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Plakatmotiv: Girls United (2000)

Erfrischende Teenie-Komödie, die
ihr Thema erfreulich ernst nimmt

Titel Girls United
(Bring it on)
Drehbuch Jessica Bendinger
Regie Peyton Reed, USA 2000
Darsteller

Kirsten Dunst, Eliza Dushku, Jesse Bradford, Gabrielle Union, Clare Kramer, Nicole Bilderback, Tsianina Joelson, Honorine Bell, Nathan West, Huntley Ritter, Shamari Fears, Natina Reed, Brandi Williams, Richard Hillman, Lindsay Sloane u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 98 Minuten
Deutschlandstart
9. November 2000
Inhalt

Als Torrance Shipman zum Captain der Cheerleader ihrer Highschool ernannt wird, geht für sie ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Denn für Torrance ist professionelles Jubeln nicht nur eine Tätigkeit, sondern ein Lebensstil.

Doch während sie mit den Toros trainiert, um ihnen zu ihrem sechsten Sieg in Folge zu verhelfen, muss sie eine furchtbare Entdeckung machen: All die Tanzschritte, die unter Torrance' Vorgängerin einstudiert wurden, sind geklaut – von einem Cheerleaderteam einer Schule aus Los Angeles, die hauptsächlich von afroamerikanischen Schülern besucht wird. Die Toros müssen eine ganz neue Choreografie einstudieren, denn bald beginnen die Cheerleader-Meisterschaften.

Bei den US-Meisterschaften kommt es zum Showdown zwischen den verschiedenen Teams …

Was zu sagen wäre

Im amerikanischen Sport führen sie ein Dasein am Rande. Dort, am Spielfeldrand, toben und kreischen und klatschen sie für ihre Mannschaft. Sie heißen Cheerleader, größtenteils Frauen, dafür da, die Kerle auf dem Platz anzufeuern und die Fans auf den Rängen zu animieren, die Kerls auf dem Platz ebenfalls anzufeuern. Eine Beschäftigung, „die eine Mischung aus Bodenturnen, Tanz und kurzen Röckchen ist“, heißt es einmal im Film – von einem Mann. Der nicht verstanden hat, dass professionelles Cheerleading Kraft, Ausdauer und Konzentration erfordert; und ein durch und durch US-amerikanisches Phänomen ist, das mit der aufkommenden Liebe an Basketball und Football in unseren Breiten langsam auch Europa erreicht.

Peyton Reed feiert diese wilde Tanzgymnastik in seiner ersten Regiearbeit fürs Kino als Plattform für die Selbstermächtigung junger Frauen in einer Welt, in der immer die Jungs glänzen. Egal, wie doof die sind. Und in diesem Film sind alle Männer doof, bis auf die, die zur den Cheerleadern gehören – die sind entweder schwul oder wissen es noch nicht so genau. Da ist der ältere Freund der Hauptdarstellerin, Verkörperung des All American Testosteronbolzens mit blondem Seitenscheitel, der jede flach legt, die ihn nicht bis drei mit einer intelligenten Frage schachmatt gesetzt hat. Ein Choreograph, der Mädchen verachtet und tanzende Mädchen hasst und bald aussortiert wird. Für die Hauptfigur, Torrance, bedeutet Cheerleading nämlich die Welt. Sie will nicht Chemie, nicht Mathe, nicht Literatur. Torrance will tanzen, so dringend, dass sie diesen Albtraum hat, indem sie plötzlich splitternackt vor ihrem Publikum steht. Das ist natürlich das letzte, was die frisch berufene Kapitänin des Teams ihrer Schule erleben möchte. Und prompt steht sie kurz darauf nackt da, im übertragenen Sinne: Wenige Wochen vor der Vorausscheidung für die Meisterschaften muss sie die gesamte, mühsam einstudierte Choreografie über den Haufen werfen. Weil ihre Vorgängerin die gefeierten Choreos ihrer Truppe jahrelang bei einer Cheerleadertruppe aus dem Ghetto geklaut hat. Plakatmotiv (US): Bring it on (2000)Na und? Es geht nicht um Betrug. Es geht ums Gewinnen!“, sagt die mit freundlichem Augenaufschlag und wenn es sich die Ghettotruppe ohnehin nicht leisten kann, zu den Meisterschaften anzureisen, juckt es ja niemanden.

Da ist er wieder, der ewige Kampf des amerikanischen Kapitalismus gegen die Moral. Eine Gesellschaft, in der herzliche, spontane Anfeuerung für ein Team zu einer professionellen, choreographierten Anfeuershow mutiert, die mehr Geschick benötigt, als die eigentliche Show auf dem Platz, klaut auch Tanzschritte für die gewinnversprechende Freude. „Gier ist gut“, sagte Gordon Gekko, Prototyp des Raubtierkapitalisten in Oliver Stones Wall Street (1987). Gier erlaubt alles, auch Betrug. Dem stand damals Charlie Sheen entgegen mit manchmal schwankender Moral, heute der Ehrgeiz der tanzbegeisterten Torrance, die es allen zeigen will und dafür ihre Mannschaft motivieren und mitnehmen muss. An dieser Stelle ähnelt der Film all den Sportfilmen, in denen es um die Kerle auf dem Platz geht, die in den Mädels am Spielfeldrand mit den PomPoms kaum mehr als willige Betthäschen sehen. Jetzt stehen die im Mittelpunkt, sind keine Betthäschen, sondern eine Mischung aus Normalas, Schüchternen, Fülligen, Zicken. Und Kirsten Dunst ("Ich liebe Dick" – 1999; Gnadenlos schön – 1999; The Virgin Suicides – 1999; Small Soldiers – 1998; Wag the Dog – 1997; Jumanji – 1995; "Betty und ihre Schwestern" – 1994; "Interview mit einem Vampir" – 1994; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990). Sie spielt Torrance, die aus diesem demotivierten Trupp ein Team formen muss; und dabei auch so eine schmalzige Motivationsrede pfeffert, die seit Shakespeares "Henry V" zum festen Repertoire solcher Underdog-Geschichten gehört. Für sie hat das Drehbuch von Jessica Bendinger auch einen knuffigen Jungen übrig – ein Cleverer, nicht angepasst, der dem Schulhof-Bully über den Mund fährt, gerne wild auf seine E-Gitarre eindrischt und Torrance ein Musik-Tape zusammenstellt, das der Schauspielerin Kirsten Dunst zu einer herrlichen Szene verhilft, in der sie tief betrübter Stimmung sich erst in bessere Laune rappelt und schließlich euphorisch auf ihrem Bett tanzt; da ist sie die Nachfahrin von Tom Cruise aus Lockere Geschäfte (1983), wo der ähnlich improvisieren durfte.

"Girls United" ist schnulzig, bisweilen seifig, rührend, ergreifend, mitreißend – und eine erholsame Pause von den immer gleichen Testosterongeschichten aus den High Schools an Ost- und Westküste; kaum stehen die Mädels im Mittelpunkt, kommt Musik in die Geschichte, inklusive eines freundlich geführten Konkurrenzkampfes zwischen den Underdogs aus Compton und den begüterten Kids – aber moralischen Underdogs – aus San Diego. Alles in allem harmlos, aber charmant und in Teilen originell.

Dass dieser Tanzfilm dann über seine eigenen Füße stolpert, wenn er einerseits die Ehrlichkeit über das Gewinnen-um-jeden-Preis hochhält, während er gleichzeitig heuchelt, dass die Kids aus dem Ghetto von Compton nur ein bisschen Reisegeld von einer berühmten Talkshow-Moderatorin erbetteln müssen, und dann wird alles gut, ist grenzwertig. Macht den Spaß, den der Film insgesamt bereitet, aber nicht kaputt.

Wertung: 6 von 11 D-Mark
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