Oswald Copplepot war – abstoßend hässlich – von seinen Eltern verstoßen worden. Der Korb mit dem Säugling darin landete in der Kanalisation von Gotham City, wo er von Pinguinen gefunden, gepflegt und aufgezogen wurde.
Heute, 35 Jahre später, hat Copplepot alles Menschliche abgelegt. Aus Chester Copplepot wurde in 35 Jahren der "Pinguin", einer der größten Schurken unserer Zeit! Selina Kyle war Sekretärin des Immobilienhais Max Shreck, bis der sie aus dem Fenster warf, weil sie ihm auf seine kriminellen Schliche gekommen war. Katzen retteten sie. Aus Selina Kyle, enttäuscht von den Männern im allgemeinen und ihrem Ex-Boss im besonderen, wird … die "Katze". Beide, "Pinguin" und "Katze", verbünden sich, um Gotham unter sich aufzuteilen.
Da breitet sich der Schatten der Fledermaus schützend über die Straßenschluchten …
Es ist Weihnachten in Gotham City. Das begüterte Ehepaar Copplepot wirft seinen missgebildeten Sohn in die Kanalisation. Was soll man machen? Es hat gerade die hauseigene Perserkatze in seinen Käfig gezerrt und verschlungen. Tim Burton hat hoch gepokert und die Warner Bros.-Verantwortlichen in die Knie gezwungen. Die wollten unbedingt eine Fortsetzung ihres Überraschungshits Batman (1989) haben, aber Burton hatte keine Lust mehr, fand den ersten Film misslungen und forderte völlige künstlerische Freiheit und den Final Cut. Beides hat er bekommen und jetzt sieht Gotham City sogar an Weihnachten, wenn der große Baum vor dem Rathaus illuminiert ist, aus wie die böse Schwester der Stadt aus Burtons erstem Batman-Film.
Danny DeVito behält dem Scheusal seine Würde
"Batmans Rückkehr" ist ein künstlicher Film. Nichts an ihm ist real. Setdesign, Autos, Tiere, Körper – alles ist in Werkstätten gefertigt. So, wie Zeichnungen für die Comicvorlagen erstellt werden, hat Burton Prothesen für sein Comicuniversum bauen lassen. Die Stadt besteht aus Ornamenten, großen Standbildern, die Gebäude tragen, riesige Gesichter verzieren die Skyscraper der Stadt, an denen der künstlich hergestellte Schnee kleben bleibt. Der Obergangster trägt eine weiße Albert-Einstein-Mähne. Seine Sekretärin hat neun Leben und läuft in hautengem Lackleder durch die Stadt. Der reichste Bürger trägt nachts Fledermausohren und bekämpft Taschendiebe. Und Oswald Copplepot? Hat als Baby den Wurf in die Kanalisation mithilfe freundlicher Pinguine überlebt, sieht heute, 33 Jahre später, selbst aus wie einer und nennt sich auch so. Er ist ein watschelndes, schwabbeliges Ekelpaket, der alles tut, dass wir unser anfängliches Mitgefühl für die geschundene Kreatur ablegen. Danny DeVito spielt den Pinguin mit vollem Körpereinsatz und bewahrt ihm bei aller Scheußlichkeit einen Rest an Würde ("Das Geld anderer Leute" – 1991; Der Rosenkrieg – 1989; Twins – Zwillinge – 1988; Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil – 1985; Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten – 1984; Zeit der Zärtlichkeit – 1983; Einer flog über das Kuckucksnest – 1975). Ihm mal zur Seite, mal feindlich gegenüber steht Catwoman. Eigentlich eine schüchterne Sekretärin, die einmal zu oft von einem Mann verstoßen wurde und jetzt in engem Leder mit Peitsche durch die künstlich verschneiten Straßen der Stadt marodiert, um sowohl ihren Boss Max, der sie aus dem Fenster stieß, als auch Batman, der sie verstieß, aus dem Weg zu räumen. Michelle Pfeiffer spielt sie mit der tobenden Wut derer, die zu lange eingesteckt haben (Frankie und Johnny – 1991; Das Russland-Haus – 1990; "Die fabelhaften Baker Boys" – 1989; Gefährliche Liebschaften – 1988; Tequila Sunrise – 1988; Die Mafiosi-Braut – 1988; Die Hexen von Eastwick – 1987; Der Tag des Falken – 1985; Kopfüber in die Nacht – 1985; Scarface – 1983; Grease 2 – 1982). Menschen die Kostüme tragen und andere Menschen, die Kostüme tragen, bekämpfen, leben ins Burtons Vorstellung in einer Welt des Wahnsinns. Beide im Zaum zu halten versucht Batman, dem Michael Keaton auch in diesem zweiten Versuch nichts abgewinnen kann (Fremde Schatten – 1990; Batman – 1989; "Süchtig" – 1988; Beetlejuice – 1988; "Gung Ho" – 1986; "Mr. Mom" – 1983). Er hat sich eine Gage von 10 Millionen Dollar plus Gewinnbeteiligung (Jack Nicholson hat mit seinem Joker-Vertrag vor drei Jahren ganz neue Gagenmodelle erfunden) in seinen Vertrag schreiben lassen, steht mit zerfurchter Stirn in der künstlichen Kulisse herum und kann sich als Batman kaum bewegen, weil das Kostüm so hart und steif ist. Von Batman, dem agilen Kämpfer, ist nichts zu sehen.
Das wahre Übel der Stadt Gotham, die auch hier wieder stellvertretend für die ganze Welt, wenigstens aber für die USA steht, steckt aber nicht im Kostüm. Hinter Masken verstecken sich die Getriebenen; der Millionär, dem seine Eltern weggeschossen wurden, die Sekretärin, die von Männern ausgenutzt und weggeworfen wurde, das missgebildete Baby. Das wahre Übel sitzt einmal mehr in der Chefetage eines großen Konzerns mitten in der Stadt. Max Shreck will seine Stadt aussaugen, ihr alle Energie rauben, um sie ihr dann sehr teuer wieder zu verkaufen. Christopher Walken, ein Mann für feine Nuancen im Schauspiel ("King of New York" – 1990; "Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld" – 1988; James Bond 007 – Im Angesicht des Todes – 1985; Dead Zone – 1983; Projekt Brainstorm – 1983; Heaven's Gate – 1980; Die durch die Hölle gehen – 1978; Der Stadtneurotiker – 1977), spielt ihn mit weißer Perücke als wilden Chargenonkel. Weil der amtierende Bürgermeister bei Schrecks Energieplänen nicht mitspielt, lanciert Shreck im Pinguin flugs einen Gegenkandidaten. Der Plan ist dermaßen gaga, wie er das nur in einem Comic sein kann und er spielt in Wahrheit auch gar keine Rolle, der Unternehmer muss als Schurke nur markiert sein.
Und die Stadt? Ihre Gesellschaft? Besteht aus Mitläufern und Jubelpersern. Eben noch haben sich die Menschen vor dem kolportierten Pinguinungeheuer in der Kanalisation gefürchtet, jetzt, nachdem Shreck ein paar Hunderttausend in bunte Wahlplakate und lustiges Kinderspielzeug investiert hat, jubeln ihm die Menschen von Gotham alle zu und wollen ihn als Bürgermeister. Kein Bürger, kein Journalist sieht die Strippenzieher im Hintergrund. Tim Burton malt seinen zweiten Heldenstreich mit einer gehörigen Portion Zynismus; die Welt, die er zeigt, ist nicht mehr zu retten, ihr Niedergang nur zu bremsen.
Entsprechend wenig durchdacht ist die Story, die kaum mehr erzählt, als dass sich da ein Obergangster und ein paar Kostümierte raufen. Das aber tun sie in elaborierter Umgebung. Es ist, wie vor drei Jahren: Tim Burton interessiert sich für das Ambiente, für Verknüpfungen, nicht für seine Figuren und für das, was sie tun. Dafür hat er den Max-Shreck-Charakter benannt nach dem deutschen Hauptdarsteller in Murnaus expressionistischem Vampirepos "Nosferatu". Das erinnert entfernt an eine Fledermaus und gibt dem Feuilleton allerlei Stoff zum Mutmaßen, anstatt kritisch den Film zu betrachten.
Batman-Autor Sam Hamm hatte bereits 1990 die Arbeit an einer Fortsetzung des Erfolgsfilms abgeschlossen, woran Tim Burton jedoch kein Interesse zeigte: Er hatte die Lust an Figuren wie Staatsanwalt Harvey Dent (Billy Dee Williams) und Bruce Waynes Freundin Vicky (Kim Basinger) verloren und lehnte die Einführung von Batmans Mitstreiter Robin grundsätzlich ab. Also verpflichteten Warner Bros. Burtons Freund Daniel Waters (Autor von "Heathers", Hudson Hawk – Der Meisterdieb) für eine zweite Drehbuchfassung. Dieser ließ die fortgesetzten Handlungselemente aus Batman fallen und konzipierte "Batmans Rückkehr" als eigenständigen Film.
Als Catwoman hatte Burton zunächst Winona Ryder und, als die nicht konnte, Lena Olin angemacht. Aber auch Olin war verhindert. So kam Annette Bening ins Spiel, die jedoch schwanger wurde und für den engen Catdress nicht mehr in Frage kam. So fiel die Wahl auf Michelle Pfeiffer, die sich bereits 1988 für die Rolle beworben hatte, als es noch gar keine Pläne für Catwoman gab. Ohne das Drehbuch überhaupt gelesen zu haben, unterschrieb dann auch Danny DeVito (die Rolle des Pinguins hatten Burgess Meredith, der den Pinguin schon in der 1966er-Version Batman hält die Welt in Atem gespielt hatte, und Dustin Hoffman zuvor abgelehnt). Erst wenige Wochen vor Drehbeginn verpflichtete sich Pfeiffers Ex-Freund Michael Keaton, als ihm 10 Millionen Dollar Gage plus Einspielbeteiligung für die Wiederholung seiner bekanntesten Rolle angeboten wurde.
Die Dreharbeiten begannen im September 1991 in Kalifornien und London. Sie dauerten sieben Monate. Warner Bros. hatte in acht Hallen die 20 Meter hohen Filmsets bauen lassen sowie ein Becken für eine halbe Tonne Frischeis und über zwei Millionen Liter Eiswasser, in dem sich mehr als 40 Pinguine tummelten. Die Produktionskosten für "Batmans Rückkehr" waren doppelt so hoch wie die für Batman: Allein die Gagen der Schauspieler kosteten 35 Millionen Dollar, die Bereitstellung der vakuumdichten Catwoman-Kostüme belief sich auf weitere 600.000 Dollar. Um sichtbaren kalten Atem zu erzeugen, kühlten riesige Apparate die Hallen auf 15 °C. Technisch fortschrittlich war der erstmalige Einsatz des neuartigen Tonformats Dolby Digital. Burtons Kompromisslosigkeit schloss bei dieser Batman-Produktion die Zugabe von Popmusik aus, um die düstere Grundstimmung nicht zu unterbrechen. Lediglich seine Lieblingsband Siouxsie and the Banshees durften ihren Song "Face to Face" zu einer Schlüsselszene beisteuern.
Batman im Kino
- Batman hält die Welt in Atem (1966)
- Batman (1989)
- Batmans Rückkehr (1992)
- Batman Forever (1995)
- Batman & Robin (1997)
- Batman begins (2005)
- The Dark Knight (2008)
- The Dark Knight rises (2012)
- The Batman (2022)
Übersicht: Helden im Comic, Helden auf der Leinwand