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Plakatmotiv: Roxanne (1987)

Eine verlogen romantische Utopie,
der wir uns gerne wehrlos ergeben

Titel Roxanne
(Roxanne)
Drehbuch Steve Martin
nach dem Buch „Cyrano De Bergerac“ von Edmond Rostand
Regie Fred Schepisi, USA 1987
Darsteller

Steve Martin, Daryl Hannah, Rick Rossovich, Shelley Duvall, John Kapelos, Fred Willard, Max Alexander, Michael J. Pollard, Steve Mittleman, Damon Wayans, Matt Lattanzi, Shandra Beri, Blanche Rubin, Jane Campbell, Jean Sincere u.a.

Genre Komödie
Filmlänge 107 Minuten
Deutschlandstart
1. Oktober 1987
Inhalt

Ein Feuerwehrmann mit Seltenheitswert: Wortgewandt, belesen und sensibel. Und eine Nase, so lang, dass sie die Umwelt nur so in Staunen versetzt. Doch blöde Bemerkungen lässt sich Feuerwehrhauptmann C.D. Bales nicht gefallen.

C. D. Bales ist Leiter der Feuerwehr in einer Kleinstadt in den Rocky Mountains. Die aus freiwilligen Feuerwehrmännern bestehende Einheit bekommt durch den Berufsfeuerwehrmann Chris McConnell Verstärkung, der den alles andere als schlagkräftigen Trupp schulen und ausbilden soll. C.D.s auffälliges Merkmal ist seine übergroße Nase, und jede Bemerkung über selbige beantwortet er in der Regel handgreiflich. Die Menschen im Ort wissen das und vermeiden Hinweise auf seine Nase; trotzdem ist er im Ort wegen seiner Hilfsbereitschaft und auch verbalen Schlagfertigkeit beliebt.

Plakatmotiv: Roxanne (1987)Sein psychologisches Geschick beweist er bei der Rettung einer Katze aus einem Baum oder bei einem störrischen Jungen auf dem Dach eines Hauses.

Roxanne, eine Astronomie-Studentin auf der Suche nach einem Kometen am Himmel, will nur mit einem Morgenmantel bekleidet ihren Einlass begehrenden Kater ins Haus lassen. Ein Windstoß schlägt die Terrassentür zu, der Morgenmantel wird eingeklemmt, und sie steht nackt, vom Haus ausgeschlossen, auf der Terrasse. Sie schleicht sich zur Feuerwehr, um Hilfe zu holen und trifft auf C. D. Er lässt sie wieder ins Haus, und während Roxanne sich im Bad ankleidet, deckt er wie selbstverständlich den Abendbrottisch. Unkonventionell freunden sich beide an.

Die Kleinstadt trifft sich abends im Lokal von Dixie, eine gute Freundin von C. D.. Hier sieht Roxanne erstmals Chris, und ihre Blicke treffen sich. Chris ist so schüchtern und gehemmt, dass er sich in der Toilette übergibt und flüchtet. Roxanne bittet später C. D. um eine Vermittlung zu Chris. Chris ist hocherfreut, nur kann er seine Schüchternheit auch jetzt nicht überwinden und will Roxanne vorerst nur einen Liebesbrief schreiben. Auch damit ist er überfordert, und er bittet C. D., den Brief für ihn zu schreiben.

Der auch lyrisch begabte C. D. verfasst nicht nur diesen einen Brief, sondern auch weitere, bis ein Treffen von Roxanne und Chris unausweichlich ist. C. D. unterstützt auch dieses, indem er Chris über ein Walkie Talkie die rechten Worte vorsagt.

Doch als Chris bei Roxanne die Früchte der glühenden Umwerbung erntet, wirds C.D. – Nase oder nicht – zu viel …

Was zu sagen wäre

Steve-Martin-Filme laufen nicht in der Kategorie der Großen Werke der Filmgeschichte. Filme, die Steve Martin auf dem Plakat führen, sind so eine Art Gebrauchs-Kino – What You See Is What You Get.

Nichts an diesem Film ist filmisch bedeutsam oder wenigstens interessant oder irgendwie bemerkenswert. Seine Story ist, gelinde gesagt, ein verlogener Quatsch, völlig aus der Zeit gefallen. Aber gut: Dafür, wenigstens, gibt es eine Erklärung. Das Gerüst der Geschichte basiert auf einem Stück, das seine Uraufführung Ende 1897 erfuhr: Edmond Rostands "Cyrano De Bergerac". Seitdem sind ein paar Jahrzehnte vergangen, die Kommunikation, die Art menschlicher Kontaktaufnahme hat sich verändert. In der modernen Welt funktioniert Edmond Rostands Liebelei eher so nicht mehr. Deshalb haben Fred Schepisi und Steve Martin sich eine kleine Stadt ausgedacht, die so hinterwäldlerisch charmant, also fernab der Wirklichkeit ist, dass seine Liebesgeschichte für Intellektuelle doch funktionieren könnte.

Und was soll ich sagen: Sie funktioniert! Der Film ist süß, liebenswert.

Plakatmotiv (US): Roxanne (1987)Erstens träumen wir doch alle von der wortgewandten Liebe, den intellektuellen Diskursen, die wir zwischen teuflisch heißem Sex mit wunderschönen Menschen ausfechten. Da kommt Daryl Hannah ins Spiel (Staatsanwälte küsst man nicht – 1986; Splash: Jungfrau am Haken – 1984; Blade Runner – 1982; Teufelskreis Alpha – 1978): wunderschön, bezaubernd, begehrenswert; und in diesem Film eine Astronomie-Studentin – also auch noch sehr intelligent. Auf der anderen Seite des Herzens steht dieser sehr smarte Chef der Feuerwehr, der einen Haufen von Amateuren dazu bringt, ein Feuer zu löschen, tatsächlich ohne Menschenleben zu gefährden. Ein tougher Typ, intelligent, wortgewandt, lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Aber er sieht aus wie Steve Martin ("Der kleine Horrorladen" – 1986; "Drei Amigos!" – 1986; Solo für 2 – 1984; Ein Single kommt selten allein – 1984; "Der Mann mit zwei Gehirnen" – 1983; Tote tragen keine Karos – 1982; Reichtum ist keine Schande – 1979) – also kein Supermann, dafür aber auch noch gestraft mit einer enormen Nase. An dieser Stelle funktioniert der Spruch: Weil Männer besser gucken als denken können, den wir ergänzen um und Frauen lieber denken als gucken.

Man muss den Inhalt dieser langen Vorrede akzeptieren, bevor man in diesen Film geht – oder sich diesen Film in den Player legt. Er spielt gnadenlos mit den Sehnsüchten der Meisten. Man kann sich dem intelltuell entziehen, indem man irgendwas über die Zeit redet, in der Cyrano De Bergerac geschrieben wurde. Man kann bedauern, dass Edmond Rostands Wortgewalt aber auch nicht annähernd erreicht wird.

Aber, Himmel: Welche Liebesgeschichte zwischen, sagen wir, Gabi und Peter deckt denn nicht nach spätestens ein paar Wochen Missbildungen oder Trink nicht so viel heraus? Man kann hier auch einfach einer Liebesgeschichte – Feuerwehrmann meets Astonomin – folgen. Es ist in so einem Film egal, ob das ehemalige Model Daryl Hannah überzeugend eine Astronomie-Studentin verkörpert, nur weil sie mal eine Schmetterlingsbrille aufzieht. Genauso egal ist es, dass Steve Martin als Chef der Feuerwehr nicht so wirkt, als könne er einen Feuerwehrschlauch gerade halten. Er kämpft souverän gegen die Spötter wider seine Nase an, sie wirkt im Gegenlicht wie ein Engel und findet Gehirn wichtiger als Muskeln. Punkt.

Steve Martin kann sich in diesem Film ganz auf sein beeindruckendes, immer wieder überraschendes Körperbewusstsein eines Clowns verlassen, Daryl Hannah auf ihre natürliche Ausstrahlung (die frau erst einmal so aus dem Handgelenk geschüttelt hinbekommen muss), Fred Schepisi auf sein Handwerk als Regisseur.

Nicht der Film des Jahrhunderts. Aber unbedingt empfehlenswert.

Wertung: 9 von 10 D-Mark
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