Buchcover: John Irving - Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
Wirr und Gewöhnungsbedürftig
Halluzinogenes von John Irving
Titel Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
(The Water-Method Man)
Autor John Irving, USA 1972
aus dem Amerikanischen von Edith Nerke und Jürgen Bauer
Verlag Diogenes
Ausgabe Gebunden, 487 Seiten
Genre Drama
Website john.irving.com
Inhalt
Seine Frau will raus, seine Geliebte ein Kind. Die Beschwerden, die er glaubt, sich bei seiner einstigen Babysitterin geholt zu haben, machen ihm das Lieben zur Qual. Der Underground-Filmemacher, für den er arbeitet, will sein Leben verfilmen: als Dokumentation eines Fehlschlags.

Dies ist die Geschichte vom Glück und Unglück des Fluch beladenen Fred Bogus Trumper, des eigenwilligen fahrenden Ritters im Kampf der Geschlechter, der ausschließlich seiner Waffe die Schuld an allem gibt. Ein Nichtstuer, der sich nicht entscheiden kann: Soll er endlich die niederaltnordische Saga um Akthelt und Gunnel zu Ende übersetzen und damit seinen Doktor machen? Aber wer will das lesen? Wie soll er sich seinem alten Freund gegenüber verhalten, nachdem der Nachfolger bei seiner Frau geworden ist? Und hat es nicht Kumpel Merril viel besser getroffen? Wenn er nur wüsste, wo Merril ist, würde Bogus ihn glatt fragen – aber Merril ist verschwunden.

Und ist die Welt nicht eigentlich ohnehin viel zu kompliziert, um mit solchen Fragen belastet zu werden ..?

Was zu sagen wäre
Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Ein früher John Irving. Sein zweiter Roman laut Klappentext. Eine Kollegin hat mir das Buch geliehen, über dessen Qualität sie eher zweifelt. Nicht zu Unrecht. Es dauert verflixt lang, bis ich mir einen Faden zurecht gelegt habe, an dem ich mich entlang hangele. Irving wechselt die Erzählperspektiven, die Erzählzeiten, springt ungeordnet auf der Zeitachse nach vorne, nach hinten und wieder in eine … Gegenwart? In Wien lässt er Fred Bogus Trumper abstürzen in einen halluzinogenen Rausch, dessen Ursprung ebenso unklar bleibt, wie die plötzlich dort auftauchende Polizei – ist es Polizei? – die ihn in die USA zurück bringt. Irving scheint sich treiben zu lassen durch Impressionen in seinem Kopf. Dass alles am Ende dennoch zu einem Schluss zusammenfindet, unterstreicht seine Klasse.

Aus meiner Sicht – ich habe andere, spätere, Bücher von ihm schon gelesen – ist der „Wassertinker” (immerhin schon 32 Jahre alt), zu sehr daraf bedacht, eben am Ende alles brav aufzulösen. Das nimmt dem Buch etwas von seinen schönen letzten hundert Seiten.

Télérama, Paris, schreibt: „Erbe eines ganzen Stammbaumes von Säufern, die in der amerikanischen Literatur ihr Unwesen treiben, trinkt Irvings Held Unmengen – Wasser. Vergessen will er zwei Frauen: Sein Riesenweib Brigitte, die ehemalige Skiweltmeisterin, und seine Geliebte Tulpen, Besitzerin eines 500.000 Liter fassenden Aquariums.”

Le Point, Paris, schreibt: „Irvings bester Roman – virtuos, gerecht, bewegend … man mache sich auf das Schlimmste gefasst: Der kleine Däumling im Laboratorium Doktor Frankensteins, Hänsel und Gretel als Geiseln des Marquis de Sade sind nichts gegen Irvings Wilde Geschichte vom Wassertrinker.”

Lektüre von Ostern 2004 bis Anfang Juni 2004