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Kinoplakat: Heaven

Schöne bunte Bilder
hinter grauen Dialogen

Titel Heaven
(Heaven)
Drehbuch Krzysztof Kieslowski + Krzysztof Piesiewicz
nach ihrer beider Trilogie „Heaven, Hell and Purgatory”
Regie Tom Tykwer, Deutschland, Italien, USA, Frankreich, UK 2002
Darsteller

Cate Blanchett, Giovanni Ribisi, Remo Girone, Stefania Rocca, Alessandro Sperduti, Mattia Sbragia, Stefano Santospago, Alberto Di Stasio, Giovanni Vettorazzo, Gianfranco Barra, Alessandro Sperduti, Mauro Marino, Stefania Orsola Garello u.a.

Genre Drama
Filmlänge 97 Minuten
Deutschlandstart
21. Februar 2002
Inhalt

Turin. In einem Fahrstuhl an der Außenfassade eines Bürohauses explodiert eine Bombe. Ein Attentat. Vier Menschen sterben. Ein Vater, seine zwei Kinder und eine Putzfrau. Als Hauptverdächtige festgenommen wird die Englischlehrerin Philippa – sie lässt sich auch ohne jeden Widerstand abführen.

Philippa leugnet nichts – und ist am Boden zerstört. Kein sinnlos brutales Attentat war ihr Ziel. Sie hatte die Bombe in einem Papierkorb in einem bestimmten Büro deponiert – dem Büro eines nach außen ehrbaren Geschäftsmannes, der gleichzeitig einer der großen Drogendealer der Stadt ist. An seinem Stoff ist nicht nur Philippas Ehe zugrunde gegangen und ihr Mann bald nach der Trennung krepiert, auch viele ihrer Schüler wurden Opfer des Mannes. Die Carabinieri kümmert das wenig, wollen auch nichts wissen von zahlreichen angeblichen Anrufen und Briefen der Lehrerin. Die Beamten beharren auf einem politischen Motiv der Lehrerin.

Nur ein junger Polizist, Filippo, schenkt der Engländerin Glauben, denn insgeheim ist er davon überzeugt, dass sie füreinander geschaffen sind. Er entwirft einen Plan, der ihr die Freiheit zurückgeben soll – egal, ob es seine Karriere oder gar sein Leben kosten kann. Und der Drogendealer soll auch keine zweite Chance bekommen …

Was zu sagen wäre

Nach drei Minuten kannte ich die Schlussszene des Films: Unmittelbar vor Beginn der Titel fragt Giovanni Ribisi am Steuerknüppel eines Flugsimulators, wie hoch man denn mit Hubschraubern fliegen könne. Etwa nach der Hälfte des Films ist Philippa befreit, hat den Drogendealer – im Präsidium – erschossen und hat ihren Vorsatz, „Ich stehe zu meiner Schuld, ich möchte mich für den Tod der vier Unschuldigen verantworten!”, vergessen. Dass sie dies aus plötzlich entflammter Liebe zu dem jungen Polizisten tut, soll ich ihr glauben, weil sie es dessen Vater so sagt. Sehen oder gar spüren kann ich es in keiner Sekunde.

Der Rest des Films ist eine Flucht in Form von Herumgesitze an malerischen Orten der Toscana und dem Treffen einer Freundin von Philippa. Und bald habe ich nur noch auf das Geräusch des Polizeihubschraubers gewartet, der ja ganz offensichtlich für die Schlussszene des Films gebraucht wird.

Tom Tykwer (Lola rennt – 1998) hat ein großes Gespür beim Inszenieren einzelner Szenen. Der Spannungsaufbau zu Beginn bis zur Explosion der Bombe ist grandios. Schon in dem mords-langsamen Der Krieger und die Kaiserin (2000) hat Tykwer Szenen gezeigt, die ohne Beispiel sind. Cate Blanchet ist sehr gut. Wenn sie erfährt, dass ihre Bombe vier Unschuldige getötet hat, bleibt mir das Gesicht stehen vor Bewunderung. Zu welchem Zeitpunkt sie sich in ihren „Retter” verliebt haben soll, erschließt sich mir allerdngs ebenso wenig, wie, dass sie verliebt ist.

Giovanni Ribisi bleibt in seiner stummen Bewunderung für die Lehrerin blass (The Gift – Die dunkle Gabe – 2000; Nur noch 60 Sekunden – 2000; Risiko – Der schnellste Weg zum Reichtum – 2000; The Virgin Suicides – Verlorene Jugend – 1999; Mod Squad – 1999; Der Soldat James Ryan – 1998; Postman – 1997; Lost Highway – 1997; That Thing You Do! – 1996). Aber da seine Kollegen allesamt als korrupte Freunde des bezichtigten Dealer-Geschäftsmannes dargestellt werden, kann ich seine Tat als Rettung einer – zumindest motiviert unschuldigen – Täterin verstehen. Im weiteren Verlauf des Drehbuches spielen die kriminellen Verstrickungen der Carabinieri keinerlei Rolle mehr. Auch Filippos Vater, der in Ehren ergraute ehemalige Leiter der Carabinieri, zweifelt keine Sekunde am Tun seines Sohnes.

Überhaupt das Drehbuch: Die Dialoge sind den 70er Jahren entliehen, als Rainer Werner Fassbinder noch Filme drehte und bewundert wurde. Sie ziehen sich ähnlich tranig dahin, wie in Tykwers "„riegerin …”. Nicht etwa „Wie alt bist Du?”, sondern

”Wann bist Du geboren?”
”Am 23. Mai 1978.”
”Sag das nochmal.”
„Am 23. Mai 1978.”
„Um wieviel Uhr? Weißt Du das?”
„Morgens. Um 8!”
”Ich weiß noch genau, was ich gemacht habe am 23. Mai 1978. Das ist auch mein Geburtstag. Ich weiß es genau. Ich hatte an dem Tag Kommunion.”

Ja: es wird hier nochmal auf die baldige Himmelfahrt des Paares hingewiesen. So what! Die sehe ich ja gleich noch. Genaugenommen warte ich seit der dritten Filmminute darauf.

„Ich habe aufgehört, zu glauben.”
„Aufgehört zu glauben an was?”
„An einen Sinn. An Gerechtigkeit. An das Leben.”
„Ich liebe Dich!”

Offenbar handelt es sich um einen Film aus einer Gegenwelt, in der neben solchen Dialogen halt auch alles andere möglich ist: Ich habe zu glauben, was ich zu hören bekomme und darin einen tieferen Sinn zu sehen.

Das ist nicht mein Verständnis von Kino.

Wertung: 2 und 6 €uro
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