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Plakatmotiv: Victoria & Abdul (2017)

Gefälliges Solidaritätskino
mit guten Schauspielern

Titel Victoria & Abdul
(Victoria & Abdul)
Drehbuch Lee Hall
nach dem gleichnamigen Buch von Shrabani Basu
Regie Stephen Frears, UK, USA 2017
Darsteller
Judi Dench, Ali Fazal, Tim Pigott-Smith, Eddie Izzard, Adeel Akhtar, Michael Gambon, Paul Higgins, Olivia Williams, Fenella Woolgar, Julian Wadham, Robin Soans, Ruth McCabe, Simon Callow, Sukh Ojla, Kemaal Deen-Ellis u.a.
Genre Biografie, Drama, Historie
Filmlänge 111 Minuten
Deutschlandstart
28. September 2017
Website focusfeatures.com/victoriaandabdul
Inhalt

Im Jahr 1887 feiert die britische Königin Victoria mit einem prachtvollen Fest ihr 50. Thronjubiläum. Während der Feierlichkeiten lernt die Monarchin den jungen indischen Bediensteten Abdul Karim kennen, der extra anlässlich des Jubiläums nach Großbritannien gereist ist.

Nur kurze Zeit später nimmt die exzentische Königin den jungen Inder in ihr Gefolge auf, was ihre Familie und ihre Berater ebenso verblüfft wie vor den Kopf stößt. Doch bald schon entwickelt sich zwischen dem Diener und der Monarchin durch lange und inspirierende Gespräche eine tiefe Freundschaft, durch die Victoria, die unter anderem auch den Titel Kaiserin von Indien trägt, viel über die ihr fremde Kultur von Abduls Heimat lernt.

Die außergewöhnliche Beziehung der beiden erzeugt jedoch auch schnell Missgunst und Neid unter den übrigen Menschen am Hofe …

Was zu sagen wäre

Charmant, dass Stephen Frears (Florence Foster Jenkins – 2016; The Queen – 2006; High Fidelity – 2000; Mary Reilly – 1996; "The Snapper" – 1993; Ein ganz normaler Held – 1992; Gefährliche Liebschaften – 1988) uns mal wieder am Leiden im britischen Königspalast teilhaben lässt. Ausgerechnet jetzt, wo uns Westlern die Moslems als arg Unheimliche erscheinen, besucht einer die britische Quen, die an unser statt mehr über den Fremden erfahren darf. Frears' Film ist in Zeiten, in denen Europa über Flüchtlinge, Fremde, und arabische Terroristen diskutiert, ein Plädoyer zur Völkerverständigung – man möge fremde Ideen interessiert betrachten und hinterfragen, anstatt sie gleich zu verdammen.

Schwierig ist, dass Judi Dench als Queen Victoria wie eine Wiedergängerin wirkt: Hatte sie nicht in „Ihre Majestät Mrs. Brown“ schon die depressive, einsame Victoria gespielt, die ihren Hofstaat mit einem Schotten brüskiert? Und beleuchtet nicht NETFLIX gerade die Machenschaften, Intrigen und Rituale im königlichen Palast ausführlich in der Serie „The Crown“? Kurz: Es ist so ein bisschen alles nicht überraschend, was mir da erzählt wird. Judi Dench ist wieder Victoria, und wieder legt sie ihre ganze Autorität in diese Rolle, und wieder sind die Höflinge not amused über das unkönigliche Verhalten der Queen. Ihr gegenüber steht der sympathische, nicht jeder Eitelkeit abholde Inder Abdul, der der Queen orientalische Sichtweisen näher bringt, der die Unübersichtlichkeit verkörpert, die uns Westlern Begriffe wie Hindu, Inder,  Moslem oder Islam bereiten – so richtig auseinanderhalten können wir das ja selten. Als Zuckerguss dürfen uns ein wenig gruseln vor dem britischen Standesdünkel, in dem sich jeder über den anderen erhebt und alles längst in Ritualen erstickt ist.

Frears, Spezialist in britischen Königsdramen, hat eine weitere – mehr oder weniger – wahre Geschichte verfilmt. Der Inder Mohammed Abdul Karim erhielt 1887 eine Anstellung als einer von zwei persönlichen Dienern im königlichen Haushalt. Er wurde ein besonders geschätzter und geehrter Diener von Queen Victoria, die zu diesem Zeitpunkt auch Kaiserin von Indien war, und es entwickelte sich zwischen den beiden eine innige platonische Freundschaft. Von der Königin, die über ein Fünftel der Erde und ein Drittel der Weltbevölkerung herrschte, erhielt er später den Titel Munshi, was soviel wie „Lehrer“ oder „Angestellter“ bedeutet, weshalb Karim auch als The Munshi bekannt war. Zudem ernannte sie ihn zu ihrem indischen Sekretär, der sie auf vielen ihrer Reisen begleitete.

Das ist schön anzusehen, gefällig inszeniert und adäquat gespielt. Anders als Frears' The Queen aber verschwindet dieser Film im Rauschen des wöchentlichen Kinoflusses.

Wertung: 5 von 8 €uro
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