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Plakatmotiv: Ich beichte (1953)

Ein Film Noir mit
katholischem Touch

Titel Ich beichte / Zum Schweigen verurteilt
(I confess)
Drehbuch George Tabori & William Archibald
nach einem Stück von Paul Anthelme
Regie Alfred Hitchcock, USA, Kanada 1953
Darsteller

Montgomery Clift, Anne Baxter, Karl Malden, Brian Aherne, O.E. Hasse, Roger Dann, Dolly Haas, Charles Andre u.a.

Genre Crime, Drama
Filmlänge 95 Minuten
Deutschlandstart
7. Juli 1953
Inhalt

Im kanadischen Québec arbeiten die deutschen Emigranten Otto und Alma Keller als Hausmeister bzw. Haushälterin einer katholischen Kirche. Eines Nachts bricht Otto Keller beim Rechtsanwalt Villette ein, bei dem er als Gärtner arbeitet – als der inflagranti ertappt, ermordet Otto ihn und flieht in einer Priesterrobe verkleidet.

Als er zur Kirche zurückkehrt, beichtet er dem jungen Pater Michael Logan seine Tat. Der Pater verlangt, dass er das gestohlene Geld wieder zurückbringen soll. Otto erzählt auch seiner Frau Alma von dem Mord. Am nächsten Morgen geht er, wie an jedem Mittwoch, zu Villette, „findet“ die Leiche und verständigt die Polizei. Etwas später kommt Pater Logan zu Villettes Haus. Er erklärt dort Polizeiinspektor Larrue, er sei mit Villette verabredet, könne ihm aber nicht sagen, aus welchem Grund, es habe jedoch mit dem Mord nichts zu tun. Larrue wird misstrauisch. Kurz darauf sieht er, wie Logan sich vor dem Haus mit einer Frau trifft.

Unterdessen werden zwei Augenzeuginnen ermittelt, zwei junge Mädchen, die auf dem Nachhauseweg einen Priester gesehen haben, der zur Tatzeit aus Villettes Haus kam. Diese Aussage belastet Pater Logan, da alle anderen in Frage kommenden Priester in der Umgebung Alibis haben. Plakatmotiv: Zum Schweigen verurteilt (Ich beichte) (1953) Logan gibt gegenüber Inspektor Larrue an, zur Tatzeit spazieren gegangen zu sein. Weitere Angaben zu der Frau, mit der er sich traf, und zu Villette könne er nicht machen. Otto erfährt von dem Verdacht der Polizei gegen Logan und setzt diesen unter Druck, das Beichtgeheimnis zu wahren. Logan macht jedoch keine Anstalten, dies brechen zu wollen.

Die Frau, die Logan vor Villettes Haus traf, ist Ruth Grandfort, verheiratet mit einem angesehenen Politiker; zudem sind die Grandforts mit dem zuständigen Staatsanwalt gut befreundet. Außerdem bestand offensichtlich zwischen Logan und Ruth früher ein Verhältnis. Infolge einer Beschattungsaktion bekommt Larrue die Identität der Frau heraus. Er informiert den Staatsanwalt und gemeinsam bestellt man Logan und die Grandforts ein. Unter dem Druck der Befragung und um Logan zu entlasten, erklärt Ruth die Zusammenhänge, was in einer Rückblende dargestellt wird: Sie und Logan haben sich vor dem Zweiten Weltkrieg kennen und lieben gelernt. Logan zog in den Krieg und bat Ruth, nicht auf ihn zu warten. Ruth heiratete einige Zeit später Grandfort, den sie jedoch nie geliebt hat.

Als Logan nach dem Krieg nach Hause kam, verbrachten beide einen gemeinsamen Tag. Ruth hatte Logan nichts von ihrer Hochzeit erzählt. Aufgrund eines plötzlichen Unwetters waren Logan und Ruth gezwungen, die Nacht gemeinsam im Freien zu verbringen. Dort tauchte am nächsten Morgen Villette auf, der Ruth erkannte. Logan erfuhr auf diese Weise, dass sie verheiratet war. Danach sahen sich Ruth und Logan fünf Jahre lang nicht. Logan ließ sich zum Priester weihen. Eines Tages begann Villette damit, Ruth zu erpressen. Als sie nicht weiter wusste, wandte sie sich an Logan. Am Abend des Mordes trafen sie sich und Logan versprach, sich um die Sache zu kümmern und Villette aufzusuchen.

Ruth erklärt, am fraglichen Abend bis 23 Uhr – dem angeblichen Zeitpunkt des Mordes – mit Logan zusammen gewesen zu sein. Larrue hat jedoch inzwischen den Obduktionsbefund erhalten, der die Tatzeit auf etwa 23 Uhr 30 festlegt, so dass Logan durch Ruths Aussage nicht von dem Verdacht befreit wird, sondern im Gegenteil belastet wird, da nun ein Motiv vorliegt …

Was zu sagen wäre

Als Pater Logan einmal durch die Stadt geht, während er versucht, sich darüber klar zu werden, wie er mit der ganzen Geschichte umgehen soll, läuft er an einem Kino vorbei, in dem der Film Der Tiger mit Humphrey Bogart läuft. Darin geht es im Kern um die juristische Binse, dass jemand solange als unschuldig zu gelten hat, bis dessen Beweis eindeutig bewiesen ist. In dem Bogart-Film wissen alle, der Verdächtige ist auch schuldig, können es nur nicht beweisen. In Alfred Hichtcocks Krimi-Melodram „I confess“ kann der Pater den Mörder identifizieren, darf es aber nicht.

Ein Film-Noir-Einstieg: enge, leere Straßen im Halbdunkel, offenbar Québec – man erkennt das Château Frontenac – drohende Musik, ein offenes Fenster, die Kamera schaut hinein. Ein Mann liegt am Boden, mit Platzwunde am Kopf, der Perlenvorhand bewegt sich noch, der Täter den Tatort gerade ewrst verlassen, die Kamera erfasst ihn, als er unten auf die Straße tritt, er wirft dunkle Schatten an die Wand. Wieder sind es vor allem die Bilder, die für diesen Film einnehmen, dessen Spannung sich hier aus psychologischen und theologischen Konflikten entwickelt, nicht aus einem Hitchcock'schen Suspense. Die Mordgeschichhte, ist wenn man so will, der MacGuffin, der das Melodram ans Laufen bringt.

Hitchcock spielt mit extremen Unter- und Aufsichten, macht Menschen dadurch groß oder klein oder zum Opfer ihrer Umgebung. Hitchcock schwelgt in der Künstlichkeit seiner Studioatmosphäre, die er nur ungern verlässt, Außenaufnahmen täuscht er im Allgemeinen mit Rückprojektionen vor. Plakatmotiv: Ich beichte (1953) Aber als sich Logan und Ruth im ersten Akt des Dramas konspirativ auf einer Fähre treffen, schwenkt die Kamera in der Totalen mit dem von rechts nach links gehenden Logan, während die Fähre in die rechte Richtung fährt; dadurch verzerrt sich die Perspektive. Während Logan geht, bleibt er gleichzeitig in der Bildmitte eingefroren; weil sich gleichzeitig aber das Boot nach rechts bewegt, wirkt es, als stehe auch die Welt hinter dem gehenden Logan still – Die Welt gerät aus den Fugen. Bald darauf steht der Pater unter Verdacht.

Dieser Logan ist ein eigentümliche Mann. Als wir ihn kennenlernen, geht er mit offenem Priesterkragen durch seine Kirche, in der dann sein Hausmeister Otto Keller um die verhängnisvolle Beichte bittet – ein augenscheinlich undogmatischer Kirchenmann, der aber seine Berufung sehr ernst nimmt; der alles sehr ernst nimmt, „sogar die Liebe“, wie Ruth später klagen wird – Anne Baxter (Alles über Eva – 1950) spielt diese Ruth als Hitchcock'sche Blondine mit leicht verruchtem Touch. Montgomery Clift (Red River – 1948) spielt diesen bibeltreuen Kirchenmann mit kaum bewegter Mine, hinter der der Konflikt zwischen seinem Gelübde als Priester und seinen menschlichen Gefühlen für irdische Gerechtigkeit tobt. Dabei bleibt aber unklar, warum Logan nicht wenigstens erklärt, er dürfe nichts sagen, weil das Beichtgeheimnis gelte. Sein dauerndes „Das kann ich nicht beantworten“ wirkt heldenhaft, ist aber nicht nachzuvollziehen.

Eine schwache Figur in diesem Drama um Gewissen, Moral, Schuld und Sühne ist ausgerechnet der eigentliche Mörder, Otto Keller. O.E. Hasse legt ihn als manischen Spinner mit irrem blick an, der seine Frau Alma so sehr liebt, dass er ihr ein schweres Geheimnis aufbürdet, an dem die zerbricht. Keller bedrängt Logan abwechselnd, ihm, dem angeblich Verzweifelten, einen Rat zu geben und, ihm zu drohen, die Wahrheit zu sagen, das Beichtgeheimnis zu brechen.

Für Hitchcock, dessen katholische Erziehung in fast allen seinen Filmen ihre Spuren hinterlassen hat, ist die Geschichte eines Priesters, der in den Konflikt gerät, sich nur durch das Brechen des Beichtgeheimnisses von einem Mordverdacht befreien zu können, faszinierend. Jahrzehntelang hatte er mit dem Gedanken gespielt, diesen Stoff zu verfilmen. Als er nach „Der Fremde im Zug“ monatelang erfolglos auf Stoffsuche war, kramte seine Frau Alma die alten Entwürfe hervor und Hitchcock sah die große Chance, das soeben in „Der Fremde im Zug“ umgesetzte Motiv der Schuldübertragung weiterzuentwickeln.

Wertung: 3 von 6 D-Mark
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