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Kinoplakat: Assault on Wall Street
Ein billiger Ballerfilm
eines zornigen Regisseurs
Titel Assault on Wall Street
(Bailout – The Age of Greed)
Drehbuch Uwe Boll
Regie Uwe Boll, Kanada 2013
Darsteller

Dominic Purcell, Erin Karpluk, Edward Furlong, John Heard, Keith David, Michael Paré, Lochlyn Munro, Tyron Leitso, Mike Dopud, Barclay Hope, Heather Feeney, Eric Roberts, Lawyer Patterson, Michaela Mann, Carrie Genzel, Jerry Trimble u.a.

Genre Drama
Filmlänge 99 Minuten
Deutschlandstart
27. September 2013
Inhalt

Jim – Durchschnittsamerikaner, arbeitet für einen privaten Wachdienst, Mittelstandstyp, verheiratet, das erste Kind ist geplant. Jim und seine Frau werden Opfer der Finanzkrise.

Der Wachmann arbeitet jeden Tag hart, um seine schwer kranke Frau Rosie zu versorgen. Doch dann stellt die Versicherung die Zahlungen ein und kommt nicht mehr für die nötige Behandlung auf. Jim muss Kredite aufnehmen. Deshalb wird er entlassen, sein Chef begründet, ein Wachdienst könne sich einen Mann mit Schulden nicht erlauben. Jim verliert all seine Ersparnisse, weil ihm sein Finanzberater eine desaströse Anlage empfiehlt. Rosie nimmt sich das Leben.

Jim absolut nichts mehr zu verlieren und möchte diejenigen, die für sein Leid verantwortlich sind, bezahlen lassen. Er holt sein automatisches Gewehr aus dem Schrank, ein Überbleibsel aus einem letzten Krieg, kauft noch ein paar Pistolen und zieht in einen neuen Krieg – gegen die Anzugträger an der Wall Street …

Was zu sagen wäre

Ein filmischer Rachefeldzug, den in den 1980er Jahren Jean Claude van Damme oder Steven Segal angetreten hätte – oder in der erfolgreicheren Variante Stallone oder Schwarzenegger. „Assault on Wall Street“ ist ein Low Budget Actioner, der sich nicht mit Erklärungen aufhält. Er folgt seinem schweigsamen Protagonisten, dem Dominic Purcell die traurige Kontur eines lieben, schwerbewaffneten Teddys verleiht. Eine Stunde lang zeigt der deutsche Autor und Regisseur Uwe Boll (Schwerter des Königs – Zwei Welten –2011; „Auschwitz“ – 2011; „Max Schmeling“ – 2010; Rampage – 2009; „Far Cry“ – 2008; Postal – 2007; „Schwerter des Königs – Dungeon Siege“ – 2007; „Seed“ – 2006; „Alone in the Dark“ – 2005) wenig und lässt umso mehr hören. Aus der Geldknappheit beim dreh macht er eine Tugend und montiert eine vielsagende Tonspur, die in den dialogarmen Film unablässig Finanznachrichten, Broker-O-Töne und die Folgen eines Wirtschaftsskandals füttern. Unter filmkünstlerischen Gesichtspunkten ist „Bailout“ nicht erwähnenswert – Talking Heads, darunter ein aufgedunsener Edward Furlong, dem 1991 als juveniler John Connor eine Kinokarriere winkte, die er in Drogen und Alkohol versaute, dazu die Chronologie brechende Jumpcuts, die das Tempo erhöhen und ein paar nichtssagende Manhattan-Panoramen aus der Vogelperspektive, die für hinreichende Entfremdung des Individuums (und sparen jede Menge Produktionsgeld) sorgen sollen.

Aber „Bailout“ als plumpen Ballerfilm abzutun – der er auch ist – wäre auch zu kurz geguckt. Uwe Boll ist ein zorniger Mann, der seinem Affen Zucker gibt und ein bisschen in der Wall Street rumballern lässt – für die aus Kostengründen ein Straßenzug in Bolls Wahlheimat Kanada herhielt. „Warum die Kerle nicht mal so bestrafen, wie sie es verdienen“, fragt er mich im Interview. „Natürlich bringe ich im echten Leben keine Menschen um. Meine Zuschauer übrigens auch nicht. Da müssen wir alle den Zorn runterschlucken, der hoch kommt angesichts der Milliarden-Boni, den sich Pleitebanker zuschustern.“ Da soll es wenigstens im Kino krachen. Boll-Kino ist Druck-Ventil-Kino.

Kinoplakat (US): Bailout

Ober-Bankster John Heard, der sich im Laufe seiner B-Film-Schmierlappenrollen-Karriere eine beeindruckende Wampe angesoffen hat, darf kurz vor seiner überraschend hübsch inszenierten Hinrichtung, anstatt zu winseln und um sein Leben zu flehen, dem Teddbären mit der Knarre noch mal in Erinnerung bringen, wie Amerika groß geworden ist und mit welchen Helden: „Bei den Vanderbilts, den Carnegies, den Gettys, den Morgans, den Hearsts. Was glauben Sie, wie die ihr Geld machten? Sie haben einfach Territorien annektiert, Lizenzen und Geschäfte durchgezogen, die Eingeborenen getötet und Sklaven importiert; und Waffen verkauft, sowohl an den Norden als auch an den Süden im Bürgerkrieg und die Politiker kontrolliert und das sind die Helden, die amerikanischen Helden!” Der deutsche Uwe Boll stellt sich hier in auffälligen Kontrast zu seien Landsleuten Wolfgang Petersen und Roland Emmerich, die das Starspangled-Banner zu Beginn ihrer US-Karriere immer besonders laut im Wind haben knattern lassen.

„Wir lehren unsere Kinder was?“, fragt der Bankster den Teddybären dann. „Ehrlichkeit und harte Arbeit sind der Schlüssel um Erfolg. Meine Kinder werden nicht in irgendeinen Krieg ziehen, sondern nach Yale gehen, nach Harvard. Und es werden die dummen, ungebildeten Kinder der weißen Unterschicht sein und die schwarzen Ghetto-Kinder, die in Amerikas sinnlosen Kriegen kämpfen. Und sie werden amerikanische Sicherheit und Geschäfte schützen – und es wird mein Geschäft sein; mein Geschäft, das mich reicher und reicher macht. Meine Boni werden immer größer und größer und es ist dieselbe alte Geschichte. Es sind die Banker, die Eigentümer und die Berater die reich werden. Und es sind die kleinen Leute, die ihre Aktien kaufen und die am Ende immer verlieren!“ Das sind jetzt nicht wirklich neue Gedanken, die Uwe Boll da inszeniert. Aber man muss sie sich ja auch nicht immer nur von mehr oder weniger honorigen Leitartiklern servieren lassen – manchmal verschafft so eine Ball(er)ade des zornigen Mannes auch Wissensvermittlung.

Wertung: 3 von 7 €uro
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