Buchcover: Tom Clancy – Ziel erfasst

Mäßig spannend, jetzt aufgebaut
wie eine endlose Seifenoper

Titel Ziel erfasst
(Locked On)
Autor Tom Clancy, USA 2011
aus dem Amerikanischen von Michael Baye
Verlag Heyne
Ausgabe E-Book, 1040 Seiten
Genre Thriller, Krieg
Website tomclancy.com
Inhalt

Jack Ryan und John Clark sehen sich zusammen mit Jack Ryan jr. und dem übrigen Campus-Team der größten Herausforderung ihres Lebens gegenüber. Es droht nicht nur eine atomare Auseinandersetzung im Mittleren Osten, auch der Feind im Inneren rüstet sich zum Krieg mit allen Mitteln.

Jack Ryan sr. stellt sich wieder zur Wahl für das Amt des US-Präsidenten. Er will seinem Land angesichts der terroristischen Bedrohung in dessen schwerster Stunde beistehen. Allerdings hat er nicht mit der Niedertracht seiner Gegner gerechnet, die ihn mit erfundenen Vorwürfen gegen John Clark, seinen engsten Vertrauten, konfrontieren. Wer steckt hinter den zwielichtigen Operationen, die ihn und Clark zur Strecke bringen sollen?

Währenddessen befasst sich der Campus – ein inoffizieller, top-secret Geheimdienst, der Jack Ryan zuarbeitet – im Nahen und Mittleren Osten mit einer brisanten anderen Frage: Was hat ein hoher pakistanischer Militär mit russlandfeindlichen, dagestanischen Terroristen zu schaffen? Die Antwort führt schließlich zu einem verzweifelten Ringen, bei dem nichts weniger als der Weltfriede auf dem Spiel steht …

(aus dem Klappentext)

Was zu sagen wäre
Ziel erfasst

Der Technothriller schließt unmittelbar an Dead or Alive an, in dem Tom Clancy sein ganzes Schlapphut-Personal wieder aus der Schublade gezogen hat und seiner konservativen Weltsicht hemmungslos freien Lauf lässt. Das ist ihm nicht gut gelungen.

Mächtig langweiliger Spannungsbogen

Dieser Jack-Ryan-John-Clark-und-Co-Thriller ist mächtig langweilig. Er kopiert all die Versatzstücke, die Clancy in Dead or Alive gerade erfolgreich durchexerziert hatte und fügt ihnen nichts Neues hinzu. Bis auf die Tatsache vielleicht, dass er seine Leser mit einem veritablen Cliffhanger aus dem Buch verabschiedet. Damit hat das TV-Serienprinzip nun endgültig Einzug gehalten in die Sphären des Romans. Dazu passt auch, dass Clancy sein Personal mittlerweile beliebig erweitert, um immer neue Handlungsorte aufbauen zu können.

Da stürmt dann ein höchst professioneller Kommandotrupp an jedem dieser Orte immer ein schwer bewachtes Irgendwas und befreit Geiseln oder rettet die Welt, Männer rollen kämpfend durch Kugelhagel über den Boden, während jede dieser Kugeln militärisch exakt inklusive Wirkungsgrad genau beschrieben wird. Das nervt bald.

Rechtskonservative Zornesröte eines alten Mannes

Das, was die früheren Clancy-Romane ausgemacht hat, der intime Blick in die Korridore Washingtoner Macht ist dem hasserfüllten Blick eines alten Mannes auf alles gewichen, was liberalen Anstrich verströmt – Demokraten und Linke sind subversive, die nationale Sicherheit gefährdende Subjekte. Die Medien hegen ein „linksliberales Vorurteil“, das das „eben eine Naturtatsache (war) wie Regen und Kälte. Ryan akzeptierte das, ließ sich davon jedoch nicht weiter beeindrucken“. In Clancys Welt kümmern sich TV-Sender „viel weniger um die Bürgerrechte“, seit der Demokrat „Kealty und seine Leute das FBI, die CIA und das Pentagon leiteten, als sie es während Ryans Amtszeit getan hatten“ (Ryan ist der aufrechte Republikaner). Nur, wer Geheimdienste und Militär ordentlich aufpeppt, findet Gnade in Clancys scharfem Blick. Immerhin liefert er dann auch das Szenario dazu, dass eine solche Weltsicht erlaubt.

Das internationale Bedrohungsszenario, das Clancy hier entwickelt, hat viel Gänsehaut-Charme, weil es sehr glaubwürdig wirkt, wenn auch an zentraler Stelle den Pakistanis ein etwas schlampiger Umgang mit ihrem Atomwaffenarsenal unterstellt wird. Die islamisch-russische Achse, die Clancy entwirft, ist in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts gruselig nah an möglicher Realität – dass allerdings der russische Präsident den aus NATO-Einheiten geformten Komandotrupp Rainbow geradezu flehentlich zur Hilfe ruft, zeigt wieder Clancys Perspektive; der echte russische Präsident, Wladimir Putin, hat 2014 die Krim annektiert und lacht sich ins Fäustchen, weil der echten NATO die Hände gebunden sind.

Männer mit Moral ohne Skrupel

Seit der Grübler Jack Ryan Sr. nicht mehr im Mittelpunkt steht, versammelt Clancy Männer im Zentrum seiner Story, von denen jeder „jederzeit zugegeben (hätte), dass er die bürgerlichen Rechte dieser Scheißkerle von Terroristen verletzt hatte, als er ihnen jeweils ein 10-mm-Hohlspitzgeschoss in ihre Gehirnschalen gejagt hatte. Aber soweit es ihn betraf, hatte er damit nur seinen Job erledigt und nicht mehr getan, als für diesen Einsatz absolut nötig war“. Bilanz solcher Männer: „Das Leben ist eine Schlampe, und am Ende gehst du drauf.“

Ich habe das Buch im Zeitraum zwischen dem 2. und 22. Oktober 2014 gelesen.