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Plakatmotiv: Auf Messers Schneide – Rivalen am Abgrund (1997)

Männer in rauer Wildnis
kämpfen um eine Frau

Titel Auf Messers Schneide – Rivalen am Abgrund
(The Edge)
Drehbuch David Mamet
Regie Lee Tamahori, USA 1997
Darsteller

Anthony Hopkins, Alec Baldwin, Elle MacPherson, Harold Perrineau, Bart the Bear, L.Q. Jones, Kathleen Wilhoite, David Lindstedt, Mark Kiely, Eli Gabay, Larry Musser, Brian Arnold, Bob Boyd, Kelsa Kinsly, Gordon Tootoosis u.a.

Genre Abenteuer, Drama
Filmlänge 117 Minuten
Deutschlandstart
16. April 1998
Inhalt

Fotoshooting in Alaska. Modefotograf Robert Green fotografiert Mickey Morse vor großer Naturkulisse. Mit an Bord: Mickeys viel älterer Ehemann Charles, Milliardär.

Robert ist mit den Aufnahmen noch nicht zufrieden und will einen alten Indianer dazu holen, den er auf einem Foto in der Hütte gesehen hat, in der die Crew abgestiegen ist. Auf der Suche nach ihm gerät ihr Flugzeug in einen Vogelschwarm und stürzt in einen See. Der Pilot stirbt sofort. Die drei anderen Männer können sich retten, sehen sich aber bald mit den Gefahren der Wildnis konfrontiert.

Charles’ Kenntnisse über das Leben in der Wildnis helfen ihnen, die meisten Gefahren zu meistern: Die drei Männer machen ein Feuer und verbringen die Nacht am See. Am nächsten Morgen benutzt Charles einen Nadelkompass, um die Südrichtung zu bestimmen. Sie bewegen sich südwärts, treffen aber auf einen riesigen Kodiakbären, der sie verfolgt und schnell klar macht, warum er den Namen "Menschenfresser" trägt …

Was zu sagen wäre

Ein Abenteuerfilm vor imposanter Kulisse, der etwas unkoordiniert mit seinem Drehbuch verfährt. Im Mittelpunkt stehen eine schöne Frau und zwei Männer – der eine alt, reich und Ehemann der schönen Frau, der andere jung, für sein Geld arbeitend und der heimliche Liebhaber der schönen Frau. Das ist eine Personenkonstellation, wenn Hollywood auf unterhaltsame Weise das Wesen von Liebe, Geld und Wahrhaftigkeit diskutieren möchte. Um diese Diskussion in Gang zu bringen, braucht es einen äußeren Umstand, in diesem Fall der Flugzeugabsturz in der Wildnis, der die beiden Männer, von denen nur der eine, der Liebhaber, weiß, dass sie Rivalen sind, zwingt, aufeinander aufzupassen.

Das große Abenteuer scheitert an der augenscheinlichen Unkenntnis der Macher über die Mächte der Natur. Zwar haben sie einen imposanten Bären im Team, der die Kleingruppe sehr glaubhaft dezimiert und weiterhin bedroht, aber von Kälte und den Fährnissen der Feuchtigkeit haben sie keine Ahnung. Charles, der coole Milliardär, der das Leben nicht genießen kann, weil jeder in ihm nur den Milliardär sieht, der aber allerlei Tricks kennt, mit denen man sich in der Natur durchschlagen kann, läuft im Tweet-Anzug durch die zugeschneite Wildnis, übernachtet in ihr, nachdem er durch einen eiskalten Fluss gewatet ist, ohne auch nur einmal zu frieren. Essen müssen die entkräfteten Männer auch nicht. Sie bemühen sich mit selbstgebastelten Fallen, Tiere zu fangen, aber dann kommt im Drehbuch immer irgendwas dazwischen. Mühelos gelingt es ihnen, mit durchgeweichten Papp-Streichhölzern in eisiger, feuchter Kälte veritable Lagerfeuer zu entzünden. Und als sie das Schlimmste hinter sich zu haben glauben, bricht der latente Beziehungskonflikt durch, der in den bisherigen eineinhalb Stunden Film auf zwei zweideutige Blicke reduziert, also nicht wirklich vorhanden war.

Lee Tamahori, dem Regisseur ("Nach eigenen Regeln" – 1996; "Die letzte Kriegerin" – 1994), schwebte vielleicht ein hartes Survival-Drama mit Topbesetzung vor; für die Rolle des reichen Charles waren vor Anthony Hopkins auch Dustin Hoffman und Robert De Niro angefragt. Tamahori liefert großartige Bilder einer sehnsuchtsvollen Wildnis, durchsetzt mit widrigen Kälteeinbrüchen und effektvoll inszenierten Bärangriffen. Aber das Drama zwischen den beiden Männern entwickelt sich nicht, ja, wird nicht einmal deutlich. Dass da was sein könnte, überlässt Tamahori allein der schmutzigen Fantasie seiner Zuschauer: Er besetzt die junge Frau mit Elle MacPherson (Batman & Robin – 1997), die, solange sie als Model arbeitete, in der Branche als "The Body" bejubelt wurde. Die ist nun als Mickey mit dem Milliardär verheiratet, der doppelt so alt ist wie sie, und räkelt sich vor der Kamera des virilen Fotografen in ihrer Altersklasse. Mehr über ein potenzielles Verhältnis verrät der Film bis kurz vor Schluss nicht.

Das Drehbuch von David Mamet will eigentlich das Porträt eines Mannes entfalten, dem es in seinem Leben an nichts mangelt und der erst in der wilden, unbestechlichen – oder auch: unkaufbaren – Natur zu sich selbst findet. Zum ersten Mal in seinem Leben muss Charles sein Leben ohne Anwälte oder Leibwächter durch den Tag bringen. Das ist ein Stoff, den er in Variationen schon mehrfach erfolgreich erzählt hat (American Buffalo – 1996; Glengarry Glen Ross – 1992; Haus der Spiele – 1987; The Untouchables – 1987; Nochmal so wie letzte Nacht – 1986; "The Verdict – Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit" – 1982; Wenn der Postmann zweimal klingelt – 1981). Für die realen Fährnisse der Natur hat Mamet sich nicht zuständig gefühlt.

Den coolen Milliardär spielt Anthony Hopkins, der seit seiner Menschenfresser-Rolle 1991 die Aufmerksamkeit als Superstar genießt, die er in Jahrzehnten davor nie erreicht hat (Nixon – 1995; Legenden der Leidenschaft – 1994; Was vom Tage übrig blieb – 1993; Bram Stoker's Dracula – 1992; Wiedersehen in Howard's End – 1992; Freejack – Geisel der Zukunft – 1992; Das Schweigen der Lämmer – 1991; 24 Stunden in seiner Gewalt – 1995; Die Bounty – 1984; Der Elefantenmensch – 1980; Die Brücke von Arnheim – 1977; Achtzehn Stunden bis zur Ewigkeit – 1974). Hopkins spielt einen in jeder Hinsicht verlorenen Mann. Er ist nicht einzuschätzen, es ist unklar, womit er seine Milliarden gemacht hat, warum er so penibel über Überlebenstechniken Bescheid weiß. Hopkins Figur bleibt eine Projektionsfläche.

Anders Robert, der Fotograf, der über Charles sagt: „Der Mann ist Milliardär. Wenn von denen einer verschwindet, fällt das auf!“ Robert selbst gehört zu jenem Heer aus Menschen, die sich jeden Tag ihren Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen müssen, Robert allerdings als Fotograf, der sein kleines Team rumscheucht, als bestünde es aus Sklaven. Der Mann ist ein Unsympath, den Alec Baldwin mit der Arroganz eines Mannes ausstattet, der glaubt, die Weltenläufe verstanden zu haben (Das Attentat – 1996; Nicht schuldig – 1996; Shadow und der Fluch des Khan – 1994; "Getaway" – 1994; Malice – Eine Intrige – 1993; Jagd auf Roter Oktober – 1990; Great Balls of Fire – 1989; Die Mafiosi-Braut – 1988; Beetlejuice – 1988).

Die beiden Männer verhindern, dass das Kammerspiel in freier Wildnis über seine Füße stolpert. Wir folgen den Figuren, weil sie eine zweite Ebene haben, mehr sind, als eindimensionale Drehbuchfiguren. Wir glauben aber keine Sekunde, dass sie in der romantisch verschneiten Natur wirklich einmal in Gefahr geraten könnten.

Wertung: 7 von 11 D-Mark
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