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Plakatmotiv: Hook (1991)

Spielbergs letzter Kinderfilm

Titel Hook
(Hook)
Drehbuch James V. Hart & Malia Scotch Marmo
nach Motiven der Erzählung von J.M. Barrie
Regie Steven Spielberg, USA 1991
Darsteller

Dustin Hoffman, Robin Williams, Julia Roberts, Bob Hoskins, Maggie Smith, Glenn Close, Caroline Goodall, Charlie Korsmo, Amber Scott, Laurel Cronin, Phil Collins, Arthur Malet, Isaiah Robinson, Jasen Fisher, Dante Basco, Raushan Hammond, Gwyneth Paltrow u.a.

Genre Fantasy
Filmlänge 144 Minuten
Deutschlandstart
26. März 1992
Inhalt

Beim zweiten Stern links, und dann immer geradeaus! Dort ist Nimmerland. Das Land voll sprühender Jugend, zauberhafter Feen und böser Piraten. Das Land Peter Pans, das Land von Hook, dem Piraten, dem Jugend ein Gräuel ist. Der Pan hatte Nimmerland aus Liebe zu Wendy verlassen, aber die war erwachsen geworden, zu alt für Peter. 40 Jahre sind nun vergangen.

Aus dem Pan wurde der erfolgreiche Rechtsanwalt Peter Banning. Er hat alles vergessen. Und für seine Kinder bringt er überhaupt kein Verständnis auf. Bis sie entführt werden. Von einem gewissen Hook. Als dann auch noch ein sprechendes Glühwürmchen auftaucht, beginnt Banning, sich zu erinnern. Er macht sich auf die abenteuerliche Suche nach seinen Kindern. Im sagenumwobenen Nimmerland.

Die hier lebenden verlorenen Jungs können in dem erwachsenen Mann anfänglich Peter Pan nicht wiedererkennen. Aber mit Hilfe der Fee Tinkerbell und einiger der Jungs erinnert er sich an seine Abenteuer und Freunde aus der Kindheit, gewinnt seine kindliche Phantasie zurück und lernt dadurch erneut zu kämpfen und zu fliegen. Dann kann er auch wieder der Anführer werden, was zuvor Rufio gewesen war. So kann er endlich in die entscheidende Schlacht gegen die Piraten um das Schicksal der entführten Kinder und um das Schicksal Nimmerlands ziehen …

Was zu sagen wäre

Es gibt einen stillen Magic Moment in diesem sehr lauten, bunten Film. Da zupft und zerrt der kleinste der Verlorenen Jungs im Gesicht des fremden Mannes herum, von dem die Elfe Tinkerbell behauptet, der sei Peter Pan, und erkennt schließlich: Die Elfe hat recht. Natürlich erkennt der Kleinste die wichtige Nachricht. Das ist der neue Steven-Spielberg-Film!

Warum nicht? Im heutigen von Special-Effects durchseuchten Kino war es doch nur eine Frage der Zeit, bis jemand diesen Kinderbuchklassiker neu verfilmt. Und warum dann nicht Steven Spielberg, der sich ohnehin seit Jahren mit dem Feuilleton-Attribut, er sei der Mann, der nicht erwachsen werden wolle, plagt? Spielberg dreht aber ein bisschen an der Uhr, inszeniert keine bloße Neuverfilmung, sondern eine Art Fortsetzung, in der das Original zu Material für Schultheateraufführungen geronnen ist. Offenbar ist sich der Regisseur des Problems solcher Kinder-Fantasyfilme bewusst. Seine Hauptfigur glaubt nicht mal selbst an sich. „Peter, Du bist ein Pirat geworden!“, stöhnt die in Ehren ergraute Wendy; Piraten sind in der Welt des Peter Pan alle, die erwachsen sind.

Plakatmotiv: Hook (1991)Also muss Spielberg alle Zuschauer im Kinosaal, die mehr als bereit sind, sich den neuesten Spielberg-Film anzugucken, dann erst einfangen. Sein Held ist ein dicklicher Anwalt, an dem das einzig sympathische ist, dass Robin Williams ihn spielt (König der Fischer – 1991; Schatten der Vergangenheit – 1991; Zeit des Erwachens – 1990; Cadillac Man – 1990; Der Club der toten Dichter – 1989; Good Morning, Vietnam – 1987; Garp und wie er die Welt sah – 1982). So ein typischer Karrieretyp, wie ihn das Kino immer wieder formuliert, wenn es einen Saulus braucht: „Warum benimmst Du Dich immer noch wie ein Kind?“, fragt der Überstunden-geplagte Dad seinen Sohn. „Ich bin halt ein Kind.“ „Dann werde erwachsen!“ So, wie Peter Banning erst wieder ein Verlorener Junge werden muss, muss der Zuschauer erst auf das bunte Spektakel eingestimmt werden, das Spielberg bald entfacht. Es ist das Problem des Kinos schlechthin. Es will auch die absurdesten Absurditäten überzeugend darstellen. Und so, wie der übergewichtige Peter Banning sich zunehmend auf seine Peter-Pan-Vergangenheit einlässt, soll sich der Zuschauer im Kinosessel auf diesen Film einlassen. Das ist schwer.

Die Adaption des James M. Barry Märchens "Peter Pan" kostete 60 Millionen Dollar. Das meiste ging augenscheinlich für die aufwändigen Kulissen drauf: Zum Beispiel für den 50-Meter-Segler "Jolly Roger" oder für Tinkerbells überdimensionales Puppenhaus. Ursprünglich hatte Spielberg seinen Film als Musical geplant, zwölf Gesangsnummern sollten den Film befeuern. Die hat er dann alle rausgenommen, aber den Musicalcharakter sieht man dem Film noch an. Gerade in den ersten Szenen auf Fantasy-Island, das hier natürlich Neverland heißt, treten wir Piraten gegenüber, die in frisch gewaschenen, sauber runtergeputzten Lumpen über die frisch gebohnerten Filmkulissen wandeln und die sichtbar hingeschminkten Schmutzränder im Gesicht zur Schau tragen. Es wirkt alles künstlich. Sowohl das Schiff als auch der Märchenwald als auch Peter Bannings Haus in London zeugen von ihrem jeweiligen Standort in einer Halle auf einem Filmstudiogelände. Der Film ist durch und durch künstlich und emotional so aufgeblasen, dass "Hook" als filmisches Äquivalent eines Kirmesbesuchs mit Zuckerstange, Zuckerwatte und kandiertem Paradiesapfel durchgeht.

Die zentrale Botschaft des Originals war die des Jungen, der erst erwachsen werden will, als er seine große Liebe trifft. Die hat er jetzt. Er hat sogar zwei Kinder. Und jetzt muss er wieder lernen, Peter Pan zu sein, der nicht erwachsen werden will, um seine Kinder zu retten, die er aber nur als seine Kinder lieben kann, so lange er ein Erwachsener, aber nur ja nicht der Saulus-Vater, der er gerade ist? Um wieder Peter Pan sein zu können, braucht er einen Glücklichen Gedanken. Und dieser Glückliche Gedanke ist: Ich bin Vater eines wohl geratenen Jungen! Dass er auch Vater eines ebenso wohl geratenen Mädchens ist, spielt im Film eine untergeordnete Rolle; das Mädchen, Maggie, hat sich früh emanzipiert von dem Wunsch, ihr Vater möge sie beachten und gibt auch Captain Hook schnell zu verstehen, dass sie auf seine Säuseleien nicht einsteigen wird. Denn der, Hook, will die Kinder ihrem Vater Peter entfremden, als ultimative Rache am Pan. Er hat bald verstanden, was Moira ihrem Vorstandsvorsitzendengatten nie klar machen konnte: „Deine Kinder lieben Dich. Sie möchten mit Dir spielen. Wie lange, glaubst Du, bleibt das so? Bald will Jack Dich vielleicht nicht mehr bei seinen Spielen. Wir haben nur wenige Jahre mit unseren Kindern, wenn sie uns um sich haben wollen. Danach laufen wir dann hinter ihnen her, um sie mal zu sehen. Es geht so schnell, Peter. Nur ein paar Jahre und es ist vorbei. Du bist nicht vorsichtig damit. Und Du verpasst alles.

Als Captain Hook tobt sich Dustin Hoffman mit spürbarer Freude aus (Dick Tracy – 1990; Family Business – 1989; Rain Man – 1988; Tootsie – 1982; Kramer gegen Kramer – 1979; Der Marathon-Mann – 1976; Die Unbestechlichen – 1976; Papillon – 1973; Wer Gewalt sät – 1971; Little Big Man – 1970; Die Reifeprüfung – 1967). Er gibt der Figur etwas, was die Rolle im Script nicht hergibt. Seine Besetzung in dieser Rolle ist einigermaßen überraschend: Hoffman gilt als Kandidat für das ernsthafte Schauspiel, der sich, wenn er eine Frau spielt, wie einst in Tootsie (1982) akribisch und über Wochen vorbereitet. Im Vorfeld der Arbeit mit Steven Spielberg wurde Hoffman mit dem Satz zitiert, es sei ihm völlig egal, was Spielberg verfilme. Ihm gehe es einzig darum, endlich mal mit diesem „Wunderkind zu arbeiten“. Das erstickte Lachen, die Freude an absurden Kommandos und die einsame Eitelkeit des alternden Piraten sind Hoffmans Verdienst, das er in diese auf dem Papier platte Rolle einbringt.

Wertung: 6 von 10 D-Mark
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