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Plakatmotiv: Der Jazzsänger (1927)
Klassisches Tradition-gegen-Moderne-Musical-Drama
das sich über technische Innovation verkaufen will
Titel Der Jazzsänger
(The Jazz Singer)
Drehbuch Alfred A. Cohn + Jack Jarmuth
nach der Kurzgeschichte „The Day of Atonement“ von Samson Raphaelson
Regie Alan Crosland, USA 1927
Darsteller Al Jolson, May McAvoy, Warner Oland, Eugenie Besserer, Otto Lederer, Robert Gordon, Richard Tucker, Yossele Rosenblatt u.a.
Genre Drama, Musical
Filmlänge 88 Minuten
Deutschlandstart
26. November 1929
Inhalt

Jakie Rabinowitz hat ein Problem. Er ist Spross einer streng gläubigen jüdischen Familie; noch dazu ist sein vater in vierter Generatiuon Kanor der Gemeinde, und selbstverständlich soll Jakie sein Erbe antreten. Jakie singt aber viel lieber Jazz.

Ein Unding in den Augen des Vaters. Es kommt zum Bruch. Der Vater jagt den Sohn aus dem Haus; die Mutter ist verzweifelt.

In der familiären Diaspora steigt Jakie über viele Jahre zum großen Hoffnungsträger am Broadway auf. Als sein Vater im Sterben liegt, braucht die jüdische Gemeinde einen Kantor – ausgerechnet an jenem Abend, an dem Jakie mit der Premiere eines neuen Musicals seinen Durchbruch am Broadway feiern soll …

Plakatmotiv: Der Jazzsänger (1927)

Was zu sagen wäre

Familie und Tradition? Oder beruflicher Aufstieg? Religiöse Überzeugungen? Oder weltliche Anerkennung? Alan Crosland behandelt die großen Fragen in seinem „Jazz Singer“. Denn er erzählt auch davon, wie die jüdische Gemeinde New Yorks sich aufmacht in die nächste Generation.

Plakatmotiv: Der Jazzsänger (1927)Die Mitglieder lösen sich aus der reinen Glaubenslehre und öffnen sich den weltlichen Möglichkeiten, die das neue Land bietet. Dazu spricht dann Jake Rabinowitz' Mutter den zentralen Satz dieses Gewissenskonflikts: „Er ist nicht mehr mein Junge. Er gehört allen“, sagt sie, als ihr Sohn, als Schwarzer geschminkt, da oben auf der Broadway-Bühne singt. Da ist Jakie endgültig zum Verkaufsschlager geworden. Er ist kein Individuum mehr. Er ist ein Produkt, dessen Bild sich Mädchen ins Schlafzimmer hängen sollen. Aber keiner, der überkommen geglaubten Werten einer familiären Tradition angehört. Der Amerikaner ist Pionier, nicht Sesshafter, einer, der voran blickt, nicht auf Wurzeln im Gestern beharrt.

Da ist es geradezu charmant, wie der Film die beiden Welten am Ende mit einer lockeren Formulierung vereint: „Die Saison geht zu Ende und die Zeit heilt alles. Die Show geht weiter.“ Mit einer einfachen Texttafel sind alle Konflikte bereinigt.

Ja: „Texttafel“. Anders, als allgemein verbreitet, ist „The Jazz Singer“ nicht der erste Tonfilm. Im Gegenteil: Die Akteure chargieren mit übertriebener Mimik wie eh und je. Lediglich gibt es ein paar Originalton-Sequenzen im Gesang. Damit steht „The Jazz Singer“ als ein früher Vertreter Hollywood'scher Musical-Tradition. Lippensynchron zu hörende Monologe und Dialoge sind lediglich improvisiert. Warner Brothers hatten nur beabsichtigt, einen Film zu drehen, in dem Musik und Gesang synchronisiert wurden, wodurch kein Dialogmanuskript notwendig war.

Die einzige weitere Sprachsequenz war mit zumindest 354 Wörtern deutlich länger und spielt sich zwischen Jolson (340), Eugenie Besserer (13) und schließlich Warner Oland ab, der sogar nur ein einziges Wort sagen durfte – und zwar bezeichnenderweise „Stop“. Geplant war ursprünglich nicht, dass Al Jolson seinen Singpart zwecks eines Dialogs unterbricht. Das und der große kommerzielle Erfolg führten dazu, dass die Ära des Stummfilms nach „The Jazz Singer“ sowie die zweite große Ära der Pantomime innerhalb weniger Jahre zu Ende ging.

Wertung: 3 von 6 D-Mark
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