Boston, Massachusetts. Vor Jahren gelang es dem Boss der irischen Mafia, Frank Costello, mit dem jungen Colin Sullivan ein Bandenmitglied in die Massachusetts State Police als Maulwurf einzuschleusen. Etwa zur gleichen Zeit wird der Polizeikadett Billy Costigan von Captain Queenan, dem Leiter der Undercover-Abteilung, und seinem Assistenten Dignam mit einem heiklen Auftrag betraut: Aufgrund seines Familienhintergrunds glauben sie, dass Billy gute Chancen hat, Costellos Organisation unbemerkt zu infiltrieren, wozu Costigan jedoch zunächst einmal ins Gefängnis muss. Nur die beiden Polizeibeamten werden Billys wahre Identität als Undercover-Polizist kennen – denn sie vermuten, dass ihre Abteilung längst selbst unterwandert wurde.
Einige Zeit später ist Colin Sullivan ein respektierter Polizist in der Special Investigation Unit (SIU) und informiert Costello über jede Bewegung der Einheit. Umgekehrt hat Costigan sich inzwischen eine Vertrauensstellung bei Costello erarbeitet, wenngleich er auch unter dem Stress seiner Tätigkeit schwer zu leiden hat.
Auch allgemein droht alles aus den Fugen zu geraten, da sich sowohl in der SIU als auch unter Costellos Mobstern die Erkenntnis verdichtet, dass sich ein Spitzel unter den eigenen Männern befindet. Ausgerechnet die beiden Unterwanderer werden nun jeweils damit beauftragt, den Maulwurf – also sich selbst – zu entlarven.
Costello gibt Sullivan außerdem die Anweisung, den Undercover-Polizisten in seiner Organisation zu enttarnen …
Martin Scorsese kehrt ins Milieu der Mafia zurück, lässt aber Little Italy, sein gewohntes Habitat diesmal außen vor. Boston statt New York, Iren statt Italiener. Anders geht es aber auch in der Hauptstadt Massachussetts nicht zu. Scorsese führt uns eine Welt vor Augen, in der niemand niemandem trauen kann. Eine kalte Welt voll Verrat, Brutalität und Schüssen in den Kopf. „Wenn Du hier aufwächst“, sagt Costello dem jungen Colin, als er ihn unter seine Fittiche nimmt, „wirst Du entweder Krimineller oder Cop. Wenn man Dir aber eine Knarre an Kopf hält, was macht das dann für einen Unterschied?“
Nach einer knappen Einleitung – bis Scorsese seine Figuren auf dem Schachbrett verteilt hat, vergehen etwa 20 Filmminuten – wird es ungemütlich; und es bleibt ungemütlich bis zum Schluss. Da zeigt sich Scorseses Meisterschaft. Er kann Kino. Er braucht keine exaltierten Gewaltausbrüche, für die er durchaus auch bekannt ist, um den Zuschauer in den Sitz zu drücken. Das Drehbuch von William Monahan (Königreich der Himmel – 2005) ist glasklar geschrieben, die Dialoge sitzen, Michael Ballhaus‘ Kamera ist dynamisch wie eh und je, so kann sich Scorsese entfalten und eine ganze Riege Class-A-Schauspieler dirigieren. Vorne dran Jack Nicholson ("About Schmidt" – 2002; Das Versprechen – 2001; Besser geht‘s nicht – 1997; Mars Attacks! – 1996; Crossing Guard – 1995; Wolf – Das Tier im Manne – 1994; Eine Frage der Ehre – 1992; Die Spur führt zurück – The two Jakes – 1990; Batman – 1989; Die Hexen von Eastwick – 1987; Sodbrennen – 1986; Die Ehre der Prizzis – 1985; Zeit der Zärtlichkeit – 1983; Wenn der Postmann zweimal klingelt – 1981; Shining – 1980; Duell am Missouri – 1976; Einer flog über das Kuckucksnest – 1975; Chinatown – 1974; Die Kunst zu lieben – 1971; Easy Rider – 1969; Psych-Out – 1968; Der Rabe – Duell der Zauberer – 1963; Kleiner Laden voller Schrecken – 1960), der natürlich sehr JackNicholsonesk spielt, aber seine stete Unberechenbarkeit helfen Scorsese für seine Zwecke sehr.
Nicholson soll am Set nach Herzenslust improvisiert haben, was manche seine Partner am Set an den Rand der Verzweifliung getrieben haben soll. Leonardo DiCaprio soll eine Weile gebraucht haben, bis er sich darauf eingestellt hatte. Er schlägt sich wacker, ist aber gleich eine Nummer vielfältiger, wenn Nicholson nicht in der Szene ist. Seine Szenen mit Martin Sheen, der einzigen warmherzigen, geradezu väterlichen Figur, gehen mir nahe, weil DiCaprio hier einfach spielen und seine Erfahrung ausspielen kann (Aviator – 2004; Catch Me If You Can – 2002; Gangs of New York – 2002; The Beach – 2000; Celebrity – Schön, reich, berühmt – 1998; Titanic – 1997; William Shakespeares Romeo & Julia – 1996; Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa – 1993).
Scorseses Verrat-und-Doppel-Verrat-Story macht den Zuschauer bisweilen etwas dizzy. Selbst im Kinosessel ist nicht immer gleich klar, wer hier gerade mit wem spricht – Verräter oder Informant, Verratener oder Verräter, das macht den Film noch düsterer. Ein Film ohne positive Bezugsperson macht es dem Zuschauer schwierig, sich zu entscheiden; eigenltlich wäre Leonardo DiCaprio dieses Bezugsperson, aber um den habe ich die ganze Zeit gar keine Angst – eher um Matt Damon, perfiderweise.
Martin Scorsese greift auf historisch verbürgte Figuren aus dem Bostoner Milieu zurück, die er aber dann sehr freizügig für seine Zwecke umbaut. Das Gerüst seiner Story hat er sich aus dem jüngeren Hongkong-Kino gehol – "Infernal Affairs" von 2002. Dessen offenes Ende hat Scorsese in "The Departed" allerdings abgeschwächt und einer endgültigen Lösung zugeführt. Das kratzt prompt am Lack seines Films, weil ich den Eindruck gewinne, Scorses wolle seinen zweieinhalbstündigen Thriller jetzt halt rasch zu Ende bringen. Da bleiben plötzlich die kunstvoll gewobenen Fäden lose hängen, es übernimmt grimme Wut das Tempo und der Zuschauer denkt „Ja, aber …“.
Vieles ist da, was Scorsese ausmacht (Aviator – 2004; Gangs of New York – 2002; Bringing Out the Dead – 1999; Casino – 1995; Zeit der Unschuld – 1993; Kap der Angst – 1991; GoodFellas – 1990; Die Farbe des Geldes – 1986; New York, New York – 1977; Taxi Driver – 1976; Hexenkessel – 1973): Bestleistungen einer exquisiten Darstellerriege, eine sehr bewegliche Kamera und eine Geschichte, die an regnerischen Tagen geeignet ist, schwerblütige Zuschauer in die Depression zu treiben – die Welt bei Scorsese ist wie sie ist: schlecht mit Spuren von Grau.
Die von Jack Nicholson dargestellte Figur ist nach dem New Yorker Gangsterboss Frank Costello der 1930er Jahre benannt. Vorlage für Nicholsons Rolle war dagegen der Gangsterboss James J. Bulger. Zwischen der irischen Mafia aus Boston und der italienischen Mafia aus Providence (vertreten durch die Patriarca-Familie) herrschten jahrelang Konflikte. Dies wird in Departed ebenfalls angedeutet.