1996; Money Train – 1995; Drop Zone – 1994; Demolition Man – 1993; Die Wiege der Sonne – 1993; Passagier 57 – 1992; "Weiße Jungs bringen's nicht" – 1992; "New Jack City" – 1991). Schauspiel ist, wie bei Kristofferson, nicht gefordert. Snipes kann filmgerecht prügeln und sieht cool aus, wenn auch nicht in der Szene, als er seinem Auto allen Ernstes ein Küsschen zuwirft. Sein neuer Regisseur, Guillermo del Toro (Mimic – Angriff der Killerinsekten – 1997), lässt die Kamera um die choreographierten Prügelszenen kreiseln und tanzen, dass das in den besten Momenten tatsächlich an Ballett gemahnt.

Aber spannend ist das alles nicht. Auch nicht erschreckend im Sinne eines Horrorfilms, immerhin haben wir es mit Vampiren und Vampirvampiren im Dunklen zu tun. Die zunehmend eingesetzte digitale Bildtechnik lässt zwar vieles möglich werden, sieht aber eben, das haben wir schon in Blade mit den platzenden Vampiren gesehen, auch aus wie ein digitaler Bildeffekt und nicht wie – beispielsweise – ein der Länge nach durchtrennter Mensch. Beim Abspann bleibt die akademische Erkenntnis, dass Comic und Kino im Eskapismus viel gemein haben, in der Dramaturgie aber Universen voneinander entfernt sind.

Wertung: 1 von 6 €uro
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