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Plakatmotiv: Ein gutes Jahr (2006)

Zwei Stunden Urlaub
in der Provence

Titel Ein gutes Jahr
(A good Year)
Drehbuch Marc Klein
nach dem Roman von Peter Mayle
Regie Ridley Scott, USA, UK 2006
Darsteller

Russell Crowe, Marion Cotillard, Archie Panjabi, Albert Finney, Abbie Cornish, Valeria Bruni Tedeschi, Jacques Herlin, Freddie Highmore, Ali Rhodes, Didier Bourdon, Isabelle Candelier, Christie Roberts, Tom Hollander u.a.

Genre Drama
Filmlänge 117 Minuten
Deutschlandstart
9. November 2006
Inhalt

Für den zynischen Börsenmakler Max Skinner zählen nur die oberflächlichen Dinge: Schnelle Autos, ein trendiges Loft direkt an der Themse, maßgeschneiderte Designeranzüge. Doch dann holt ihn die Vergangenheit ein. Sein Onkel Henry ist gestorben, dessen Weingut in der Provence fällt an Max.

Trotz eines nostalgischen Werts steht für den Geschäftsmann fest: Das Weingut muss weg, und zwar so schnell wie möglich. Während eines Kurzbesuchs will Max seine Erbschaft per Immobilienmakler an den Höchstbietenden verhökern – so ist zumindest sein Plan. Doch der Besuch in Frankreich verläuft gänzlich anders.

Wegen seiner dubiosen Geschäftsmoral wird Max für eine Woche vom Job suspendiert, ein Kollege greift schon nach seiner Stelle, und zu allem Überdruss taucht auch noch eine junge Amerikanerin auf dem Weingut auf, die behauptet, Onkel Hernys uneheliche Tochter zu sein.

In all dem Chaos trifft Max auf die Café-Besitzerin Fanny Chenal, in die er sich heftigst verliebt …

Was zu sagen wäre

Nach mehreren Monumentalproduktionen (Königreich der Himmel – 2005; "Tricks" – 2003; Black Hawk Down – 2001; Hannibal – 2001; Gladiator – 2000) geht es Ridley Scott, der zu den stilprägenden Regisseuren seiner Zeit gehört (s.u.), drei Nummern kleiner an und dreht praktisch vor seiner Haustür. Der Engländer lebt in der Provence, hat dort ein kleines Weingut, und traf dort vor einigen jähren auf den Autor Peter Mayle, dessen Spezialität Romane sind, die in der Provence spielen. sie kamen ins Gespräch, das damit endete, dass Mayle einen neuen Provence-Roman schreien sollte, den Scott dann verfilmen wolle. Gesagt, getan, Scott und sein Drehbuchautor Marc Klein nahmen für den Film einige dramaturgisch notwendige Anpassungen vor und drehten "A Good Year". Ein Film über die Schönheit des Lebens und die Romantik der Provence.

Wenn Du etwas gefunden hast, das gut ist, Max, musst Du es bewahren, es beschützen“, sagt Onkel Henry dem kleinen Max. Aber der vergisst die wichtige Lektion rasch wieder und wir steinreicher, weil skrupelloser Broker an der Londoner Börse, einem London, in dem es immerzu regnet und die Stimmung immer blaugrau kalt ist. Max fühlt sich in diesem Ambiente heimisch, er kann seine Mitarbeiter „Laborratten“ nennen, kann Konkurrenten, die ebenso skrupellos sind wie er, übers Ohr tricksen, jeden Abend eine andere Schönheit mit ins Bett nehmen und ist überdies der Überzeugung, dass er der tollste Kerl der Welt ist. Russell Crowe (Master and Commander – 2003; A beautiful Mind – 2001; Lebenszeichen – 2000; Insider – 1999) spielt ihn als charmantes Ekel in London und als charmanten Romantiker in einer sonnendurchfluteten Provence, die das Gegenteil Londons ist und in allen Gelb-, Rot- und Brauntönen strahlt. Ridley Scott, der Crowe hier um zweiten mal vor seine Kamera geholt hat, lässt ihn einmal auch die Erfolgsrolle des Gladiator karikieren, den der 2000 unter seiner Regie spielte. Da greift sich Max eine Handvoll Erde vom Weinfeld, reibt es zwischen seinen Händen, um in genussfreudiger Erwartung den Duft des Terroirs einzuatmen und bekommt aber nur den Geruch von Düngemittel (=Hühnerkot) in die Nase – die Szene persifliert ein wiederkehrendes Motiv aus Gladiator, wenn Maximus, der Römer vor jedem Kampf an einer Handvoll Sand riecht, um mit dem Boden eins zu werden. Dass Crowe Rollenname in "A Good Year" Max heißt, ist die andere Anspielung an jenen Maximus, was ein wenig über die offenbar gute Stimmung am Set dieses Provencefilms erzählt.

Gemessen an Scott-Standards ist es ein kleiner Film, charmant, humorvoll, romantisch, ohne böse Rückschläge, die überwunden werden müssen – analog zum Ort des Geschehens kann man den Film als Urlaubsfilm für einen Regisseur beschreiben, der gerne Filme dreht, dafür Freunde um sich versammelt, aber visuell (natürlich) die gewohnte Extraklasse präsentiert. Währenddessen verliebt sich der zynische Broker aus dem nasskalten London, wo er von knalleng gekleideten, hochgetunten Großstadtmädels umgeben ist, in die Wirtin und ungeschminkte provencalische Schönheit Fanny aus der Provence. Die fährt, wie sich das fürs Klischee gehört, einen Renault R4 durch eine französische Klischeekleinstadt voller streitlustiger Franzosen, die dauernd Wein trinken. „Ich habe die Franzosen in weiten Teilen des Films hemmungslos durch den Kakao gezogen, was man mir hoffentlich verzeiht“, sagt Scott in einem Making-Of des Films. „Denn eigentlich bewundern wir die vielen schönen Dinge in Frankreich: Ihre Fähigkeit, zum Beispiel, sich zu entspannen. Die Bedeutung von gutem Essen und Trinken, des Lebens und der Frauen.“ Scott bewundert offensichtlich auch den französischen Film als ganzes, dem er kleine Kränzchen flechtet. Als Max Fanny endlich zu einem Essen ausführen darf, sitzen sie einem verschwenderisch schönen Restaurant mit großem Wasserbassin, an dessen Ende auf einer Leinwand lauter Ausschnitte großer französischer Filmmoment laufen; hier eine Szene mit Brigitte Bardot, dort eine François-Truffaut-Filmszene, dann ein wenig Jacques Tati – und auch der Russellterrier des Fingern Francis Duflot heißt "Tati".

In dieser ausgeruhten Landschaft erinnert sich Max, was er einst gefunden hatte: Als Junge saß er am Swimmingpool hinter Henrys Haus und las "Der Tod in Venedig". Auf der anderen Seite des Pools sprang ein Mädchen ins Wasser, tauchte, ohne einmal Luft zu holen, durchs ganze Becken, zog sich am Rand hoch, küsste Max und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Diese postkartenschöne, traumhafte Erinnerung will Max „bewahren und beschützen“. Was oder Wer ist wohl aus dem hübschen Mädchen von damals geworden? So luftig leicht dieser Film erzählt ist, ist das nicht schwer zu erraten, aber um uns davon abzulenken, hat Marc Klein noch die Geschichte eines übel schmeckenden Weins eingeflochten, den Henrys Weingut produziert und eines sagenumwobenen, von Weinkennern äußerst begehrten Vin de Garage., von dem angeblich niemand weiß, von welchem Winzer der stammt; dazu auch die Geschichte einer jungen Amerikanerin, die unfreiwillig Max' Verkaufspläne torpediert. Und eigentlich sind diese kleinen Verwicklungen nicht weiter wichtig. Unterhaltsam, ja, aber eigentlich nur ein Gerüst, in das Scott ein schönes Urlaubspanorama neben das nächste schöne Provencepanoram hängt und daraus einen zweistündigen Urlaubsfilm für daheim zaubert. 5-Sterne-Urlaub. Mit einem guten Glas Rotwein.

Wertung: 5 von 6 €uro
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