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Spielberg gibt den Außerirdischen
ihre Würde zurück

Titel Unheimliche Begegnung der Dritten Art
(Close Encounter of the Third Kind)
Drehbuch Steven Spielberg
Regie Steven Spielberg, USA 1977
Darsteller

Richard Dreyfuss, Francois Truffaut, Terri Garr, Melinda Dillon, Bob Balaban, J. Patrick McNamara, Warren J. Kemmerling, Roberts Blossom, Philip Dodds, Cary Guffey, Shawn Bishop, Adrienne Campbell, Justin Dreyfuss, Lance Henriksen, Merrill Connally u.a.

Genre Drama, Romanze
Filmlänge 137 Minuten
Deutschlandstart
6. März 1978
Inhalt

Roy Neary, Elektriker in einer amerikanischen Kleinstadt, wird Augenzeuge der Ankunft leuchtender fliegender Objekte. Offensichtlich handelt es sich um UFOs.

Seitdem hat er eine Vision, manifestiert in einem Klumpen Rasierschaum und aufgehäuftem Kartoffelpuree. Roy beginnt, Hügel zu bauen. Aus Erde und Schlamm. Zu Hause. Seine Frau fleht ihn an, den „Unsinn endlich dranzugeben“ und flieht schließlich entnervt mit den Kindern. Die Einsamkeit verstärkt Roys Drang, die Vision des Berges zu klären. Eine Gleichgesinnte findet er in Jillian und deren Söhnchen Barry. Jillian malt seit einiger Zeit immer denselben Berg.

Und Barry wird entführt: Wieder waren die Leuchterscheinungen aufgetaucht, Barry kurz darauf verschwunden.

In den Fernsehnachrichten wird von einem Seuchen-Virus in Wyoming berichtet. Das Gebiet um Devil's Tower werde evakuiert. Devil's Tower ist der Berg aus Roys Visionen …

Was zu sagen wäre

Wesen von außerhalb nehmen Kontakt mit der Menschheit auf und die Astrowissenschaftler müssen erst einmal einen Globus organisieren, um auf diesem die Koordinaten abzugleichen, die die Aliens geschickt haben. Kartenmaterial haben sie augenscheinlich nicht. Sie sind schlecht vorbereitet. Oder vielleicht auch: schlecht ausgestattet. Wer glaubt schon ernsthaft, dass Außerirdische anklopfen? Als Piloten an Bord ihrer Linienmaschinen fremdartige Flugmaschinen sichten, die auf keinem Radar erscheinen, wollen sie dann auch lieber doch nicht UFOs melden. Die Wissenschaftler der nicht näher benannten UN-Alienbehörde sind so schlecht ausgestattet, dass kurzerhand ein anwesender Kartograf zum Dolmetscher für den französischen Delegationsleiter umfunktioniert wird.

Steven Spielberg erwischt wieder Menschen, die in ihrem Alltag vom außergewöhnlichen überrascht werden. In seinem Sugarland Express wurden die Cops im Drive- In, in der Waschanlage oder auf dem Klo von der Alarmmeldung einer Geiselnahme überrascht und waren dann keineswegs waffenklirrende Profis, sondern Familienväter, die plötzlich eine Familie jagen mussten. Hier sind es engagierte Wissenschaftler (ohne Globus), die den Signalen in einer mit Plastikplanen abgehängten Laborimprovisation auf die Schliche kommen. Und es sind Normalbürger, die Visionen haben. Bürger wie Roy Neary, der gleichzeitig funkelnde Phänomene sieht, seinen Job verliert, anfängt, in Rasierschaum, Kartoffelbrei oder Erde Figuren zu kneten und darüber seine Familie verliert, die entnervt das Weite sucht; oder Jillian, der ihr dreijähriger Sohn Barry durch die leuchten Erscheinungen abhanden kommt, und die dieselben Silhouetten malt, die Roy knetet.

In Steven Spielbergs Welt findet das Außergewöhnliche nicht zwischen gebügelten Uniformen statt, dafür haben seine Helden sprechende Namen. Der Haifischjäger in Jaws heißt Quint, wie die lateinischen Bezeichnung für der Fünfte. Quint war der fünfte Mensch, der durch den Hai ums Leben kommt. In "Close Encounter" nun heißt Spielbergs Held Roy Neary, weil er den Außerirdischen sehr nahe (near) kommen wird.

Kinoplakat: Unheimliche Begegnung der Dritten Art - Die Neue VersionEs braucht einige Zeit, bis Spielberg seine Figuren für den Zuschauer ausgebreitet hat. Zu Beginn lässt er uns an spektakulären Sichtungen teilhaben – Weltkrieg-II-Kampfflugzeuge, die wie neu in der mexikanischen Wüste stehen, ein in der Wüste Gobi gestrandetes Tankschiff, fliegende Leuchtkugeln und strahlende Eiswaffeln im Großraum Los Angeles. Wir lernen die Neary-Familie kennen, wir schauen den Wissenschaftlern beim Erklärungen suchen zu, wir freuen uns, wie unbefangen der dreijährige Barry auf die fliegenden Lichter zugeht, die für seine Mutter bedrohlich wirken, für den Kleinen jedoch pure Freude signalisieren. Und in den Kinosessel signalisieren: Das, was da kommt, ist unheimlich, weil fremd. Aber nicht gefährlich.

Wie sich herausspielt, sind die Außerirdischen recht verspielt, jedenfalls nach menschlichen Verhaltensmaßstäben, wenn sie in ihren bunt leuchtenden Raumschiffen durch die Luft hüpfen. als Roy Neary seinen ersten Kontakt hat, hat der Film einen seiner Magic Moments. Neary steht in seinem Pick Up nachts auf einsamer Landstraße und sucht auf der Karte nach dem Weg. Von hinten nähern sich Lichter, die hinter ihm stehen bleiben. Neary winkt sie vorbei. Und dann steigen die Lichter nach oben. Eine in seiner ihrer simplen Überraschung großartige Szene.

Der Plot verdichtet sich am Devil's Tower in Wyoming, wo die als böse und abweisend apostrophierte US-Regierung durch ihr Militär einen Giftgasunfall vortäuscht, um die Menschen zu vertreiben, damit niemand etwas erfährt von dem Kontakt zu Außerirdischen, der sich anbahnt. Roy Neary und Jillian, die in dem Tafelberg die Silhouette aus ihren Visionen erkennen und also dorthin fahren, sollen auch wieder vertrieben werden. Dem französischen Chef de Mission, lacombe, passt das gar nicht: „Sie wurden eingeladen!“ sagt er seinen Mitarbeitern. „Sie haben mehr Recht, hier zu sein, als wir!“ Und nun wird deutlich, warum der Chefwissenschaftler Lacombe von einem Europäer gespielt werden soll. In der inneren Logik des Films kann nur ein Europäer den militärisch geifernden US-Militärs Paroli bieten. Die Idee, dass bestimmte Menschen von Außerirdischen auf der Erde eingeladen werden, unterstreicht Spielbergs klaren Willen, die Fremden nicht als Bedrohung wahrnehmen zu wollen. Es ist nach Vietnamdesaster, Watergateskandal und mitten in der atomaren Aufrüstung ein Echo friedensbewegter Zeiten, das den Film durchzieht.

Und als dann im Schatten des Tafelbergs die Kontaktaufnahme zu den Aliens gelungen ist, explodiert die Leinwand in Farben und Klängen; als würden sich kleine Kinder auf dem Spielplatz austoben. Ein wenig erinnern die Außerirdischen mit ihren großen Augen und den langen Gliedmaßen auch an Kinder. Da passt Richard Dreyfuss, der noch immer wirkt, als trage er Babyspeck ab (Der weiße Hai – 1975; American Graffiti – 1973), gut hinein, wenn er als Roy Neary mit ihnen an Bord geht für eine sicher ganz und gar nichts hat unheimliche Reise.

Wertung: 5 von 6 €uro
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