Eine Million Dollar Belohnung setzt der mexikanische Großgrundbesitzer El Jefe auf den Mann aus, der seine Tochter geschwängert hat: Alfredo Garcia.
In einem verlassenen Nest finden zwei Kopfgeldjäger eine Spur: Der heruntergekommene Barpianist Bennie kennt Garcias Aufenthaltsort. Sie versprechen ihm 10.000 Dollar für seinen Kopf und Bennie schlägt ein. Denn er weiß, dass Garcia längst tot im Grab liegt.
Mit seiner Geliebten, der Prostituierten Elita, macht er sich auf zu Garcias Grab, um den Toten seines Kopfes zu berauben. Mit dem Geld will er mit Elita ein neues Leben beginnen. Doch so einfach geht die Rechnung nicht auf …
Sam Peckinpah hat ein Herz für die Verlierer der Gesellschaft. Vielleicht, weil er sich selbst als solchen im Kampf gegen übermächte Bosse in den Filmstudios sieht. Sein jüngster Film mit dem blutigen Titel „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“ – Betonung auf den Kopf – ist gleichermaßen Romantik, Road Movie, Drama, Ballade, eingepackt in einen Film von melancholischer Schönheit. Das Setting erinnert an das sterbende Venedig – nur ohne Wasserstraßen in der Hitze Mexikos.
Den letzten Kampf gegen die Bosse Hollywoods, der um den Final Cut zu Pat Garrett jagt Billy the Kid, hatte Peckinpah verloren; das Studio montierte Peckinpahs Western-Melodram nach eigenem Gutdünken um. Es ist nicht so schwer, in Warren Oates' Figur des Bennie Peckinpahs Alter Ego zu erkennen.
Dieser Bennie ist ein klassischer Vertreter des Verlierers. Einer, der ganz gut am Klavier ist, sich seit sechs Jahren in Mexiko mit Klimperjobs über Wasser hält, auch in schattigen Räumen gerne die Sonnenbrille aufbehält und mit der örtlichen Star-Hure liiert ist. Sein Vorleben: unbekannt. Bennie wirkt wie ein Verwandter von Humphrey Bogarts Fred C. Dobbs in John Hustons Schatz der Sierra Madre (1948). Für 10.000 Dollar wirft Bennie alle moralischen Bedenken über Bord.
Klar, dieser Alfredo Garcia, von dem ledigich der leblose Kopf noch von Wert ist, war mal die große Liebe seiner Freundin, der Star-Hure, insofern ist eine gewissen Genugtuung erklärlich, diesen Garcia aus der Welt der Lebenden zu entfernen. Aber nachdem Garcia schon tot und begraben ist, muss sich Bennie ja nicht mal die Hände schmutzig machen und was sind schon Grabschändung und Störung der Totenruhe gegenüber 10.000 Dollar?
Wie schwer diese 10.000 Dollar zu verdienen sind, die doch nur ein Bruchteil jener eine Million Dollar ist, die El Jefe für den Kopf ausgelobt hat, zeigt Peckinpah im letzten Drittel seines jetzt zu einem grotesken Buddy Movie gewandelten Films, in dem Bennie mit dem zunehmend modernden Kopf des Geforderten durch die Hitze Mexikos fährt und Gespräche mit dem von Fliegen besetzten Kopf im Sack führt. Ist das noch Schwarze Komödie? Oder doch schon furchtbares Schicksals-Drama?
Am Ende des Films gibt es etwa 30 Tote – blutige Kadaver allesamt, erschossen in wilden, bisweilen in für Peckinpah typischen Zeitlupen dahin gerafften Männern (und einigen Frauen).
Aber bis es soweit kommt, hat Peckinpah (Pat Garrett jagt Billy the Kid – 1973; "Getaway" – 1972; Junior Bonner – 1972; Wer Gewalt sät – 1971; The Wild Bunch – 1969; Sierra Charriba – 1965) uns mitgenommen auf eine wild romantische Reise quer durch ein irritierend schönes, dem Verfall anheim gegebenes Mexiko. Hat uns eine Liebesgeschichte erzählt, die in der Welt dieser traurigen Träumer und allmächtigen Großgrundbesitzer nur scheitern kann, hat Familienehre gegen die Skrupellosigkeit von Kopfgeldjägern gestellt und damit die Macht des Geldes gegen die Macht des eigenen Blutes thematisiert.
Und er hat ein bitteres Fazit seiner Beobachtungen gezogen: Der so oft und gerne immer wieder in Filmen von Hollywood-Bossen beschworene American Dream ist eine Lüge. Bist Du unten, bleibst Du unten. Bist Du oben, bleibst Du oben; bis Dich ein Konkurrent aus dem Weg räumt. Und bist Du eine Frau, musst Du Dich alleine durchschlagen. In der Figur der Elita ist Peckinpah tatsächlich etwas für das Genre Seltenes gelungen: Die von Isela Vega gespielte Star-Hure ist eine eigensinnige, ungewöhnlich starke Persönlichkeit, die ihre Position in der Harte-Kerle-Welt durchaus zu behaupten weiß.
„Bring me the Head of Alfredo Garcia“ ist ein fatalistischer Film, der wirkt, wie ein Abschiedsbrief seines Regisseurs.
<Nachtrag2003>Alfredo Garcia war der nach Peckinpahs Angaben einzige Film, den er so drehen und schneiden konnte, wie er es wünschte, kommerziell jedoch der vielleicht größte Flop seiner Karriere. Fast die gesamte US-Filmkritik nannte den Film eine Katastrophe. Allein Roger Ebert bezeichnete ihn als „bizarres Meisterwerk“, eine Meinung, die sich heute allgemein durchsetzt.
Sam Peckinpah drehte Alfredo Garcia ein Jahr nach der aus seiner Sicht furchtbaren Produktion von Pat Garrett jagt Billy the Kid. Der Regisseur war gesundheitlich angeschlagen, sein Konsum an Alkohol und bei den Dreharbeiten zu Alfredo Garcia erstmals auch an Marihuana stieg stetig und gefährdete nicht nur ihn selbst, sondern auch die Produktion.</Nachtrag2003>