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Plakatmotiv: Drei Fremdenlegionäre (1977)

Marty Feldman dekonstruiert
die Dramaturgie des Kinos

Titel Drei Fremdenlegionäre
(The Last Remake of Beau Geste)
Drehbuch Marty Feldman + Chris Allen + Sam Bobrick
mit Charakteren aus der Feder von Percival Christopher Wren
Regie Marty Feldman, USA 1977
Darsteller Ann-Margret, Marty Feldman, Michael York, Peter Ustinov, James Earl Jones, Trevor Howard, Henry Gibson, Terry-Thomas, Roy Kinnear, Spike Milligan, Avery Schreiber, Hugh Griffith, Irene Handl, Sinéad Cusack, Henry Polic II u.a.
Genre Komödie, Abenteuer
Filmlänge 85 Minuten
Deutschlandstart
20. Dezember 1977
Inhalt

England, Ende 19. Jahrhundert: Da Witwer Sir Hector nicht der ersehnte Stammhalter vergönnt war, adoptiert er Beau und Digby. Ersterer wächst zum Helden heran, Letzterer zur Lachnummer.

Hector nimmt dann mit Flavia ein echtes Teufelsweib zur neuen Angetrauten und bezahlt dies nur zu bald mit dem eigenen Leben. Sie hat es auf den Familienschatz, einen blauen Edelstein, abgesehen, den aber der zur Fremdenlegion flüchtende Beau einsackt. Rasch kommt ihm Digby nach, auf den Fersen gefolgt von Flavia  …

Was zu sagen wäre

Marty Feldman dekonstruiert die Bildsprache des Kinos. Der britische Komiker hat seinen Regisseuren, wie etwa Mel Brooky bei Frankenstein Junior (1974), genau über die Schulter geschaut und entblättert die Dramaturgie des Abenteuergenres.

Vordergründig wabert da immer das dramatische Abentuer des Beau Geste, das auf dem Roman „Drei Brüder“ basiert, den Percival Christopher Wren 1924 veröffentlicht hat. Ein saftiger Stoff, der es auf mittlerweile drei Verfilmungen geschafft hat. 1926 als Stummfilm („Blutsbrüderschaft“), 1939 und 1966 als großes Abenteuer mit Gary Cooper. In Feldmans Version bleibt von der Originalgeschichte wenig mehr als die Geschichte um den Diamanten. Aber auch die ist für Feldman nur Gelegenheit, das Genre des Abenteuerfilms auseinanderzunehmen und dessen Mechanismen zu veralbern.

Da werden edle Königinnen im Ölgemälde ihres Bustiers beraubt, da fliegen dem Hausfaktotum bei jedem Zeitsprung Kalenderblätter um die Ohren („Ich glaube, ich habe wieder ein Bildklischee entdeckt!“), da werden Kinder beim Kommando-üben in den Teich versenkt, ein Napoleon in Öl hat seine berühmte Hand nicht zwischen den Knöpfen, sondern im Hosenlatz. Schon im Titelvorspann fällt der schielende Brite über das animierte Logo der Universal Studios her, bis nichts davon übrig bleibt. Unablässig setzt sich Feldman mit der Bildsprache jener heroischen Abenteuerfilme auseinander, die das Kino der 50er und 60er Jahre prägten – die genretypische Einleitung über die Weltkarte endet mit einem gigantischen Zeigefinger, der im Wüstensand steckt, um – auf der Karte – zu zeigen, wo wir sind, bis die Soldaten in das Loch stolpern, dass der Zeigefinger im Sand hinterlassen hat.

Und mitten in der Wüstenschlacht gibt es einen Werbespot für potente Kamele.

Feldman entfesselt einen komödiantischen Bilder- und Szenenrausch, der im Kino der 70er Jahre seinesgleichen sucht: Wenn Digby aus dem Gefängnis ausbrechen muss, in das er über eine Gefängnisstrafen-Versteigerung schließlich zu 935 Jahren verurteilt worden war, schaltet der Film auf Schwarz-Weiß und Slapstick-Comedy. Da zeigt Filmfan Feldman, dass er seine Vorbilder beherrscht. „Beau erwuchs zu voller Mannesblüte. Und ich wurde älter.“ In den bemerkenswertesten Sequenzen tauscht sich Marty Feldman mit den schwarz-weißen Vorgängern seines Bruders Beau, Gary Cooper und – Stummfilm – Ronald Colman, aus. In diesen Szenen enthemmter Kinoleidenschaft zeigt sich Feldmans wahres komödiantisches Talent: Dekonstruktion.

<Nachtrag1994>Ohne Marty Feldman, dessen komödiantisches Talent fälschlicherweise häufig auf seine schielenden Augen reduziert wird, wäre der Erfolg der britischen Monty Python oder der amerikanischen ZAZ-Truppe („Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ – 1980; „Die nackte Kanone“ – 1988) kaum denkbar. Der Brite mit den – in der Tat – schrägen Augen hat ihnen die Boden bereitet. Auch Carl Reines Tote tragen keine Karos (1982) basiert in der Erzähltechnik aus Alt neben Neu auf Feldmans klassiker. Schon Feldmans Filmtitel „The Last Remake of Beau Geste“ macht klar, dass wir hier keinen einfachen Abenteuerfilm sehen werden, sondern einen Film, der die Bildsprache solcher Filme aufs Korn nimmt – eine Film-im-Film-im-Abenteuerfilm-Parodie sozusagen.</Nachtrag1994>

Wertung: 8 von 9 D-Mark
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