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Kinoplakat: Iron Sky
Billige Kostümposse
in grottigem Klamauk
Titel Iron Sky
(Iron Sky)
Drehbuch Johanna Sinisalo + Jarmo Puskala + Michael Kalesniko + Timo Vuorensola
Regie Timo Vuorensola, Finnland, Deutschland, Australien 2012
Darsteller Julia Dietze, Christopher Kirby, Götz Otto, Udo Kier, Peta Sergeant, Stephanie Paul, Tilo Prückner, Michael Cullen, Kym Jackson, Ben Siemer, Tom Hoßbach, Milo Kaukomaa, Vivian Schneider, Fang Yu, Irshad Panjatan, Claus Wilcke, Samir Fuchs, Monika Gossmann u.a.
Genre Fantasy
Filmlänge 93 Minuten
Deutschlandstart
5. April 2012
Inhalt

Die Milchstraße im Jahr 2018: Unentdeckt haben die Nazis unter Führung von Wolfgang Kortzfleisch auf der dunklen Seite des Mondes eine gigantische Raumbasis errichtet und bereiten die Eroberung der Erde vor. Da fällt ihnen ein US-Astronaut in die Hände, der mit einer der neuen NASA-Missionen auf dem Mond landete. Das heißt, so richtig Astronaut ist der Mann nicht.

Der schwarze James Washington ist ein Model, sieht gut aus und seine Mondlandung soll eigentlich der US-Präsidentin die Wiederwahl sichern. Für die Nazis und ihre Pläne ist der Mann also gänzlich ungeeignet, kann er ihnen doch so gar nichts über die Raumfahrttechnik der Erdenbürger sagen –- aber er hat ein iPhone. Und dessen Technik schlägt die gigantischen Rechenmaschinen der Mondnazis um Längen! Kurzerhand machen die Nazis aus James Washington per Albinisierer einen Weißen und schicken ihn als Ratgeber für Hauptmann Klaus Adler per Stoßtrupp zur Erde. Adlers Auftrag: Mehr Smartphones besorgen und den Boden bereiten für Führer Kortzfleisch, danach die blonde Lehrerin Renate ehelichen und arische Kinder zeugen.

Renate hat sich unterdessen ein wenig in James Washington verliebt.

Auf der Erde entführen die Nazis die Wahlkampfleiterin der Präsidentin, Vivian Wagner. Nach dem Mondlandungsfiasko sieht Vivian in den beiden Mond-Nazis ein willkommenenes Wahlkampfmittel und stellt die beiden der Präsidentin vor. Die Nazis sind begeistert von der Präsidentin. Die Präsidentin ihrerseits ist begeistert von den lustigen Uniformen, die so an die Nazis erinnern, und baut ihren ganzen Wahlkampf auf der unecht echten NS-Propaganda auf – erfolgreich.

Während Adler in den folgenden Wochen mit Vivian um die Häuser zieht, trifft Renate auf Washington, dessen Karriere als schwarzes Model durch die Albinisierung zerstört wurde. Er lebt mittlerweile als Obdachloser und versucht vergeblich, die Bevölkerung vor den Mondnazis zu warnen. Sie gehen ins Kino – „Der große Diktator”, Renate liebt diesen Film – beziehungsweise liebte die 12-sekündige Kurzversion, in der Diktator Hinkel mit der Weltkugel spielt. Nachdem sie nun den ganzen Film kennt, beginnt Renate an ihrer Ideologie zu zweifeln …

Was zu sagen wäre

Der Film machte Schlagzeilen nicht etwa wegen seines verwegenen Themas – die Theorie, dass sich die Nazis irgendwo versteckt halten und den nächsten großen Eroberungsfeldzug planen, hält sich wacker und taucht in Filmen immer wieder mal auf – sondern wegen seiner ungewöhnlichen Finanzierung. Das Gesamtbudget des Films lag bei rund 7,5 Millionen Euro. An der Produktion waren finnische, australische und deutsche Produktionsgesellschaften beteiligt; aber 900.000 Euro sollten Fans per Crowdfunding im Internet beisteuern. Ihnen wurde nicht Gewinn versprochen, sondern Mitspracherecht.

Witzischkeid auf Niveau der Verwaltungsetage

Es sprachen viele Fans für Drehbuchideen vor. Ein paar Ideen zünden sogar und ich kann den schönen Satz sagen, dass der Film so voller Ideen und Anspielungen ist, dass man sie beim ersten Mal gar nicht alle mitbekommt. Ich will ihn dann aber kein zweites Mal gucken. Er ist unterm Strich lausig – ein paar witzige Ideen von Typen, die sonst bei facebook den knackigsten One-Liner setzen und am nächsten Tag wieder Sachbearbeiter im Versicherungsbüro sind, reichen nicht.

Der Film feuert gleich zu Beginn eine Salve von Special-effects-Bildern ab. Zu dem Zeitpunkt weiß der Zuschauer nur, dass er in einem Nazis-auf-dem-Mond-Film sitzt, wahrscheinlich einer Komödie. Die SFX gleich zu Beginn sind so 1990, dass ich mich mit der ablenkenden Frage beschäftigen muss, ob das Billigbild irgendwie ironisch zu deuten ist. Meine Eintrittskarte war schließlich so teuer wie immer. Das nächtliche Frankfurt mit seiner hell erleuchteten Skyline und den imposanten Skyscrapern Commerzbank und Main-Tower doubeln das nächtliche New York – wo kein Budget, da keine aufwändigen Produktionsreisen. Im Nazi-Hauptquartier auf dem Mond werden Computerwitze gereicht, die einer Sitcom am Donnerstagnachmittag zur Ehre gereichten.

Die sechste Klasse lernt Satire

Designtechnisch haben die Nazis, die Klaus, Renate, Adolf und Brunhilde heißen und Raumschiffe fliegen mit Namen wie „Götterdämmerung” oder „Tannhäuser”, in den 65 Jahren auf dem Mond nichts dazu gelernt. Aber die US-Präsidentin freut sich über Nazis. Nazis seien schließlich „die einzigen, die wir jemals im Kampf besiegt haben”. Auf diesen recht netten Gag poltert als nächstes die Bemerkung der Präsidentin, „die USA brechen nun mal ihr Wort, das tun sie schließlich immer”; das klingt dann, als hätte sich die sechste Klasse eines deutschen, humanistisch bewegten Gymnasiums erste Gedanken über Kabarett und Satire gemacht.

Die Schauspieler sind alle so wie Udo Kier, nur ohne dessen ironsche Klasse. Götz Otto (James Bond: Der Morgen stirbt nie - 1997) als Klaus Adler ist steif und blass, Julia Dietze als Renate wenigstens ein entzüclkender Hingucker. Warum der Schlusskampf zu den Klängen des Weißen Hai abläuft, bleibt Geheimnis des Regisseurs. Vielleicht fand ja einer aus der ideenreichen Crowd Spielbergs Film irgendwie geil.

Warum machen wir diesen Film? Weil wir das Geld dazu haben!

Alles in allem also Kommerz statt Kunst. Stolz verkünden die Abspannautoren „This Film has been made in creative Collaboration online with The Iron Sky Community” und man denkt plötzlich an die Frage, warum ein Hund sich das Arschloch leckt und in der Folge zu der Erkenntnis gelangt, „weil er es kann”. Warum wurde dieser Film gemacht? Weil wir genug Geld zusammen hatten. Man mag lamentieren über zu viele Köche, man mag philosophieren darüber, dass der kleinste gemeinsame Nenner eben immer kleiner wird, je größer die Gruppe der gemeinsam Entscheidenden wird.

Oder man kann einfach feststellen, dass die Wir-sind-hip-,-online-und-Avantgarde-Crowd, wenn sie die Gelegenheit dazu erhält, Nazis auf dem Mond als kreativste und avantgardistischste Idee ausbrütet. Hauptsache, man steht im Abspann – und der ist dann prompt so lang, wie bei den großen Geschwistern aus Hollywood. Die kreative Klasse erschöpft sich in kleinen Dialogzeilen, der Rest ist schlechte SFX, ein dröges Drehbuch und, ich fürchte, die Zukunft eines sich herausbildenden Genres; so wie vor einigen Jahren die Found-Footage-Wackelfilme (rec - Spanien 2007; Blair Witch Project - USA 1999) kommen jetzt Crowd-Funding-Filme.

Selbst Filme wie Iron Man verspaßen ihren Kommerz hinter besseren Kunst-Potemkins.

Wertung: 3 von 7 €uro
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