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Plakatmotiv: Rio Bravo (1959)

Eine einfache Geschichte,
aber spannend erzählt

Titel Rio Bravo
(Rio Bravo)
Drehbuch Jules Furthman & Leigh Brackett
nach einer Kurzgeschichte von B.H. McCampbell
Regie Howard Hawks, USA 1959
Darsteller

John Wayne, Dean Martin, Ricky Nelson, Angie Dickinson, Walter Brennan, Ward Bond, John Russell, Pedro Gonzalez Gonzalez, Estelita Rodriguez, Claude Akins u.a.

Genre Western
Filmlänge 141 Minuten
Deutschlandstart
25. August 1959
Inhalt

John T. Chance ist Sheriff in der Stadt Rio Bravo. Als er den Mörder Burdette einsperrt, geraten er und sein Gehilfe Stumpy in große Bedrängnis, da der Bruder des Täters das Gefängnis stürmen lassen will.

Plakatmotiv: Rio Bravo (1959)Der stadtbekannte Säufer Dude, der vor einer unglücklichen Frauengeschichte sein Stellvertreter war, und der junge Revolverheld Colorado schließen sich Chance an. Burdettes Männer nehmen Dude als Geisel, um den Mörder freizupressen.

Am Rande der Stadt kommt es zum Showdown …

Was zu sagen wäre

Howard Hawks hat Fred Zinnemanns ikonischer Western 12 Uhr mittags (1952) nicht gefallen, in dem Gary Cooper als Sheriff während der ersten beiden Handlungsdrittel vergeblich um Unterstützung bittet, bevor er im finalen Showdown mit Hilfe seiner Frau die Gangster schließlich doch fast im Alleingang zur Strecke bringt. Deshalb habe er, so hat er jedenfalls immer behauptet, mit "Rio Bravo" eine Art Gegendarstellung inszenieren wollen. John Wayne spielt unter Hawks' Regie einen kühlen Profi, der sich seiner Stärken und Schwächen bewusst ist. Er trägt ständig ein Gewehr herum, „weil es Männer gibt, die mit dem Revolver schneller sind als ich“, und er lehnt Hilfe von Amateuren konsequent ab. Ebenso konsequent nutzt Howard Hawks die professionellen Fähigkeiten seines Personals. Mitten im Film werden Lieder gesungen, „weil zwei der Hauptdarsteller Sänger sind“. Die Szene „wäre bei Zinnemann undenkbar; wahrscheinlich erschiene sie ihm unseriös“.

Hawks steigt auch weitaus wortkarger ein, als Zinnemann sieben Jahre zuvor. Es vergehen Minuten, bis das erste Wort gesprochen wird. Bis dahin wissen wir aber schon, dass Dean Martins Figur wohl ein Alkoholproblem hat und Ziel für Hohn und Spott ist, dass John Waynes Figur (naja, wie immer) ein harter Hund und loyaler Freund des Trinkers ist und beide gut mit ihren Revolvern und Gewehren umgehen können – und den ersten Toten gibt es auch schon. Ein professionell das Visuelle des Mediums nutzender Einstieg in die Geschichte, der wichtige Zusammenhänge klärt. John Wayne schafft es, Handlanger nur mit strengem Blick zu vertreiben (Der letzte Befehl – 1959; Der schwarze Falke – 1956; Der See-Fuchs – 1955; Rio Grande – 1950; In letzter Sekunde – 1949; Der Teufelshauptmann – 1949; Red River – 1948; Die Freibeuterin – 1942; Ringo – 1939; Westwärts! – 1935). Seine Leute hat er im Griff, weiß den Säufer ebenso einzuschätzen, wie den alten Krüppel.

Das Personal besteht aus klassischen Hawks-Professionels (Land der Pharaonen – 1955; Blondinen bevorzugt – 1953; Liebling, ich werde jünger – 1952; Das Ding aus einer anderen Welt – 1951; Ich war eine männliche Kriegsbraut – 1949; Red River – 1948; Tote schlafen fest – 1946; Haben und Nichthaben – 1944; Sergeant York – 1941; Sein Mädchen für besondere Fälle – 1940; S.O.S. – Feuer an Bord – 1939; Leoparden küsst man nicht – 1938). Ein Sheriff und Realist. Eine Frau mit Vergangenheit und Herz. Ein Trinker mit Stolz. Ein Hotelmanager als Comic Relief. Dazu ein Schurke mit steifem Hut, markanten Wangenknochen und bösem Wolfsblick.

Plakatmotiv: Rio Bravo (1959)Virtuos inszeniert Hawks seine Männerfreundschaften über eine Länge von zwei Stunden und zwanzig Minuten, die doch nur davon handeln, dass einer im Gefängnis sitzt, ein anderer ihn da raus holen will und sich vier Männer in einer deshalb belagerten Stadt dagegen stellen. Hawks erzählt diese einfache Story mit professioneller Gelassenheit und ironischen Zwischentönen. Obwohl eine Frau auftritt, zwischenzeitlich sogar in schwarzer Spitzenunterwäsche, gehört die intimste Szene zwei harten Männern. Nachdem Dude sich soweit wieder im Griff hat, dass er nicht ständig ans nächste Glas denkt, gibt Chance ihm seinen Revolvergürtel zurück, den Dude vor gut einem Jahr gegen ein paar Glas Whisky eingetauscht, und den Chance später ohne Aufhebens zurückgetauscht hatte. Als er Dude den Gürtel gibt, verzichtet Hawks auf Musik, auf lockere Sprüche, zeigt nur zwei Männer, die eine Art Liebesakt vollziehen.

Frauen in Howard Hawks' Filmen sind immer ein wenig verwirrend und verwirrt: „Wenn Du Dich unten in diesem Aufzug sehen lässt, verhafte ich dich!“ „Oh John, ich habe so darauf gewartet, dass Du das sagen würdest. (…) Ach ich dachte schon, Du würdest es mir nie sagen.” „Was denn?“ „Dass du mich liebst.“ „Ich sagte, dass ich Dich verhafte.“ „Das ist genau dasselbe. Das weißt Du doch. Du willst es nur nicht aussprechen.“ Angie Dickinson, 24 Jahre jünger als der schon alternde Sheriff – John Wayne ist 52 Jahre alt – legt ihre Feathers als den erotischeren Kerl an, tough, loyal und nicht auf den Mund gefallen; in den Szenen, in denen sie nicht zuhört, Männern das Wort im Munde rumdreht und um den kleinen Finger wickelt, erinnert sie an Hawks' Königin der Satansweiber, an Katharine Hepburn in Leoparden küsst man nicht (1938). Dass Feathers im Hotel Alamo absteigt, ist einerseits ein netter Gag für ein Hotel, das in einer belagerten Stadt ist, mag aber auch ein Werbehilfe für John Wayne sein, der in Vorbereitungen stand, ein Jahr später das texikanisch-mexikanische Drama um Alamo zu inszenieren.

Plakatmotiv (US): Rio Bravo (1959)Dass John Wayne über einen Stolperdraht eine Treppe hinunterfällt und gleich schwer ohnmächtig ist, muss man halt glauben – realitätsnah ist das nicht. Dasselbe gilt ja aber auch für diese Mann-Frau-Geschichte: „Ist der Sheriff wirklich verliebt?“ „Ich glaube, ja. Aber er weiß es noch nicht.“ „Sie führt ihn an der Nase herum?“ „Und ob!“ „Ich sehe ihn vor mir, wenn er den Herrn im Hause spielen will. Ich habe Dir gesagt, Du bleibst zu Hause! HIHI!!! Und wenn sie ihm dann die richtige Antwort gibt HAHAHAHA …

In einer Liga für sich spielt Walter Brennan den Hilfssheriff Stumpy als strengen, dauerkeifenden, liebesbedürftigen Opi der Truppe – eine Ikone (Über den Todespass – 1954; Red River – 1948; Faustrecht der Prärie – 1946; Haben und Nichthaben – 1944; Sergeant York – 1941). Die Gesangseinlage, von der Hawks annimmt, dass sie unter Fred Zinnemanns Regie keine Chance hätte, ist in der Tat dramaturgisch fragwürdig; sie ist nicht einmal elegant in die Handlung eingewebt, sondern findet einfach statt. Zwei Songs, weil zwei Sänger, Dean Martin und Ricky Nelson. Das bremst die Handlung auf Null herunter, ist aber eine schöne Lagerfeuerromanze in einem Western, der ohne Prairie und Lagerfeuer auskommen muss.

Wertung: 6 von 7 D-Mark
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