Richard Brodie, den alle Welt "Ditch" nennt, ist ein Draufgänger, ein Frauenheld, ein Glücksritter, ein in der Szene der Fallschirmspringer als Legende verehrter Springer. Ditch schlägt sich in Arizona durchs Leben, im Mittelwesten, flaches Land, weites Land, leeres Land. Brodie ist ein Arschloch. Also, streng genommen.
Gerade hat er wieder mal einen medienwirksamen Stunt hingelegt, wodurch ihm einmal mehr die Entziehung seiner Lizenz droht. Um halbwegs wieder lauter dazustehen, übernimmt Ditch das Sprungtraining bei der Amateurin Chris Morrow. Doch während des Fluges auf Sprunghöhe stürzt Chris schon vorher ungesichert aus dem Flugzeug und schlägt ungebremst auf dem Boden auf, ohne dass Ditch ihr helfen kann. Er wird daraufhin suspendiert, zudem verfolgt Staatsanwalt Ben Pinkwater eine Mordanklage gegen Brodie, da dieser seine Aufsichtspflichten missachtet hat.
Um seinen Ruf wiederherzustellen, forscht Ditch auf eigene Faust nach und erkennt, dass er, wie alle anderen auch, getäuscht wurde. Er folgt einem Flugzeug und kommt so zu einem verlassenen Hangar, wo er Chris putzmunter vorfindet. Sie hat ihren Tod nur vorgetäuscht, um Ruhe vor ihren Feinden zu haben.
Chris benötigt einen speziellen Gegenstand, Ditch wieder eine reine Weste: Das ungleiche Paar muss also zusammenarbeiten …
Der Opener ist in der Tat ein echter Hingucker, wie wir das erwarten, wenn wir für einen mutmaßlichen Actionfilm auf der großen Leinwand bezahlen. Wenn in der lichtlosen Nacht der Wüste Arizonas eine Boeing 747 aus dem Nichts knapp über unsere Köpfe im Kinosessel donnert, hat der Film seinen ersten Wow-Effekt.
Ansonsten ist das einer dieser Quatschfilme, die ihren WannaBe-Status schon auf dem Plakat zementieren. Komponist Joel McNeely wurde für seinen Score offenbar angewiesen, möglichst so zu klingen, wie Michael Kamens Soundtrack in Stirb Langsam. Der Versuch läuft ins Leere, weil "Terminal Velocity" keinen Bruce Willis hat, keinen Sympathieträger hat. Charlie Sheen (Die drei Musketiere – 1993; Hot Shots! Der 2. Versuch – 1993; "Loaded Weapon 1" – 1993; Hot Shots! – Die Mutter aller Filme – 1991; Rookie – Der Anfänger – 1990; Young Guns – 1988; Wall Street – 1987; Platoon – 1986; Ferris macht blau – 1986; "Die rote Flut" – 1984) ist gut, wenn er sich selbst karikieren kann wie in den Hot Shots-Filmen. Also macht er das auch hier. Er und Nastassja Kinski tauschen die in solchen Filmen bislang üblichen Geschlechterklischees. Tatscht er ihr als veritabler Fallschirm-Macho an den Hintern, tatscht sie ihm als Geheimnisvolle Fremde kurze Zeit später ebenfalls an den Hintern. Es ist dann sie diejenige, die weiß, wo es lang geht, die Kommandos gibt, während er eher unbeholfen durch die Drehbuchseiten stolpert. Das ist charmant und die einzige Überraschung. Natürlich gibt es dann trotzdem auch die genreübliche Kaminfeuerszene.
Das wirkt alles sehr bemüht. Womöglich hatte da ein Produzent kurz vor Jahresfrist Geld über oder jemand hielt es für eine gute Idee, verkannten Schauspielern wie Charlie Sheen und Nastassja Kinski (In weiter Ferne so nah – 1993; Hotel New Hampshire – 1984; Paris, Texas – 1984; Katzenmenschen – 1983; Falsche Bewegung – 1975) eine Chance zu bieten oder vielleicht waren es Sheen und Kinski selbst, ausgedacht während einer heißen Affaire. Man weiß es nicht, aber keiner der mehr oder weniger guten Ideen funktioniert letztlich, was nochmal deutlicher wird, weil die zentrale Action – der Sprung aus dem Flugzeug, der rasende Fall gen Erdboden – denkbar lieblos inszeniert wird. Da fällt halt einer und zieht irgendwann die Reißleine (oder auch nicht). Eine innere Dramaturgie geht diesen zentralen Elementen ab. Parallel zu diesem Skydiver-Film wurde ein zweiter produziert, Drop Zone mit Wesley Snipes. Dort ist die Geschichte noch abstruser, aber deshalb trauen sich die Produzenten auch die irrwitzigeren Stunts zu.
Doch, doch: Mit ein paar Bier im Kopf geht der Film ganz gut. Der Film warb im Presseheft mit dem markigen Oneliner „A maverick skydiver and a former KGB agent team up to stop the Russian mafia from stealing gold“. Mönsch! So beschrieben klingt der Film toll.
Das Drehbuch wurde zuerst für Tom Cruise geschrieben und nach seinem Verzicht auf die Rolle des Richard Brodie für 500.000 US-Dollar verkauft. William Baldwin lehnte die Hauptrolle ebenfalls ab.
Im Film fährt Charlie Sheen einen weißen 1970er Dodge Challenger. Ein nahezu genauso aussehendes Modell wurde auch in dem Film Fluchtpunkt San Francisco von 1970 verwendet. Bei diesem Film führte Richard C. Sarafian Regie, der Vater von Deran Sarafian, dem Regisseur von Tödliche Geschwindigkeit.
Für den freien Fall eines Autos aus dem Flugzeug und die damit verbundene Kletterpartie, um Chris Morrow aus dem abgeschlossenen Kofferraum zu befreien, benutzte man 23 Cadillac Allantés, von denen neun dabei komplett zerstört wurden.
Auffälligster Fehler des Filmes war die Verwendung einer Interflug-Boeing 747. Zum Fuhrpark der DDR-Fluggesellschaft Interflug gehörte nie eine Boeing oder eine andere amerikanische Maschine, sondern ausschließlich Iljuschin- und Tupolew-Maschinen. Das modernste Flugzeug war ein Airbus, den die Interflug kurz vor dem Mauerfall in Dienst stellte. Außerdem wurde einmal eine De Havilland DHC-8 von Tyrolean gechartert.
Chris Morrow führt den militärischen Gruß am Ende mit der linken Hand aus.