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Plakatmotiv: Westwärts zieht der Wind (1969)
Clint Eastwood kann singen
und Lee Marvin ist komisch
Titel Westwärts zieht der Wind
(Paint Your Wagon)
Drehbuch Alan Jay Lerner + Paddy Chayefsky
nach dem Western-Musicalfilm „Paint Your Wagon“ von Frederick Loewe und Alan J. Lerner
Regie Joshua Logan, USA 1969
Darsteller Lee Marvin, Clint Eastwood, Jean Seberg, Harve Presnell, Ray Walston, Tom Ligon, Alan Dexter, William O'Connell, Benny Baker, Alan Baxter, Paula Trueman, Robert Easton, Geoffrey Norman, H.B. Haggerty, Terry Jenkins u.a.
Genre Komödie, Musical, Drama
Filmlänge 164 Minuten
Deutschlandstart
10. März 1970
Inhalt

Unverhofft rettet der Goldgräber Ben Rumson dem Farmer Pardner das Leben. Der Grundstein für eine wunderbare Männerfreundschaft ist gelegt. Doch dann gibt's ein Problem – und das heißt Elizabeth. Denn beide sind schwer hinter der jungen Frau her.

Ein vorüberziehender Siedlertreck befährt einen gefährlichen Bergrücken, als ein Wagen den Abhang hinunterstürzt. Der alleinstehende Goldgräber Ben Rumson, zufällig Zeuge des Unglücks, kann aus dem Wagen nur einen Überlebenden bergen. Der andere Insasse ist tot. Bei dessen Beerdigung an einem Flussufer glitzert Goldstaub in der Grube auf. Ben Rumson beansprucht als erster den Claim für sich, und der Tote fliegt umgehend aus dem Grab.

Ben Rumson nimmt den verletzten überlebenden Siedler Sylvester Newel als Pardner in seine Obhut, mit dem Versprechen, alle Funde mit ihm 50:50 zu teilen, auch wenn Pardner erst einmal nicht selbst schürfen kann. Als Gegenleistung soll sich Pardner um ihn kümmern, wenn er einmal seinen „Moralischen“ hat.

Rund um den Fundort entwickelt sich in Windeseile eine neue Stadt, die schlicht No Name City genannt und nur von Männern bewohnt wird. Als eines Tages der Mormone Jacob Woodling mit seinen beiden Ehefrauen Sarah und Elizabeth in die Stadt zieht, ruft das umgehend Empörung bei den Einwohnern hervor. Sie fordern Woodling auf, eine seiner Frauen zu verkaufen, und Woodling stellt Elizabeth zur Disposition. In angetrunkenem Zustand bietet Ben Rumson bei der Auktion für Elizabeth den höchsten Preis und wird unter Jubelgeschrei mit ihr verheiratet.

Das Leben in No Name City entwickelt sich. Unter großem Jubel sind „Tänzerinnen“, unter weniger großem Jubel aber auch Geschäftemacher in die Stadt gezogen. Und auch ein sittenstrenger Prediger, Parson, taucht auf, der die neue Sittenlosigkeit verdammt, insbesondere dass Elizabeth mit zwei Männern zusammenlebt – denn die hat mittlerweile festgestellt, dass sie sowohl Ben als auch Pardner liebt und wenn Mormonen-Männer mit mehreren Frauen leben darf, dann dürfte auch eine Frau mit zwei Männern leben.

Langsam wird es aber immer schwieriger, Gold zu finden. Ben, Pardner und einige andere finden einen leichteren Weg: Sie graben unter der Stadt zu jedem Saloon Tunnel und sacken den durch die Fußbodenbretter rieselnden Goldstaub ein. Ben und Pardner sprechen allerdings kaum noch miteinander, denn Pardner hat sich in Elizabeth verliebt und Ben ist eifersüchtig und beklagt den „Vertragsbruch“ (50:50).

Bei einem Stadtfest bricht dann ein Stier aus und trampelt alles nieder …

Was zu sagen wäre

Ein Western-Musical, das die geplante Ziellosigkeit der damaligen Gesellschaft thematisiert: „Früher war ich überall und nirgends Zuhause. Und manchmal packt mich das Heimweh.“ Erst ziehen die Glücksritter, Spieler, und Betrüger gen Westen, bleiben an einem Zufallsort – in diesem Film wird bei einer Bestattung Gold gefunden – bauen Hütten, es kommen mehr Glücksjäger, die Stadt wächst, die Gesetzlosigkeit nimmt feste Formen an, die Stadt wächst, dann kommen die ersten Siedler und Farmer, die gehört haben, dass es Weideland und eine Stadt gibt. Und irgendwann ziehen Gottesfurcht und Gesetz ein und die Glücksritter ziehen weiter. Schon im Eröffnungssong heißt es „Where I'm going, I don't know. Where am I headin? I ain't certain. All I know is I am on my way“. Passend zu dieser Ziellosigkeit, werden verheiratete Frauen an den Meistbietenden weitergereicht und die erwarten von diesem lediglich eine „Blockhütte, die nicht umfällt, im winter wärmt und wo sie eine Tür schließen kann bei Bedarf“. Das Leben insgesamt ist eher auf die kurzfristige Befriedigung ausgelegt.

Insgesamt ist die Story übersichtlich, manchmal das Portrait einer sich entwickelnden Stadtgesellschaft, mal eine Karikatur kalifornischer 68er-Ausschweifungen – wann hätten je zumal in einem Western zwei entschieden maskuline Kerle die Vorzüge einer Ehe zu dritt (mit zwei Männern und einer Frau) diskutiert und ein Hosianna auf die freie, Recht- und Religionslose Gesellschaft gesungen – „Es gibt nichts Hinterlistigeres als eine durch und durch tugendhafte Frau!“? Aber für zwei Stunden und 40 Minuten trägt die Story nicht. Die zahlreichen Songs ziehen die Spieldauer in die Länge. Eine Entdeckung sind die passablen Singstimme von Clint Eastwood und der knurrige Brummbass Lee Marvins, dessen gebrummtes „Wand’rin’ Star“ schnell zum Klassiker avancierte. Lee Marvin, dessen Karriere zwischen schneidigem Offizier und stolpernde Schnapsdrossel wechselt („Die Hölle sind wir“ – 1968; Point Blank – 1967; Das dreckige Dutzend – 1967; „Cat Ballou – Hängen sollst du in Wyoming“ – 1965; „Der Tod eines Killers“ – 1964; Der Mann der Liberty Valance erschoss – 1962), zeigt hier die sympathische Schnapsdrossel. Mit großer Feude macht er sich zum Affen.

Es muss ja auch für den durchschnittlichen Zuschauer deutlich werden, dass Clint Eastwood, der als Pardner weder trinkt noch dem Glückspiel zuneigt, und Jean Seberg viel besser zueinander passen. Am Ende dann ist das Hollywood-Musical wieder ganz bei sich und der bigotten Moral seiner Studiochefs: Die Sage um Sodom und Gomorra zieht sich ja nicht zufällig durch den ganzen Film. Am Ende ziehen die Goldsucher und Glücksritter weg aus der versehrten Höllenruine und die gottesfürchtigen Farmer bleiben und gründen eine neue Siedlung – in der jeder Mann nur eine Frau haben darf – sofern sie seine Ehefrau ist.

Wertung: 4 von 8 D-Mark
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