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Kinoplakat: Jupiter Ascending

Die großen Surrealisten des Kinos
gehen in wunderbaren Bildern unter

Titel Jupiter Ascending
(Jupiter Ascending)
Drehbuch Andy Wachowski & Lana Wachowski
Regie Andy Wachowski + Lana Wachowski (als "The Wachowskis"), USA 2015
Darsteller

Mila Kunis, Channing Tatum, Sean Bean, Eddie Redmayne, Douglas Booth, Tuppence Middleton, Nikki Amuka-Bird, Christina Cole, Nicholas A. Newman, Ramon Tikaram, Ariyon Bakare, Maria Doyle Kennedy, Frog Stone, David Ajala, Doona Bae, Vanessa Kirby u.a.

Genre Fantasy
Filmlänge 127 Minuten
Deutschlandstart
5. Februar 2015
Website jupiterascending.com
Inhalt

Jupiter Jones wurde unter einem Nachthimmel geboren, dessen Zeichen darauf hindeuteten, dass sie eines Tages Großes vollbringen würde.

Inzwischen erwachsen, träumt Jupiter von den Sternen, doch ihre Realität sieht anders aus: Sie putzt anderer Menschen Häuser. Erst als Caine, ein genetisch produzierter Ex-Militär-Jäger, auf der Erde erscheint und sie sucht, bekommt Jupiter eine Ahnung von dem Schicksal, das vor ihr liegt.

Ihre genetische Signatur bestimmt sie dazu, ein außergewöhnliches Erbe anzutreten, das die Balance des Kosmos verändern könnte. Doch ihre Abstammung birgt auch große Gefahr: Der zwielichtige Balem will Jupiter tot sehen …

Was zu sagen wäre

Im Jahr 16 nach der Matrix hätte ich den Wachowski-Geschwistern gerne mal wieder einen großen Film gegönnt. Diese letzten Surrealisten des kommerziellen Kinos mit ihrem unbedingten Humanismus sind nach dem Revolutionsepos mit Keanu Reeves immer an ihren eigenen Ansprüchen und/oder den falschen Erwartungen ihrer Fans gescheitert. Immer blieben bunte, spektakuläre Bilder, in die Fragmente einer früher mal angedachten Story zu erkennen waren.

Wenn man es gut meint mit diesem Film ...

Ambitionierte Ideen wie in Cloud Atlas (2012) entglitten den Geschwistern auf dem Altar der Kommerzgesetze. Dasselbe Schicksal teilt „Jupiter Ascending“, der zuerst nicht richtig losgeht und dann in einer verschachtelten Familienfehde zersplittert. Meint man es gut mit diesem spektakulär bebilderten Film, erkennt man die Metapher auf den Menschen, der nur als Ware gehandelt und von anonymen Mächten gegängelt wird, verpackt in einer Fantasy-Welt voll zauberhafter, fliegender Schlösser, rosa Sternenwolken und tapferer Recken.

Artwork: Jupiter AscendingWir bekommen die Erich-von-Däniken-Version des Universums erzählt, in der die Menschen nicht aus dem Urschlamm der Erde kamen, sondern aus dem All – als Produkt gigantischer, Galaxien umspannender Kartelle, die miteinander um Rohstoffe streiten und neue Märkte erschließen. Einen der zauberhaftesten Momente hat der Film, wenn er Jupiter, die Aspirantin auf den Thron der Königin – wir würden wohl sagen: der Vorstandsvorsitzenden – durch den Verwaltungsapparat des intergalaktischen Kartells jagt, auf dass ihr Anspruch auf die Königswürde auch die richtigen digitalen Stempel erhält. Auch in den Weiten des Alls muss alles seine Ordnung haben, die Wachowskis erinnern mal daran, dass ein Krieg der Sterne ohne funktionierende Verwaltung nicht geführt werden kann – „Jupiter Ascending“ trifft Brazil. Aber das Universum, die Verwaltung bleiben Fragmente eines auf Popcorn umoperierten Films.

Erkennbar sind Ruinen von etwas Wunderschönem

Es tauchen Figuren auf, die zur Mitte des Films verschwunden sind; da jagen am Anfang drei Söldner im Auftrag von Irgendwem offenber nach der titelgebenden Jupiter, kämpfen erst gegen, dann mit Channing Tatum und spielen plötzlich keine Rolle mehr. Channing Tatums Caine Wise hat – wie mehrfach geraunt wird – eine vertrackte Vergangenheit; aber die spielt dann doch keine Rolle. Auf der Seite der Bad Guys gibt es drei Geschwister, die in bester Shakespeare-Tradition sich das Schwarze unterm Fingernagel nicht gönnen, sich offenbar um das Erbe der toten/getöteten/suizidierten – man erfährt es nicht genau – Mutter streiten, die in Mila Kunis‘ Jupiter-Figur Wiederauferstehung feiert, aber dann darf jedes Geschwist lügend und betrügend brav der Reihe nach versuchen, Jupiter zu überlisten – der übelste Bad Guy kommt dabei, wie im Computergame, als Letzter dran – und Jupiter wird jedesmal in der berühmten letzten Sekunde von Caine gerettet. Der Film ist voller Ruinen einer wahrscheinlich mal wunderbar komplexen Welt, die den Wachowskis in den Händen explodiert ist.

Das Universum, in dem der Film spielt, bleibt verschwommen – so wie im Film Figuren und Schiffe durch Portale ans andere Ende der Galaxis verschwinden, verschwindet die Welt des Films immer mal wieder im Nirwana der nächsten Verfolgungs-Action. Außer Andeutungen auf jenen komplexen Hintergrund oder diesen Fehler aus der Vergangenheit bleibt die Geschichte leer, wird erdrosselt von schnell geschnittenen Bildern – wieder der Altar der Gesetze des kommerziellen Kinos: „Du willst teure Bilder? Dann liefere dem Popcorn-Publikum Action.“ Und diese Bilder sind großartig … großartige Kopien alter Klassiker. Raumschiffe steigen durch interstellare Wolken, das ist ein schönes Zitat aus Bernard und Bianca im Känguruland (1990), wenn der kleine Cody mit dem Adler durch die Wolken taucht.

Jupiter Jones, die laut Filmtitel aufsteigt, bleibt am Boden und putzt weiter Klos; hat sie mal einen Strohhalm der Erkenntnis ergriffen, muss sie auch schon wieder von Caine aus einer Misere gerettet werden; Caine Rescuing wäre der sicher bessere Titel gewesen, aber da hätte halt der Doppelbezug zu Jupiter gefehlt. Jupiters unüberschaubare irdische Familie ist ein verhaltensauffälliger Haufen geldgeiler Männer und schicksalsergebener Frauen, die noch unrealistischer sind als die Wesen von außerhalb. Mila Kunis (Ted– 2012; Freunde mit gewissen Vorzügen – 2011; Black Swan – 2010) kann sich entsprechend wenig entfalten, ihre Rolle gibt nichts her – dafür werden ihre Jupiter-großen, braunen Augen effektvoll ins Bild gesetzt.

Kein Film für ambitionierte Schauspieler

Auch Channing Tatum, der seit Jahren zwischen künstlerischem Anspruch und kommerziellem Wumms wundert („Foxcatcher“ – 2014; White House Down – 2013; Side Effects – 2013; „Don Jon“ – 2013; 21 Jump Street – 2012; Für immer Liebe – 2012;Haywire – 2011; Das Leuchten der Stille – 2010), hat wenig zu leisten; meistens hängt er an Drahtseilen und wird in der Greenbox herum geschleudert, dazwischen muss er mannhaft den Jupiter-großen Augen Mila Kunis‘ standhalten. Ein Totalausfall ist Eddie Redmayne („My Week with Marilyn“ – 2011; „Die Schwester der Königin“ – 2008; Das gelbe Segel – 2008), der als Hauptdarsteller aktuell mit dem Oscar für seine Darstellung des Stephen Hawking in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ ausgezeichnet wurde. Seinem Ober-Bad-Guy Balem Abrasax kann er nichts abgewinnen, spielt ihn, wie einen umoperierten, krächzenden Lord Voldemort mit gelegentlichen Schreiattacken.

Eine Geschichte wird nur angedeutet, als setze man auf Fortsetzungen, Figuren werden nicht auserzählt, Handlungsstränge fallen gelassen. Es bleibt beim interessanten Ansatz, es mal anders zu erzählen. Das ist schade, weil ein leerer Film nicht zum Kinobesuch reizt. Dabei sind es die Bilder, das Design, die Welten der Wachowskis wirklich wert, gesehen und bewundert zu werden.

Wertung: 3 von 8 €uro
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