IMDB
Kinoplakat: Freddys New Nightmare (1994)
Wes Craven tritt einen Schritt zurück
öffnet eine erfrischende Perspektive
Titel Freddys New Nightmare
(Wes Craven's New Nightmare)
Drehbuch Wes Craven
mit Charakteren von Wes Craven
Regie Wes Craven, USA 1994
Darsteller Heather Langenkamp, Robert Englund, Jeff Davis, Miko Hughes, Matt Winston, Rob LaBelle, David Newsom, Wes Craven, Marianne Maddalena, Gretchen Oehler, Tracy Middendorf, Cully Fredricksen, Bodhi Elfman, Sam Rubin, Claudia Haro u.a.
Genre Horror
Filmlänge 112 Minuten
Deutschlandstart
19. Januar 1995
Inhalt

Diesmal kommt Freddy in die Realität der Filmemacher. Wes Craven plant einen neuen Krueger-Film, wieder mit Robert Englund. Während der Dreharbeiten beginnt aber einiges schief zu laufen. Währenddessen wird Heather Langenkamp, die in Teil 1 und 3 der Reihe die Rolle der Nancy Thompson gespielt hatte, von Anrufen belästigt und ihr kleiner Sohn Dylan wird von Träumen heimgesucht. Auch Freddy-Darsteller Robert Englund hat Albträume und verlässt deswegen Hollywood.

Kinoplakat (US): New Nightmare (1994)Erst spät bemerken die Hollywood-Berühmtheiten, dass die von ihnen erschaffene Fantasie-Figur Freddy Krueger daran arbeitet, Realität zu werden …

Was zu sagen wäre

Eine erfrischende Idee, wie man ein tot gerittenes Franchise noch mal aufleben lkässt: Wir wechseln die Erzählebene. Wes Craven tritt einen Schritt zurück und beobachtet nicht mehr die Welt der Albträume in dem Städtchen Springwood. Jetzt beobachtet er die Welt der Filmemacher in Hollywood, die eine erfolgreiche Serie von Filmen über mörderische Albträume in einem Städtchen namens Springwood, in deren Mittelpunkt eine Brandfratze mit Stahlklaue namens Freddy Krueger stand, in die Kinos gebracht haben – und die wollen jetzt, mehrere Jahre später, doch noch einen Film über Freddy machen.

Das kann man leicht abtun mit denkt Euch doch bitte mal was Neues aus. Aber für Freunde des Kinos bietet diese Film-im-Film-Note natürlich reizvolle Aspekte. Dem Zuschauer bietet sich erst einmal keine leichte Lösung. Das hält die Spannung in dieser ungewöhnlichen Erzählung. „Ich sage Dir, worum es bisher in diesem Albtraum geht“, sagt Wes Craven, der Regisseur, der plötzlich Albträume hat und den Wes Craven selbst spielt. „Es geht um dieses Wesen. Oder wie man es nennen will. Es ist alt. Sehr alt. Es existiert in verschiedenen Formen und Zeiten. Das einzige, was immer unverändert gleich bleibt, ist sein Ziel.“ „Und was ist das?“ „Es ist der Mord an der Unschuld!“ „Aber … entschuldige … wir reden doch immer noch von einem Drehbuch, oder Wes?“ „Naja, ich sehe es eher als einen sich entwickelnden Albtraum.“ „Aber hat das Ding irgendwelche Schwachpunkte in dem sich entwickelnden Albtraum?“ „Machmal kann es eingefangen werden. In erster Linie durch Geschichtenerzähler. Manchmal denken sie sich eine Geschichte aus, die das Wesentliche von ihm erfasst. Und dann ist es eine Weile in dieser Geschichte gefangen.“ „Wie der Geist in der Flasche?“ „Genau. Aber problematisch wird's, wenn die Geschichte stimmt. Und das kann auf viele Arten geschehen. Sie kann den Menschen zu vertraut werden, oder … sie wird verändert, um sie besser zu verkaufen, verstehst Du? Oder sie ist so schrecklich, dass sich die Leute total darüber aufregen und sie verboten wird. Wie auch immer so eine Geschichte sterben mag. Das Böse in ihr wird frei gesetzt.“ „Soll das heißen: Freddie ist dieses uralte Wesen?“ „Ja genau. Die jetzige Version. Und in den letzten zehn Jahren ist er praktisch in der Nightmare on Elam Street-Reihe gefangen gewesen. Jetzt, wo die Reihe zu Ende ist, ist der Geist aus der Flasche, Heather. Das sehe ich in meinen Albträumen.

Wes Craven hebt seine Freddy-Krueger-Fantasy auf unsere pragmatisch abgeklärte Ebene, macht aus Charakteren Schauspieler, die diese Charaktere gespielt haben und macht aus damaligen Opfern Zweifler ihrer selbst. Heather Langenkamp, die als Nancy Thompson in den Folgen 1 und 3 damit zu kämpfen hatte, dass niemand ihr ihre Albtraum-Schilderungen glauben wollte, kann jetzt ihrem kleinen Jungen nur schwer glauben, der aus Albträumen erzählt, selbst wenn dessen Stoffdinosaurier während eines dieser Träume zerfetzt worden ist.

Ein einfacher Perspektivwechsel macht das Nightmare-Franchise erst einmal wieder spannend – witzig für die Fans des Kults um Freddy, interessant für eine breite Zuschauerschaft. Craven emanzipiert sich weitgehend von seiner Splatter-Dramaturgie früherer Filme, erzählt den Horror allein über Konjunktive … über Einbildungen und Vorstellungen, sichtbar wird das Grausame erst in der letzten viertel Stunde. Davor hält Craven, der seine Story mit Anleihen bei Grimms „Hänsel & Gretel“ erzählt, schöne Spielszenen bereit, ein Duell Krankenschwester gegen Babysitterin, jede mit einer Spritze bewaffnet: „Ich weiß, was in Ihrer Spritze ist. Aber wissen Sie auch, was in dieser ist? Oder was passiert, wenn ich Sie mit dieser steche?

Im Krankenhaiusbett gibt der kleine Dylan die junge Linda Blair aus Friedkins Exorzist (1974) mit wild im Bett auf und ab katapultieren und Erbsensuppe kotzen. In einer Szene ruft die Schauspielerin Heather Langenkamp ihren Kollegen John Saxon an, mit dem sie in der Serie Tochter Nancy Thompson und Vater Lt. Thompson gespielt hat und fleht ihn an um Hilfe, während das Fernsehen dieselbe Szene aus Nighmare 1 zeigt. Beide tragen da auch dieselben Klamotten wie damals. Da lässt Craven seinen Film elegant zwischen Fiktion und Meta-Fiktion schweben bis die Frage im Raum steht, welcher Person wir im Kinosessel da eigentlich folgen; ob da nicht die reale Schauspielerin Heather Langenkamp nicht selbst nur fiktive Figur aus einem Drehbuch ist, deren Dramaturgie eben erst entwickelt wird. Da überhöht der Geschichtenerzähler seine Kunst ins Übersinnliche. Wer ist derjenige, der die Geister bändigt.

Craven wandelt die heutzutage große Schwäche seiner Horrorfigur Freddy als Stärke ein. Heute wisse, sagt die Schauspielerin aus den Nightmare-Filmen, „jedes Kind, wer Freddy ist. Er ist wie Santa Claus. Oder King Kong.“ So, wie Dinosaurier, eigentlich Schreckliche Echsen, längst Lieblinge im Kinderzimmer sind, ist auch Freddy zur komischen Figur im Kulturkanon erstarrt. Da lässt sich gut mit seinem Image spielen, lässt Übertreibungen zu, sogar unlogische Brüche glaubhaft erscheinen. Den ganzen Film püber heißt es, Freddy sei „fast am Ziel“. Und als er endlich dort ist, ist es schon eine viertel Stunde vor Abspann. Warum auch nicht. Es ist doch alles nur ein Film.

Wertung: 7 von 10 D-Mark
IMDB