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Plakatmotiv: Tarantula (1955)

Eine Monsterspinne
zerlegt Wiederkäuer

Titel Tarantula
(Tarantula)
Drehbuch Jack Arnold & Robert M. Fresco & Martin Berkeley
Regie Jack Arnold, USA 1955
Darsteller

John Agar, Mara Corday, Leo G. Carroll, Nestor Paiva, Ross Elliott, Edwin Rand, Raymond Bailey, Hank Patterson, Bert Holland, Steve Darrell, Clint Eastwood u.a.

Genre Monsterfilm
Filmlänge 80 Minuten
Deutschlandstart
23. März 1956
Inhalt

Professor Gerald Deemer hat sich mit zwei Kollegen für wissenschaftliche Experimente in die Wüste von Arizona zurückgezogen. Die Weltbevölkerung wachse rasant, sagt er, bald teilten sich drei Milliarden Menschen den Planeten. Sie alle zu ernähren, hält Deemer für unmöglich. Seine Lösung: größeres Nutzvieh. Er entwickelt eine synthetische Nährlösung, die bei Tieren ein ungeheures Wachstum auslöst.

Zu dieser Zeit kommt Stephanie Clayton in die Kleinstadt Desert Rock. Sie will als Praktikantin in Deemers Labor vor den Toren der Stadt arbeiten. Dort lernt sie Matt Hastings kennen, den örtlichen Arzt. Der hat eben den Tod eines Kollegen von Deemer diagnostizieren müssen; Plakatmotiv: Tarantula (1955) zu allgemeiner Verwunderung ist er an Akromegalie gestorben, einer seltenen Krankheit, die sich über Jahre entwicklet, hier aber innerhalb nur weniger Tage ausbrach und zum Tod führte.

Deemers Forschungsarbeiten geraten außer Kontrolle: Eine von ihm behandelten Tarantel entkommt aus dem Labor und wächst zu einem riesigen Monstrum heran ...

Was zu sagen wäre

Da geben wir den Frauen das Wahlrecht. Und bekommen Wissenschaftlerinnen“, stöhnt James Agar, als er Stephanie Clayton kennenlernt, die als Praktikantin bei Professor Deemer anfangen will. Sie lässt sich burschikos Steve rufen, was ihr maximale Verkumpelung sichert.

In den 1950er Jahren war die Rolle von Frauen in Filmen, von Ausnahmen abgesehen, noch eher die eines romantischen Subjekts, auf dass der Held am Ende nicht alleine in den Sonnenuntergang reiten muss. Dass eine Frau als Wissenschaftlerin auftritt, also emanzipiert einem eigenen Beruf nachgeht, war für die (männlichen) Filmemacher schwer zu erzählen; die Rolle der Wissenschaftspraktikantin, die neu in den Ort kommt, war die einzige, die sie logisch in die Handlung integriert – da sollte sie wenigstens einen Männernamen tragen.

Der Film wirkt, wie eine Kopie des im Jahr zuvor entstandenen Monsterfilms Formicula von Gordon Douglas – und gegen Douglas' Riesenameisen bleibt die Tarantel zweiter Sieger. Die Story ist nicht ausgearbeitet, kommt über "Mad Scientist macht im Labor eine Riesen-Tarantel, die entkommt" nicht hinaus. Aber der Film wirbt auch nicht mit sozialen Verwerfungen durch wissenschaftliche Experimente, sondern mit „Giant Spider strikes. Crawling Terror 100 Feet High!“ Es gibt die turtelnden, bzw. rennenden Hauptdarsteller, die Tarantel und ein paar sauber abgenagte Skelette. Was dem Film fehlt, ist der Thrill – blöd bei einem Monsterfilm. Weder die abgenagten Skelette der Rinder noch die bizarren körperlichen Deformierungen durch eine Krankheit namens Akromegalie lösen wirklich Gänsehaut aus. Es tobt halt eine riesige Spinne durch eine leere Wüste.

Im Vergleich – wieder – zum großen Vorbild, das Jack Arnold nach eigener Aussage gar nicht gekannt haben will, als er "Tarantula" vorbereitete, wird die Schwachstelle deutlich. Die Spinne ist zu groß; eine spannungsfördernde, echte Interaktion mit Menschen ist unmöglich, also sehe ich entweder laufende, kreischende Menschen oder die Spinne. Douglas' Riesenameisen waren noch klein genug, um Menschen in ihre Zangen zu nehmen. Plakatmotiv: Tarantula (1955) Warum aber das von Professor Deemer erfundene Serum auf Tiere wachstumsfördernd wirkt, beim Menschen aber zu rasant fortschreitender Akromegalie führt, lässt der Film offen.

"Tarantula" ist ein Klassiker im Genre des Monsterfilms. Fast alle Aufnahmen entstanden mit echten Taranteln, die Arnold mit einem Luftstrom in die gewünschte Laufrichtung dirigierte. Nur in zwei Szenen wurden Modelle verwendet. Die Tarantel-Effekte sind gut gelungen, erstaunlicherweise die im Tageslicht besser, als die in den Nachtszenen, wo die Tarantel aussieht, wie ein konturloses schwarzes Loch. Leo G. Carrol (Wir sind keine Engel – 1955; "Schnee am Kilimandscharo" – 1952; Der Fremde im Zug – 1951; "Vater der Braut" – 1950; Der Fall Paradin – 1947; Ich kämpfe um Dich – 1945; Verdacht – 1941; Rebecca – 1940) schafft eine schöne Balance zwischen Mad Scientist und sympathischem Pechvogel; ihm glaube ich seine Zerrissenheit sofort. Das Hauptdarsteller-Paar, John Agar und Mara Corday, ist okay – hier der freundliche Arzt aus der Nachbarschaft, der sogar den Bundespolizisten sagt, wann sie wo Dynamit sprengen sollen, dort die patente Wissenschaftlerin im eng anliegenden Kostüm.

Zum Kult eignet sich der Film für Clint-Eastwood-Fans (s.u.): Als Bomberpilot, der die entscheidende Napalmbombe auf das Monster wirft, hat er einen kurzen Auftritt – es ist sein zweiter Auftritt in einem Kinofilm (und sein zweiter, ohne im Abspann erwähnt zu werden). Es sollte noch neun Jahre dauern, bis er mit Für eine Handvoll Dollar seine Weltkarriere starten konnte. Komischerweise startet Eastwoods Napalm-Geschwader in F-84-Kampfjets, bekämpft aber die Spinne dann mit F-80/P-80 Jets.

Jack Arnold (1916 – 1992) kam über den Dokumentarfilm zur Spielfilmregie. Kultstaus erlangte er durch seinen legendären Zyklus mit Horror- und Science-Fiction-Filmen, den er in den fünfziger Jahren für die Universal-Studios drehte – beispielsweise "Gefahr aus dem Weltall", Der Schrecken vom Amazonas und Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.. Als versierter Handwerker inszenierte er zudem Western wie Auf der Kugel stand kein Name, Krimis wie "Des Teufels Lohn" und Komödien wie "Die Maus, die brüllte".

Wertung: 5 von 7 D-Mark
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