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Kinoplakat: Vergessene Welt – Jurassic Park
Die Story zynischer
Die Dinos gerissener
Titel Vergessene Welt – Jurassic Park
(The Lost World: Jurassic Park)
Drehbuch David Koepp + Michael Crichton
nach dem gleichnamigen Roman von Michael Crichton
Regie Steven Spielberg, USA 1997
Darsteller Jeff Goldblum, Julianne Moore, Pete Postlethwaite, Arliss Howard, Richard Attenborough, Vince Vaughn, Vanessa Lee Chester, Peter Stormare, Harvey Jason, Richard Schiff, Thomas F. Duffy, Joseph Mazzello, Ariana Richards, Thomas Rosales Jr., Camilla Belle u.a.
Genre Science Fiction, Abenteuer
Filmlänge 129 Minuten
Deutschlandstart
7. August 1997
Inhalt

”Es gab eine zweite Anlage? Ich dachte, alle Saurier wären auf Isla Nublar verendet!“
Isla Nublar war nur ein Produkt. Eine Anlage für Touristen. In der Anlage B auf Isla Sorna haben wir sie erschaffen. Ein Wirbelsturm hat die Anlage zerstört. Die Tiere haben sich in der Folge auf Sonar ein perfekt funktionierendes Ökosystem geschaffen. Es ist, wie Sie es so lyrisch ausdrückten, Dr. Malcom: 'Das Leben findet einen Weg!'“

Keiner wusste es. Außer den Leuten von der In-Gen Corporation. Und die rochen weiterhin das große Geld, stellten In-Gen-Gründer John Hammond kalt und überließen seinem Neffen das Feld. Der Plan: „Ein neuer Jurassic Park! Aber nicht auf einer abgelegenen Insel. Nein! Hier! In San Diego!“ Und so schickte er Großwildjäger nach Sorna: „Fangt die Dinosaurier und bringt sie her!“

Auch John Hammond, die Katastrophe ahnend, schickte ein Team. Zu Forschungszwecken. Die Leitung übernimmt Saurierkenner Ian Malcom. Unfreiwillig. Den Lebewesen auf Sorna sind die unterschiedlichen Beweggründe der Teams egal. Sie werden besucht, sie folgen ihrem Instinkt … und sagen „Hallo!“

… auf ihre Art …

Was zu sagen wäre

Nach zwei Jahren Berufspause hat sich Steven Spielberg kraftvoll zurückgemeldet. Mit der Verfilmung des Michael Chrichton-Thrillers „The Lost World“ hat er den Vorgänger Jurassic Park in den Schatten gestellt. Schneller. Dunkler. Bösartiger.

Spielberg hat eine wunderbare Hommage auf den alten Gevatter „King Kong” gedreht – unterstützt von modernster Digitaltechnik nur etwas perfekter. Mancher Zuschauer moserte, Spielberg habe einfach „eine neue Insel erfunden“ um mit derselben Story nochmal zu kassieren. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Neues, Bedenkenswertes gar, hat „The Lost World“ nicht zu bieten; aber der Film ist großes Kintopp, in dem Spielberg gleich mehrfach seine speziellen Qualitäten offenbart. Wenn es um Action-Sequenzen und um Immer-noch-einen-drauf-setzen geht, hat er eine eine große Hand – ein fantastischer Thrill-Ride, dessen Höhepunkt eine Szene ist, in der Julian Moore in einem Campmobil über dem Abgrund auf dem Heckfenster liegend ausharrt, welches unter ihrem Gewicht knackend und klirrend Risse bekommt, nachgibt – und die Hilfe abgelenkt wird, weil gerade zwei Tyrannosaurus Rex die Szenerie betreten.

Es gibt da eine Szene, die ziemlich gut das Dilemma eines Drehbuchautoren eines solchen Dionsaurier-Thrillers beschreibt. Die Handlung muss menschlich, logisch, alltäglich nachvollziehbar sein und gleichzeitig aber over the edge. Eine solche Szene kommt, wenn ein Expeditionsmitglied zum Pinkeln austritt und seinem Nachbarn sagt, er möge ihm bitte BackUp geben. Aber der Mann hat einen Kopfhörer auf und hört südamerikanische Mariachi-Weisen. Für das Expeditionsmitglied endet das extrem schmerzhaft und letztlich tödlich. Man darf im Kinosessel konstatieren, dass kein Mitglied einer professionellen Söldnertruppe in einer derartigen Ausnahmesituation auf einer solchen Dinosaurier-Insel einen Kopfhörer aufziehen würde um Musik zu hören; das widerspricht menschlicher Notwehrhaltung. Aber dieser Vorwurf zielt daneben: Die sich daraus entwickelnde Szene ist filmdramaturgisch sehr spannend, einer der Thrillhöhepunkte; logisch nicht nachvollziehbar, aber erzähltechnisch nicht zu diskutieren.

Es gibt in der Folge eine kleine Szene, in der der InGen-Beauftragte, der längst als Arschloch identifiziert ist, Anweisungen, Kommandos, Befehle gibt, die niemand befolgt. Erst, als der Abenteurer Nick die(selben) Anweisungen gibt, reagieren die Männer – Erfahrung geht vor bürokratisch begründetem Scheckheft.

Schließlich inszeniert Spielberg den Angriff der Velociraptoren, die wir seit dem ersten Teil als die wahre Bedrohung kennen. Während der T-Rex einfach nur frisst, was ihm zwischen die Zähne kommt, jagen die Raptoren strategisch, also gezielt, und verabreden sich entsprechend. Hier gibt es eine Szene, in der der Rettungstrupp auf Rückzugsmission durch das Raporengebiet muss und promt angegriffen wird. Aber statt eine blutige Fleischorgie zu inszenieren, zeigt Spielberg nur Furchen im hohen Gras („Geht nicht ins hohe Gras!“), die das Herannahen der Raptoren symbolisieren – und Expeditionsteilnehmer, die plötzlich umgerissen werden.

Von der Romanvorlage ist nicht viel übrig. Das ist kein Wunder, denn Roman und Drehbuch wurden parallel geschrieben, lediglich die Grundstruktur aufeinander abgestimmt. Der Spaziergang eines Tyrannosaurus Rex durch die Innenstadt von San Diego findet im Buch nicht statt, ist im Film aber sarkastischer Höhepunkt der Mad-Scientist-Story. Ungeheuer trampeln durch die Stadt, fressen Hütehunde, saufen Swimming Pools leer, stoppen Linienbusse, fressen – und das ist bemerkenswert – Menschen, die an der Story gänzlich unbeteiligt sind, heißt: Nicht nur Typen, die im Laufe der zwei Stunden moralisch, juristisch oder sonstwie etwas falsch gemacht haben, werden zerbissen, sondern auch Unschuldige.

Das ist ein blutiges Unterfangen, mit dem Spielberg, bevor im kommenden Jahr Roland Emmerich seinen Godzilla-Film präsentiert, kurz mal die Latte für diesen Film hoch legt: T-Rex in San Diego ist effektgeladen, spannend, witzig.

Drehbuchautor David Koepp hat die Marschrichtung für „Lost World“ wie folgt beschrieben: „Das Publikum hat schon gesehen, wie Menschen von Dinosauriern gefressen werden, also mussten wir jetzt richtig harten Tobak einbauen!“ Kurz: Selbst Hunde und kleine Mädchen verschont der ehemals familienkompatible Spielberg nicht mehr.

Wertung: 9 von 10 D-Mark
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