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Plakatmotiv: Ich glaub', mich tritt ein Pferd (1978)

Gaudeamus igitur ..?
Aber auf niedrigem Niveau

Titel Ich glaub', mich tritt ein Pferd
(Animal House)
Drehbuch Harold Ramis & Douglas Kenney & Chris Miller
Regie John Landis, USA 1978
Darsteller

Tom Hulce, Stephen Furst, Mark Metcalf, Mary Louise Weller, Martha Smith, James Daughton, Kevin Bacon, John Belushi, Douglas Kenney, Chris Miller, Bruce Bonnheim, Donald Sutherland, Karen Allen, James Widdoes, Tim Matheson, Peter Riegert u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 109 Minuten
Deutschlandstart
25. Januar 1979
Inhalt

Semesterbeginn am Faber-College – irgendwo an der Ostküste der USA, 1962: Die Frischlinge Larry und Kent suchen, so ist es Brauch, sich eine studentische Verbindung und landen bei „Delta Tau Chi“ – ausgerechnet. Die Deltas sind eine fidele Truppe, der Spaßfaktor in dem runtergewohnten Haus hoch. Aber der Dekan, der auf kommunale Gelder hofft, die aber nicht fließen, wenn die Deltas weiter … Unsinn treiben, hat die ganze Truppe auf dem Kieker, würde sie lieber heute als morgen los werden; dem allerdings stehen ein paar uralte Collegeparagrafen im Weg.

Kurzentschlossen stellt Dekan Vernon Wormer rigide Regeln auf, an die sich fortan alle zu halten haben – Verstöße werden streng geahndet. Künftig gibt es eine begrenzte Anzahl an Tagen, an denen Alkohol konsumiert werden darf. „Delta Tau Chi“ hält sich nicht dran. auch an sonst kaum eine Regel. Für sie gehören Alkohol, Sex und wilde (Toga-)Partys zum Studentenalltag; kurz nach Semesterbeginn liegt sogar mal ein totes Pferd in Dekans Büro.

Die schulischen Leistungen der Deltas hinken deutlich hinterher. Erschwerend kommt in diesem Krieg gegen Rektor Wormer hinzu, dass die Deltas in einem ständigen Konflikt mit der elitären und reaktionären Verbindung der Omegas stehen, die wiederum Dekan Wormer nahesteht. Beiden gemeinsam gelingt es, die Studentenverbindung der Deltas zu verbieten.

Die Deltas nehmen den Fehdehandschuh auf und planen ihre Rache ausgerechnet bei der Homecoming-Parade, dem Höhepunkt im kommunalen Feierkalender, zu dem auch der Bürgermeister erwartet wird …

Was zu sagen wäre

Eine Komödie über das College Anfang der Sechziger Jahre: Die Jungs sind wild, scheinheilig und betrunken – "Wenn ich mein Examen habe, werde ich jeden Abend betrunken sein", freut sich Deltaner Donald im Beisein seiner Freundin Katie. Die und die anderen Mädels tragen Betonfrisuren, Stahl-BHs und geben sich züchtig; beim Petting benutzen sie sogar Gummihandschuhe. Von Emanzipation ist noch keine Rede, eine Handlung so direkt nicht zu erkennen.

Chaos und Anarchie im Karneval für Kinder

Ich kann John Landis und Harold Ramis in jeder Szene ihr Bemühen ansehen, jetzt aber mal ordentlich revolutionär gegen den Strich zu bürsten. Und weil die freizügigen Lehranstalten der FlowerPower-Endsiebziger, in denen dieser Film entstanden ist, da nicht so viel Zündstoff hergeben, gehen sie halt zurück in die frühen Sechziger – und da treffen wir dann nicht nur auf einen sehr freigeistigen Literaturprofessor, dem – natürlich – Donald Sutherland unnachahmlich die Marihuana-Wolken ums Hirn kreiseln lässt (Kentucky Fried Movie – 1977; Der Adler ist gelandet – 1976; "Fellinis Casanova" – 1976; 1900 – 1976; "Der Tag der Heuschrecke" – 1975; Wenn die Gondeln Trauer tragen – 1973; "Klute" – 1971; Stoßtrupp Gold – 1970; M.A.S.H. – 1970; Das dreckige Dutzend – 1967), sondern auch auf Student John Belushi, den Landis (Kentucky Fried Movie – 1977; Schlock – Das Bananenmonster – 1973) und Ramis, voll auf Chaos gebürstet, als dauerbekifften/betrunkenen Ober-Chaoten unter einer Tribüne am Sportplatz den dort sitzenden Cheerleadern unter den Rock gucken (hachgottja) und ansonsten alle fünf Minuten eine komische Nummer zeigen lassen – wahlweise als Fress-Sack in der Kantine, als Spanner auf der Leiter oder als Pferdeentführer. Wir dürfen davon ausgehen, dass auch Regie und Autoren an Belushis Vorrat gezogen haben. Sie wollten halt alle mal Spaß haben und die Leinwand für den Exzess befreien – was Hollywoods Biedermeier halt so als Exzess empfinden.

Filme aus der John-Landis-John-Belushi-Ecke ergehen sich in fröhlicher Anarchie, sind so eine Art Karneval für Kinder: Die Studenten haben alle Freiheiten im chaotischen Handeln, auch die Freiheit, physikalische Gesetze zu ignorieren. Sie werden vom Campus geschmissen wegen konsequent unterirdischer Leistungen und der Abspann verrät uns, dass sie später Senatoren wurden, Ärzte oder Anwälte; das ist schön: Gaudeamus Igitur. Es wird gesoffen, gekokst und gebumst. Nur zum Lernen kommt niemand – vermisse eigentlich nur ich wenigstens einen kleinen Hinweis darauf, warum die Jungs und Mädels sich ans College verirrt haben?

Chaos kann die Phantasie besser, als Ramis & Landis

Filme, in denen es Chaos gibt, nur weil man mal Chaos filmen will, das man im realen Leben ja nie entfachen darf, langweilen mich schnell. Mir gefällt an dem Punkt dann eine schlüssige Handlung, aus der das Chaos entsteht. In diesem Film kommt es also zum oben erwähnten Höhepunkt, der kleinstädtischen Homecoming-Parade. Und hier dürfen die in Unehren entlassenen Deltas vor aller Augen ihre Hindernisse aufbauen, Seile spannen, Koffer abstellen, die später die Parade zerstören sollen. Und im fröhlichen Trubel bewegen sie sich unhöflich und unfreundlich, benehmen sich daneben, ohne, dass nur einer der angeblich so spießigen Kleinbürger mal den Mund aufmachte? Klar: Andernfalls müsste man sich ja logische Schritte überlegen, die ins Chaos münden. Lieber nicht: Hier tobt sich ein wir-wollten-es-einfach-so-auf-der-Leinwand-haben-Geist aus.

Da ist es dann Ausdruck höchster Verzückung, dass eine Marschkapelle einem offensichtlich unmusikalischen Menschen folgt, der für jeden auf der Straße erkennbar, gerade erst den Tambourstab geklaut hat; er steuert die Kapelle in eine Sackgasse und dort maschieren sie dann, schon vor der Wand der Sackgasse angekommen, fröhlich musizierend auf der Stelle weiter. "Das soll einfach nur ein Spaß sein!", signalisiert das und ist ganz charmant in seiner harmlosen Anarchie. Aber nach fünf Minuten so tot wie der Friedhof von Boston. Für diese Art Witz brauche ich das Kino nicht. Solche denen-zeigen-wir-es-jetzt-mal-Situationen kann ich mir selber ausmalen und weiß, dass das Phantasie bleibt – im Kino will ich sehen, wie aus dieser Phantasie dann eben doch Realität wird. genau das passiert in „Animal House“ aber nicht.

Und was soll ich von einem Dekan halten, der – jedenfalls in der deutschen Fassung – einen Studenten anraunzt: "Lass die Flötentöne, mein Junge, oder Du fliegst hier raus, wie Scheiße aus der Gans"?

Wertung: 4 von 9 D-Mark
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