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Plakatmotiv: Späte Sühne (1947)
Ein mit Melodram
verwässerter Film Noir
Titel Späte Sühne (aka Ein Mensch verschwindet)
(Dead Reckoning)
Drehbuch Allen Rivkin + Oliver H.P. Garrett + Steve Fisher
nach einer Erzählung von Sidney Bidell und Gerald Drayson Adams
Regie John Cromwell, USA 1947
Darsteller Humphrey Bogart, Lizabeth Scott, Morris Carnovsky, Charles Cane, William Prince, Marvin Miller, Wallace Ford, James Bell, George Chandler, William Forrest, Ruby Dandridge u.a.
Genre Drama, Film Noir
Filmlänge 100 Minuten
Deutschlandstart
30. Januar 1951
Inhalt

Die Fallschirmjäger Murdock und Drake kehren aus dem Zweiten Weltkrieg zurück und sollen in Washington geehrt werden. Auf dem Weg dorthin verschwindet Drake. Murdock verfolgt die Hinweise und Spuren seines Freundes nach Gulf City. Dort erfährt er, dass Drake bei einem Autounfall verbrannt ist. Murdock findet heraus, dass Drake unter falschem Namen in die Armee eingetreten ist, um einer Mordanklage zu entgehen. Er soll einen reichen alten Mann namens Chandler ermordet haben, weil er sich in dessen Frau Coral verliebt hat.

Plakatmotiv (US): Dead Reckoning – Späte Sühne (1947)In einem Nachtclub befragt Murdock den Mordzeugen Louis Ord, der ihm erklärt, er habe einen Brief von Drake. Auch Coral und den Barbesitzer Martinelli lernt Murdock kennen. Irgendetwas ist in seinem Drink und er wird bewusstlos. Am nächsten Morgen erwacht er und findet Ords Leiche in seinem Hotelzimmer …

Was zu sagen wäre

Regisseur John Cromwell, ein für seine großen Romanzen und Melodrams geachteter Regisseur, dem ein Händchen bei der Entdeckung von Frauen für die Leinwand zugesprochen wird, tut sich mit Humphrey Bogart zusammen, einem der großen Stars des amerikanischen Kriminalfilms und Film Noir (s.u.). Cromwell, der Erfolge mit Kay Francis, Katherine Hepburn, Bette Davis, Madeleine Carroll, Hedy Lamarr oder Claudette Colbert feierte, holt als Bogarts Partnerin die sündblonde Lizabeth Scott als femme fatal vor die Kamera. Das überrascht nicht, denn ihr Studio, Paramount, will sie als Konkurrenz zu Lauren Bacall aufbauen.

Lizabeth Scott führt sich auch gleich ein als „die Frau mit der rauchigen Stimme“, mit der sie einen schmachtvollen Song präsentiert, der so klingt, wie Lauren Bacalls Gesang in The Big Sleep. Ein Song, den Miss Chandler „nie wieder singen wollte“, weil er für Johnny eine tiefere Bedeutung hatte, „okay, nur noch dieses eine Mal“ – wie Dooley Wilson einst am Klavier in Casablanca. Währenddessen sucht Bogart die Geschichte hinter dem Tod des geschätzten Kameraden im Krieg, da erinnert seine Figur stark an Sam Space im Maltese Falcon. Seine Bogartismen mit Augen zucken, Kratzen an der Unterlippe, das lässige Lehnen am Spieltisch liefert er nebenbei mit. Über weite Strecken wirkt „Dead Reckoning“ also wie ein Best of Best Bogart-Movies – inklusive jener Lyrik, mit der Raymond Chandler und Dashiel Hammett das Noir-Genre farbig machten: „Eine jener großen Villen am Strand, die er sich von seinen 'kleinen Gewinnen' am Strand gebaut hatte.

Lizabeth Scott taugt als gleichwertige Partnerin für Bogart nicht; bei allem blonden Geheimnis, das sie umflort, ist sie doch nie fatal genug, zu tränenreich, zu weich – da kann Bogart sie noch so betont mit dem Kerle-Namen „Mike“ anrerden, so wie er Bacall einst „Slim“ nannte und sich um den Finger wickeln ließ. „Das Schlimme an Frauen ist, dass sie so furchtbar neugierig sind. Sie sollten sich lieber darauf begnügen, hübsch zu sein.“, raspelt Bogart allen Ernstes Süßholz. Da träumt er davon, Frauen „in Bleistifte“ zu verwandeln, damit sie nicht beim Kartenspiel stören; das hätte sich Bacall nie bieten lassen.

Cromwell, der Melodramatiker auf dem Regiestuhl, ist für Film Noir nicht geschaffen. Auf die klassische Killer-Betrüger-Verräter-Geschichte setzt er eine Liebesgeschichte, in der das blonde Rätselweib schauerliche Liebesgrottenlyrik romanzeln, und Humphrey Bogart zwischen all den harten Killern den sanften Liebhaber geben muss. „Das ist natürlich peinlich“, sagt der Nachtclubbesitzer. Später ergänzt Bogart noch: „Ihn habe ich mehr geliebt!“ Und meint seinen Kriegskameraden – Kerle-Romantik wieder hergestellt.

Plakatmotiv (US): Dead Reckoning (1947)

Wertung: 4 von 6 D-Mark
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